Olympiastadion Berlin ausgezeichnet: Umbau der historischen Bausubstanz mit Stahl vorbildlich

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Am
17. Juni hat die Berliner Senatorin für Stadtentwicklung, Ingeborg Junge-Reyer,
im Namen der Bauherrnschaft am Berliner Olympiastadion feierlich die Plakette
"Preis des Deutschen Stahlbaues" enthüllt. Gewürdigt wird damit die vorbildliche
Synthese aus Alt und Neu beim Umbau des Stadions mit der neuen
Tribünenüberdachung aus Stahl, Glas und Membranen. Der Preis wird im
Zweijahresrhythmus von BAUEN MIT STAHL e.V. verliehen und ist einer der ältesten
Architekturpreise Deutschlands.



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"Es ist heute keine Selbstverständlichkeit, dass ein Bauwerk von
allen Seiten Zuspruch erfährt, erst recht nicht, wenn es sich um den Umbau einer
Architektur-Ikone wie dem Berliner Olympiastadion handelt. Das Lob gebührt den
verantwortlichen Architekten gmp - von Gerkan Marg und Partner sowie dem
Ingenieurbüro Krebs und Kiefer, denen es gelungen ist, dem traditionsreichen
alten, unter Denkmalschutz stehenden Stadion ein neues Leben zu schenken", so
Geschäftsführer Horst Hauser, der im Namen des Auslobers die Urkunden
überreichte. Den Aufstieg in die erste Klasse der Sportarenen hat das "Juwel des
Sports" (so Bundesinnenminister Otto Schily) damit bereits geschafft, bevor
König Fußball im kommenden Jahr zur Weltmeisterschaft regiert.



Zwischen Idee und Realisierung lag für alle Beteiligten wie so
oft ein weiter Weg. Hubert Nienhoff vom Architekturbüro gmp erinnert sich:
"Unser Ansatz war, das historische Ensemble zu respektieren und die
landschaftlich räumliche Einbindung der Anlage soweit wie möglich zu erhalten.
So fiel die Entscheidung, die Sichtachse Marathontor über das Maifeld zum
Glockenturm freizuhalten und bei der Ausbildung des Daches zu berücksichtigen.
Dieses entwurfsbestimmende Element hat sich nachhaltig auf die zu wählende
Konstruktion ausgewirkt und ist zu einer Art Logo für das renovierte
Olympiastadion geworden."



Entwurfskonzept der Architekten:

"Modernisierung und Grundinstandsetzung des Olympiastadions Berlin"




Das Projekt nimmt eine Sonderstellung unter den anlässlich der
Fußballweltmeisterschaft 2006 ertüchtigten bzw. neu errichteten Stadionbauwerken
ein. Der Zielkonflikt zwischen den entgegengesetzten Erfordernissen von
Denkmalschutz und Modernisierung einerseits, sowie zwischen einer
multifunktionellen Nutzung und einer reinen Fußball-Arena andererseits, wird
durch den Entwurf der Architekten in eine Synthese verwandelt. Das Konzept
betrachtet das Stadion nicht allein, sondern im räumlichen Kontext mit dem
Gesamtgelände. Dies schloss von vornherein aus, die Sicht durch das westlich
gelegene Marathontor auf den Glockenturm durch eine Dachkonstruktion zu
verbauen. Das von Werner March als Gesamtkunstwerk gestaltete Gelände bleibt als
städtebauliches Denkmal der 30er Jahre erhalten, wobei das neue Konzept die
Qualitäten des Altbaus unterstützt, indem es sich komplett dem Altbau
unterordnet. Die Außenbauwerke wurden vollständig unterirdisch geplant, um das
äußere Erscheinungsbild nicht zu beeinträchtigen.



Um die geforderte Vollüberdachung aller Tribünenplätze
realisieren zu können, wurde ein umlaufendes, in seiner Gestaltungsform
gleichbleibendes Dach entworfen, das im Bereich des Marathontores als
architektonische Reaktion auf den denkmalwerten Bestand unterbrochen ist. Diese
Unterbrechung sowie die Forderung nach einer abschnittsweisen Herstellung unter
laufendem Spielbetrieb führte zum Entwurf einer leichten Tragkonstruktion aus
Stahl mit flugzeugflügelähnlichem Querschnitt.



Seine optische und materielle Leichtigkeit erhält das Dach in
erster Linie durch die filigrane Stahlrohrkonstruktion und die Verwendung einer
transluzenten Membranverkleidung als obere und untere Dachhaut. Nach innen setzt
sich das Dach in Form einer frei sichtbaren Stahlkonstruktion mit einer ca. 13
Meter breiten Glaseindeckung fort. Am äußeren Rand geht das Dach in einen Metall
verkleideten Massivbereich über, der sich nach außen hin diskusförmig verjüngt.
Der Stahlbetonaußenring wirkt als Gegenballast zur Tragkonstruktion und als
horizontale Aussteifung des Dachtragwerkes.



Die Tiefe des Daches beträgt umlaufend ca. 68 Meter. Getragen
wird das Dach von 20 schlanken Baumstützen, die im Bereich des Oberringes mit
einem Abstand von 32 - 40 Metern angeordnet sind. Die 76 Radialbinder ragen über
die Baumstützen 49 Meter weit in den Stadioninnenraum. Am äußeren Rand wird das
Dach durch 132 über den Muschelkalkpfeilern angeordneten Stahlstützen getragen.



Über den Baumstützen verläuft ein Dreigurtbinder als
Durchlaufträger in tangentialer Richtung. Dieser unterstützt die Radialbinder
und übernimmt aussteifende Funktionen. Zum Ausgleich der vertikalen Verformungen
der Radialbinderspitzen ist in der Nähe des Dachinnenrandes ein tangential
verlaufender Zweigurtbinder angeordnet.



In ihrer Laudatio begründete die Jury ihre Entscheidung für
das Bauwerk wie folgt (Auszug):




"Einzigartig bzw. besonders an dem Projekt ist das
Zusammenführen einer Vielzahl einflussnehmender Parameter aus Sport, Denkmal und
deutscher Geschichte, die in ein stimmiges und ausgewogenes Gesamtkonzept
umgesetzt wurden. Unter Einbeziehung unterschiedlichster denkmalpflegerischer
Anforderungen entsteht zunächst einmal wieder ein großes Stadion, das allen
heutigen Anforderungen an eine funktionierende Sportstätte internationalen
Standards entspricht.



Dem in vielerlei Hinsicht "schweren" Stadion-Denkmal im
Sockelbereich wird ein "leichtes" Dach überstellt. So löst sich der Innenbereich
lichtdurchflutet auf mit Hilfe entsprechender Glaskonstruktionen und weißen fast
entmaterialisierten, lichtdurchlässigen, Teflon beschichteten Membranen.
Zusammen kommen Alt und Neu lediglich im Bereich von 20 Baumstützen, die im
Zuschauerbereich angeordnet werden mussten, und einer durchlaufenden
Stützenreihe im Kronenbereich der denkmalgeschützten Außenfassade. Räumlich
entsteht eine weitestgehend entmaterialisierte Fuge, eine Inszenierung des
respektvollen Abstandes zwischen dem alten Sockel und der neuen
Dachkonstruktion.



Durchaus innovativ in der Bewältigung der unterschiedlichsten
Belange entsteht ein neues Ganzes, ohne dass das alte Stadion nebst seinem
"historischen Erbe" dabei zugedeckt wird. Im Zusammenspiel von "beladenem"
Sockel und leichtem ruhigen Dach wird, ohne die Geschichte auszublenden, eine
Konzentration und räumliche Spannung erzeugt auf das, was der Bau erfüllen soll:
die Funktion einer Sportarena !"



Übrigens



Der Deutsche Stahlbaupreis wurde von einer unabhängigen Jury
anerkannter Architekten und Bauingenieure im vergangenen Jahr unter 69
Einreichungen entschieden, weitere 10 Objekte erhielten eine Auszeichnung.
Beurteilungskriterien für die Vergabe des Preises sind insbesondere die
architektonische Qualität des Bauwerkes, innovative Konstruktion und Technik,
materialgerechte Verwendung des Baustoffes Stahl, funktionale Aspekte und
Nutzungsflexibilität sowie städtebauliche Einbindung.



Das mit 10.000 EURO dotierte Preisgeld stiften die siegreichen
Büros gmp - von Gerkan Marg und Partner sowie das Ingenieurbüro Krebs und Kiefer
für den Raum der Andacht im Olympiastadion. OKR Dr. Bernhard Felmberg nahm die
Spende im Namen der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische
Oberlausitz entgegen.



<div align='right'>Siehe auch: siehe zudem:
 
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