Abseits aller Diskussion über historische "Zulässigkeit"...
davon, daß Rohre auf der Baustelle gefertigt wurden habe ich definitiv noch nie gehört!
Die ersten Elektro-Installationsrohre waren meines Eisenrohre wie bei Gas und Wasser. Ende des 19. Jahrhunderts wurde von der Firma Ernst Bergmann in Berlin das Bergmannrohr erfunden und industriell hergestellt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Bergmannrohr
Bögen waren tatsächlich nur sehr aufwendig herzustellen und das ist auch leicht erklärt. Biegt man eine gerade Stange, ändert sich innen und außen am Radius die Länge, außen muß sich das Material dehnen, innen stauchen. Da sich das Blech und die Bitumenpappe nicht dehnen lassen, muß bei Bergmannrohr der Innenradius gestaucht werden, das wurde durch Einkerbungen erreicht. Diese Kerbungen wurden mit einer Zange
http://static.panoramio.com/photos/original/21850965.jpg einzeln hergestellt. Das sah dann so aus:
http://www.elektrotechnik-museum.de/images/0204001g_480.jpg
Wie man sieht sind das für einen normalen Bogen über 20 Kerben und zwischendurch darf sich das Rohr nicht drehen, sonst wird der Bogen dreidimensional (ich hatte einmal das Vergnügen, so eine Zange an einem Rohrrest auszuprobieren). Insofern stimmt es natürlich, daß diese Anlagen maßgeschneidert waren. Wenn man allerdings etwas Geduld hat und genügend Muffen findet, kann man durchaus die Bögen herausschneiden und mit ausreichend geraden Stangen eine neue Anlage zusammenzimmern.
Achtung: es gab noch eine andere Variante, sogenannten Rohrdraht (auch Kuhlokabel genannt). Sieht zwar von außen Bergmannrohr sehr ähnlich, war aber eine fix fertig industriell hergestellte Leitung mit Blechmantel. Ohne Biegezange überhaupt nicht zu verarbeiten, außerdem ist oft die Aderisolierung in extrem schlechtem Zustand. Es gab blanken und umhüllten Rohrdraht, blanker ist schon seit geraumer Zeit nicht mehr zulässig, da die Isolierung zwischen Adern und Blechmantel nicht ausreichend ist, isolierter wird angeblich(!) bis heute hergestellt, sieht aber auch kaum anders aus als NYM, nur bei richtiger Verlegung etwas gerader.
Zur Chronologie: Aufputzinstallation wurde teilweise noch nach dem 2. Weltkrieg vorgezogen, weil die Sauerei geringer war als beim Einstemmen. Unser Häuschen hat 1949 Strom bekommen und die Installation ist teilweise in Bergmannrohr aufputz. 1910 war Unterputzverlegung noch eher unter Luxus einzureihen (doppelter Luxus, denn schon Strom alleine war Luxus genug). Noch früher wurde übrigens verdrillte Textilleitung auf Isolatoren verlegt, in Deutschland seit 1910 verboten, in Österreich noch viel länger üblich und theoretisch bis heute zulässig.
http://www.elmuseum.se/viewimage.cgi?images/skomakarlampa_24v2.jpg