Projektbericht: Asbestsanierung im Hamburger Elbtunnel

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Eine
komplexe wie schwierige Gefahrstoff-Sanierungsbaustelle hat jüngst ihr
erfolgreiches Ende gefunden: die östliche, älteste Elbtunnelröhre ist jetzt beim
Brandschutz auf dem neusten Stand. Unter hohen Sicherheitsstandards wurden die
Stahlrohrsegmente (Tübbinge) der gut 1.300 m langen Schildvortriebsstrecke
saniert. Der alte, asbesthaltige Brandschutz und der darunterliegende ebenfalls
mit Gefahrstoffen (Benzoapyren) kontaminierte Korrosionsschutz waren zu
entfernen und gegen zeitgemäße Materialien auszutauschen.



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<img border="1" src="http://www.baulinks.de/webplugin/2005/i/0907peinigerroeroe1.jpg" vspace="2">

<span style="font-size: 10px">Der alte, asbesthaltige Brandschutz und der darunterliegende, ebenfalls mit
Gefahrstoffen kontaminierte Korrosionsschutz wurden unter strikten
Sicherheitsvorkehrungen entfernt.</span>
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Sanierungsbedarf besteht in den von 1968 bis '75 gebauten drei
Altröhren des Hamburger Elbtunnels eigentlich ständig. Schließlich passieren
täglich durchschnittlich 110.000 Fahrzeuge Europas zweitlängsten
Unterwassertunnel. Seit im Herbst 2002 eine vierte neue Röhre für den Verkehr
freigegeben wurde, steht nun eine umfassendes Nachrüstprogramm zur Angleichung
des Sicherheitsniveaus der drei alten Röhren an. Pro Winterhalbjahr soll jeweils
eine Röhre gesperrt und saniert werden.



Mit den gerade abgeschlossenen Brandschutz- und


Asbest-
Sanierungsarbeiten in der Oströhre beauftragte die Stadt Hamburg eine Arge
aus den Firmen Müssmann (Umweltschutz) und Lindner (Isoliertechnik). Die
erforderlichen Strahl- und Beschichtungsarbeiten gingen an den industriellen Mehrgewerke-Dienstleister PeinigerRöRo. Dieser war zuständig für die Reinigung
der oberhalb der Fahrbahn liegenden Lüftungskanäle, das Strahlen der zuvor vom
alten Brandschutz befreiten Stahlguss-Tübbinge und deren anschließende
Beschichtung mit einem zweischichtigen Korrosionsschutz. Eine erste,
abgebrochene Sanierung im Jahr 2004 unter anderer Flagge zeugt von den
Schwierigkeiten der Aufgabe.



Rigorose Sicherheitskontrolle



Rückblende: Es ist 6 Uhr 30 in der Früh. Die erste Schicht der
PeinigerRöRo-Sanierungsmannschaft checkt an der elektronischen
Sicherheitsschleuse am Tunneleingang ein. Allesamt Profis in Sachen
Schadstoffsanierung. Zutritt bekommt nur, wer alle erforderlichen Unterlagen
beigebracht hat: detaillierte Personaldaten, erste Seite Arbeitsvertrag,
Stundenlohn der gewerblichen Mitarbeiter zur Prüfung der Mindestlohneinhaltung,
Nachweis der Tariftreue, Steuer- und Sozialabgaben. Hinzu kommen Belege über die
geforderten arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen (Asbest,
Maskentauglichkeit, Krebs erzeugende Gefahrstoffe), Einweisungen in die
Baustellenordnung, Unterweisungen für den Umgang mit asbesthaltigen Stoffen
usw... Wer die wöchentliche Urinprobe fürs Bio-Monitoring vergisst, bekommt
keinen Zugang zur Baustelle. Genauso wie der, dessen Analysedaten
Grenzwertüberschreitungen zeigen - was dank erfolgreicher Sicherheitsmaßnahmen
in keinem Fall aufgetreten ist.




<img border="1" src="http://www.baulinks.de/webplugin/2005/i/0907peinigerroeroe2.jpg">
<span style="font-size: 10px">Strenge
Sicherheitsanforderungen galten auch beim Entsorgen des asbesthaltigen
Strahlguts.</span>
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Dann geht's im Bus zum Einsatzbereich. Das sind einzelne,
jeweils vollkommen von der Außenwelt abgeschottete, so genannte Schwarzbereiche.
Die absolut staub- und gefahrstoffdicht abgekapselten Arbeitsbereiche stehen
unter Unterdruck, sind mit einer eigenständiger Atemluftversorgung,
Entstaubungs- und Absaugungsanlagen ausgerüstet. Über mehrkammerige
Sicherheitsschleusen, in denen die Sanierer in einem strikt vorgeschriebenen
Prozedere die Schutzkleidung und sich selber reinigen, gelangen sie hinein und
hinaus.



Umwelt- und Personalschutz auf höchstem Niveau



Grund für diese rigorosen Sicherheitsvorschriften waren die bei
der Sanierung freiwerdenden Gefahrstoffe. Im Originalzustand waren die zu
sanierenden Stahlrohrsegmente (Tübbinge) mit Steinkohleteerpech beschichtet und
darüber entweder mit Spritzasbest oder mit Asbestplatten zum Brandschutz
verkleidet. Beides musste herunter. Den darunterliegenden alten Korrosionsschutz
und die verbliebenen Asbestreste strahlten die PeinigerRöRo-Sanierer mit
Kupferschlacke herunter. Dabei wurden so genannte PAKs, "polyzyklische
aromatische Kohlenwasserstoffe" frei, vor allem Benzoapyren.



Diese Gefahrstoffe sind vor allem deshalb so
sicherheitskritisch, weil sie die unangenehme Eigenschaft besitzen, selbst
Kunststoffe zu durchdringen - also auch Luftschläuche und Schutzanzüge. Deshalb
konnten auch nur speziell geprüfte und für diese Gefahrstoffklasse zugelassene
Schutzausrüstungen benutzt werden. Um das Gefährdungspotential zu minimieren,
tüftelten die Sicherheitsexperten so manches Detail aus. Die Schläuche zur
Atemluftversorgung hingen beispielsweise an einem Galgensystem, damit sie nicht
im kontaminierten Strahlmittel lagen. Oder die Strahlerschutzanzüge wurden mit
Überdruck beaufschlagt, um ein Eindringen von schadstoffhaltigen Partikeln zu
verhindern. Weil man keinerlei Gefährdungsrisiko für Mensch und Umwelt eingehen
wollte, erfolgte auch die Beschichtung im Schwarzbereich: Eventuell noch
vorhandene Asbestfasern wurden durch den Farbauftrag gebunden und unschädlich
gemacht.



In enger Zusammenarbeit mit den Brandschutz-Kollegen von der
Arge sanierten die Korrosionsschützer binnen fünf Monaten nacheinander in 70
wandernden Schwarzbereichen insgesamt 28.000 m² Fläche und 80.000
Verschraubungen der Tübbinge. Gearbeitet wurde parallel in jeweils fünf
Schwarzbereichen: in dreien wurde gestrahlt und abgesaugt, in den beiden anderen
beschichtet. So war stets nach fünf Arbeitstagen ein Abschnitt fertig.
Verbrauch: 1.800 Tonnen Kupferschlacke und etwa 20.000 Litern
Beschichtungsmaterial. Im Einsatz waren bis zu 40 PeinigerRöRo-Mitarbeiter in
zwei Schichten, drei Kompressoren à 21 m³, eine Großsauganlage (40 Tonnen), drei
Entstaubungsanlagen und drei Taifun-Strahlkessel (à 10 Tonnen). Das sind die
nüchternen technischen Daten, die allerdings nichts über das ausgefeilte
Sicherheitskonzept der Sanierung aussagen, das die Sicherheitsfachleute der
beteiligten Unternehmen im Vorfeld gemeinsam entwickelten.



Strikte Vorschriften für Mensch und Maschinen



"Für uns war das eine Baustelle, auf der wir unsere eigenen
hohen Ansprüche an unsere Fähigkeiten, unsere Qualität beweisen konnten", freut
sich Dipl.-Ing. Gerd Rullmann von PeinigerRöRo über die gelungene Sanierung. Der
für den Industrieservice am Hamburger Standort zuständige Korrosionsschützer hat
das Elbtunnel-Projekt federführend betreut. Neben der rein technischen
Ausführung der Arbeiten sei eine perfekte Logistik erforderlich gewesen.
"Schließlich haben wir auf beengtem Raum in permanenter Abstimmung mit den
anderen im Tunnel arbeitenden Gewerken ständig schweres Korrosionsschutzgerät
bewegen müssen."



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<img border="1" src="http://www.baulinks.de/webplugin/2005/i/0907peinigerroeroe3.jpg" vspace="2">

<span style="font-size: 10px">Nach der Sanierung: Die Stahlrohrsegmente der
gut .300 m langen Schildvortriebsstrecke bekamen eine neuen Korrosions- und
Brandschutz.</span>
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Die eigentliche Herausforderung seien allerdings die geforderten
Sicherheitsstandards und <nobr>-vorgaben</nobr> gewesen. Und die erstreckten sich nicht nur auf das Personal.
Beispielsweise mussten auch sämtliche auf der Baustelle eingesetzten Geräte und
Ausrüstungen geprüft sein. Beispielhaft: lange bevor das Thema Rußpartikelfilter
in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rückte, war er auf der Elbtunnel-Baustelle
ein Muss für alle Diesel betriebenen Fahrzeuge. "Ein schlüssiges
Sicherheitskonzept zu entwickeln, das die Stadt Hamburg überzeugte, war zwar
eine Herausforderung, aber bei uns stimmen die Voraussetzungen", sagt Rullmann.
"Wir arbeiten nun mal mit gewerblichen Mitarbeitern, die bestens geschult und
unterwiesen sind. Wir haben im Unternehmen speziell geschulte
Asbest-Sachkundige,
Sicherheitsexperten usw. Und auch die von uns eingesetzten Maschinen sind
grundsätzlich Stand der Technik und qualitativ hochwertig. Es war wirklich
befriedigend, dies alles einmal in die Waagschale werfen zu können."



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Thema: Projektbericht: Asbestsanierung im Hamburger Elbtunnel
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