Wandheizungen sind nicht so ganz einfach zu konzipieren !
So sollte man wissen, dass sowohl die Innenwandoberflächen- als auch die Betriebstemperatur für das Maß der rückseitigen Wärmeverluste bestimmend sind.
Je höher die v. g. Temperaturen und je niedriger die Außenlufttemperatur ist, desto höher sind die potentiellen Wärmeverluste durch Transmission.
Der Transmissionswärmeverlust bei einer gegebenen Temperaturdifferenz innen-außen kann für einen Wandaufbau nach der Formel
QT = A • U • Delta-T
berechnet werden.
Dabei stehen:
QT für den Transmissionswärmeverlust in W
A für die Wandfläche in m²
U für den Wärmedurchgangskoeffizient der Wand (U-Wert) in W/m²•K
Delta-T für die Temperaturdifferenz zwischen Innen- und Außenbereich in K
Im Fall von Wandheizungen ist bei der Berechnung jedoch zu berücksichtigen, dass der Wärmedurchgangskoeffizient U unter besonderen Maßgaben zu ermitteln ist:
Es darf lediglich der Wandaufbau zwischen der Installationsebene, also der Wärmequelle, und der Wandaußenseite in die Berechnung einbezogen werden.
Dies bedeutet, dass mit der Berechnung gewissermaßen im Wandaufbau und nicht wie ansonsten üblich an der Wandinnenseite angesetzt werden muss.
In der Folge ist der raumseitige, innere Wärmeübergangswiderstand zwischen Raumluft und Wandoberfläche, der sogenannte Rsi-Wert, in der Berechnung nicht anzusetzen. Über diesen Rsi-Wert fließt im Regelfall der Widerstand in die Berechnung ein, der sich der Temperaturübertragung von der Innenluft auf die Wandoberfläche entgegenstellt.
Was bedeutet das in der Praxis?
Betrachten wir als Beispiel mal eine für Wohngebäude aus den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts typische Außenwand mit folgendem Aufbau:
1,5 cm Kalkinnenputz
12 cm Ziegelvollstein, Rohdichte 2.000 kg/m²
6 cm Luftschicht, ruhend, Wärmestrom horizontal
12 cm Ziegelvollstein, Rohdichte 2.000 kg/m²
2 cm Kalkaußenputz
Ausgehend von einer normalen Konvektionsheizung ergibt sich für diesen Wandaufbau nach der normierten Berechnung ein U-Wert von 1,562 W/m²•K.
Legt man hingegen eine direkt auf den Innenputz montierte Wandheizung zu Grunde, ist der Rsi-Wert nicht in die Berechnung mit einzubeziehen.
Bedingt durch das Entfallen des inneren Wärmeübergangswiderstandes verschlechtert sich der U-Wert der vorhandenen Wandkonstruktion auf 1,960 W/m²•K.
Gleichzeitig ist aber auch noch die den Wärmeverlust beeinflussende Temperaturdifferenz zwischen Innen- und Außenbereich in Ansatz zu bringen.
Die Außentemperatur soll für das Berechnungsmodell einheitlich mit -12 °C zu Grunde gelegt werden.
Im Fall der Konvektionsheizung werden 20 °C Innentemperatur angesetzt, wonach sich eine Temperaturdifferenz ?T von 32 K ergibt.
Für die Wandheizungsvariante wird eine mittlere Wassertemperatur von 35 °C angenommen. Die Temperaturdifferenz ?T beträgt somit 47 K.
Danach errechnen sich folgende Transmissionswärmeverluste pro m² Wandfläche bei den vorgegebenen Temperaturdifferenzen:
QT = 49,98 W für die Konvektionsheizungsvariante
QT = 92,12 W für die Wandheizungsvariante
Gegenüber der Konvektionsheizung würde eine Wandheizung auf der Innenseite der Außenwand unter den vorangehend beschriebenen Randbedingungen etwa 84 % mehr Wärmeverlust zur Folge haben.
Um dies zu verhindern, d. h. wenigstens auf einen mit der Konvektionsheizungsvariante vergleichbaren Wärmeverlust zu kommen, müsste eine Dämmung der Außenwand vorgesehen werden.
Die Dämmung könnte prinzipiell hinter der Wandheizungs-Installationsebene angeordnet, ggf. als nachträgliche Kerndämmung eingeblasen oder als Außendämmung, z. B. in Form eines Wärmedämmverbundsystems oder einer gedämmten, hinterlüfteten Vorsatzschale, aufgebracht werden.
Da im Regelfall die Wandheizung nicht träge sein soll, empfiehlt es sich, die Dämmung vorzugsweise direkt hinter der Wandheizungsebene anzuordnen.
Um bei dem v. g. Wandaufbau zu bleiben, müsste mit der Dämmung mindestens ein U-Wert von 1,06 W/m²•K erreicht werden, um eine energetische Verschlechterung vermeiden zu können.
Hierzu einige Beispiele:
0,990 W/m²•K mit einer 20 mm starken Holzfaserdämmplatte der WLG 040
0,990 W/m²•K mit einer 30 mm starken Calciumsilikatplatte der WLG 060
0,965 W/m²•K mit einer 50 mm starken Heraklith-Platte des Typs BM (WLG 095)
Damit würde man energetisch aber nur den Status quo beibehalten können und noch keine Verbesserung erzielen.
Eine Verbesserung ist aber in genau diesem Fall nach der EnEV gefordert.
Sobald nämlich Dämmschichten eingebaut werden, gilt als Höchstwert des Wärmedurchgangskoeffizienten (Umax) 0,24 W/m²•K.
Dies bedeutet, dass über die Dämmung zur Erhaltung des energetischen Status quo hinaus noch zusätzlich zu dämmen ist.
Um bei den vorherigen Dämmvarianten zu bleiben, bedeutet dies im Einzelnen die Realisierung folgender U-Werte und Gesamtdämmstärken:
0,235 W/m²•K mit 150 mm starker Dämmung aus Holzfaserdämmplatten der WLG 040
0,235 W/m²•K mit 225 mm starker Dämmung aus Calciumsilikatplatten der WLG 060
0,237 W/m²•K mit 335 mm starker Dämmung aus Heraklith-Platten des Typs BM (WLG 095)
Allen Innendämmungen ist nun aber gemein, dass der Taupunkt in der Außenwand weiter nach innen verlagert wird, was wiederum erhebliche Auswirkungen und Folgen haben kann.
So kann davon ausgegangen werden, dass bei allen drei o. g. Dämmungen Tauwassermengen ausfallen, die bauschädlich sein können.
Dem könnte nur durch den Einbau raumseitiger Dampfbremsen, u. U. sogar Dampfsperren entgegengewirkt werden.
Doch spätestens in diesem Zusammenhang stellen sich einige entscheidende Fragen:
An welchen Stellen fällt Tauwasser aus?
Ist die Tauwassermenge tolerierbar?
Auf welcher Ebene im Wandaufbau ist eine Dampfbremse / Dampfsperre einzuziehen?
Wie ist die Dampfbremse / Dampfsperre auszulegen?
Wie verhält sich der Wandaufbau in der Nichtheizperiode, d. h. bei Umkehrung des Diffusionsstromes?
Hierzu ist zu sagen, dass eine verlässliche Berechnung gem. DIN 4108 und DIN EN ISO 6946 zur Festlegung eines bauphysikalisch einwandfreien Wandaufbaus unter den besonderen Randbedingungen von Wandheizungen jedoch nicht möglich ist. - Dies wurde uns auf Anfrage von einem der führenden einschlägigen Software-Unternehmen bestätigt.
Der Grund hierfür liegt schlicht und ergreifend in der systemimmanenten Tatsache, dass die Innenwandoberfläche in der Heizperiode wärmer ist als die Raumluft. Rechnerisch lässt sich dies unter den normierten Randbedingungen nicht erfassen bzw. darstellen. Auch lässt es das normierte Berechnungsverfahren nicht zu, eine Wärmequelle in den Wandaufbau zu legen.
Im Fall des Einbaus von Wandheizungen sind folglich besondere bauphysikalische Analysen durchzuführen, bzw. muss auf nicht normierte methodische Berechnungsansätze zurückgegriffen werden.
Ob dies im Einzelfall immer erfolgt bzw. gelingt, ist zu bezweifeln. Insoweit besteht ein nicht zu unterschätzendes Konflikt- bzw. Bauschadenpotential.
Bauherren, die sich mit dem Gedanken tragen, eine Wandheizung einzubauen, kann somit nur dringend geraten werden, die Planung und Ausführung in professionelle und verlässliche Hände zu geben und alle Parameter akribisch abzuklären.
Quelle:
http://www.meisinger-ingenieurleist...8-wandheizung-bauphysikalische-besonderheiten
Grüße in die Runde
i. V.
Dirk Meisinger