Lüften & Heizen
Hallo Herr Wüstenhagen,bevor Sie heimlich per Mail Tipps zum Maueraufsägen, chemischer Wandbehandlung, Rosenquarzvergraben oder auch Elektrifizierung der Wände in Erwägung ziehen und Tausende Euro verlieren, sollten Sie zunächst einmal die vorgeschlagenen Lüftungsmodelle von Herrn Böhme ausprobieren.
Im Regelfall klappt das ohne besondere Maßnahmen, Heizen und Lüften heißt die Maxime, allerdings: Richtig heizen und richtig lüften. Hier geht es eher um das Verstehen der Vorgänge und einem daraus resultierenden verständigen Verhalten, als um eine einfache Handlungsanweisung.
Beim normalen Lüften ist stets darauf zu achten, dass die Temperatur der Außenluft kühler ist als die Oberflächentemperatur der Innenwände. Im Winter kein Problem denn besonders in Zeiten mit niedrigen Außentemperaturen ist das Lüften ganz besonders wirksam, da die kalte Luft - die eben gerade wenig Feuchte enthält - beim "einströmen" an den Oberflächen erwärmt wird. Hierbei sinkt die relative Luftfeuchtigkeit, die Luft wird „trockener“ und gerade jetzt erst richtig aufnahmefähig für die abzutransportierende Feuchtigkeit. Die relative Luftfeuchtigkeit steigt nun wieder an, bis auf etwa 70%, dann ist die normale Aufnahme weitgehend erschöpft, ein erneutes Lüften ist nötig. Je kälter die Außentemperatur ist, um so effektiver erweist sich die Lüftung.
Am wirksamsten ist eine kurze Stoßlüftung, bzw. bei höherem Feuchtegehalt mehrere. Aber: Der Abtransport der von der ausgewechselten Luft aufgenommenen Feuchtigkeit geschieht immer erst mit der nächsten Stoßlüftung.
Ein langes Lüften (auch kippen der Fenster) ist hier nicht wirksamer, da der Luftaustausch schneller vollzogen wird als sich die Luft erwärmen kann. Die Erwärmung der Luft ist zu schwach und die vom Bauteil aufgenommene Feuchtigkeit kann nicht abgegeben werden. Auch wird beim Dauerlüften die Oberflächentemperatur herabgesetzt, was ein Erwärmen der Luft verhindert.
Gekippte oder nicht dicht schließende Fenster führen zur Auskühlung der Fensterlaibungen. Genau hier wird sich das ausfallende Kondensat niederschlagen.
Dem Morgentau hinterher lüften => Im Sommer eignen sich die frühen Morgenstunden am besten, wenn sich die Außenluft soweit abgekühlt hat bis Sie den Sättigungsgrad erricht hat: Morgentau, landläufig genannt. Nach dem Tauausfall am Morgen ist die nun abgekühlte Luft wieder bereit zur Aufnahme von Feuchtigkeit.
Problematisch im Sommer wird es, wenn wärmere Außenluft in kühlere Innenräume gelangt und beginnt hierdurch abzukühlen. Wie bereits beschrieben steigt nun die relative Luftfeuchtigkeit bis zur Sättigung an und es kommt zum Tauwasserausfall. Ein Abtransport der gepufferten Feuchte ist ebenso nicht möglich. Der „klassische“ feuchte Keller entsteht.
Hierbei hilft kein Dichten, Sperren, Beschichten, Injizieren, Imprägnieren, Schmieren, Aufgraben, Horizontalsperren, Stromeinleiten oder Halbedelsteinindeneckenvergraben. Wenn Ihnen da irgend ein feuchter Geselle irgend ein unsinniges Zeug verkaufen will, ist dieser eher auf den Absatz seines Produktes denn auf die Zustandsverbesserung Ihres Hauses aus.
Halten Sie die betroffenen Räume im Sommer am besten weitgehend verschlossen, eine Permanentlüftung Ihrer Räumlichkeiten ist Unsinn.
Wenn Sie sich hinsichtlich des Lüftungsverhaltens nicht sicher sind nehmen Sie sich ein Hygrometer zur Hand und peilen einen permanent unter 60% relativer Luftfeuchte liegenden Wert an. Wenn Sie es präziser wollen nehmen Sie noch zusätzlich ein Thermometer und eine
Taupunkttabelle hinzu.
Gruß aus Wiesbaden,
Christoph Kornmayer
P.S.: Ein unbewohntes, nicht in Stand gehaltenes Haus wird einem das irgendwann übel nehmen.