Ortschaum oder Mineralwolle beim Fenstereinbau?

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Ortschaum
kann bei der Montage von Holz- oder Kunststofffenstern weiter verwendet werden.
Aber diese in der Praxis bewährte Fugendämmung muss ausdrücklich vereinbart
werden. So das Ergebnis einer Expertenrunde auf dem Thementag VOB und Recht des
Verbandes der Fenster- und Fassadenhersteller e.V. am 7. April in Frankfurt.



Seit Januar gilt eine neue

DIN 18355 - ATV "Tischlerarbeiten", die Mineralfaserdämmstoffe für den
Baukörperanschluss als Regel vorgibt. Die Empörung der Fensterbaubetriebe über
diese praxisferne Regelung steigt von Woche zu Woche. "Weder die Fachleute
unserer Mitgliedsunternehmen noch die ausgewiesenen Experten wissenschaftlicher
Institute können die einseitige Festlegung auf Mineralwolle nachvollziehen. Die
Branche schäumt - so könnte man doppeldeutig und salopp formulieren. Unsere
Betriebe sind verunsichert und erwarten höhere Kosten sowie zusätzlichen
Aufwand," so Dr. Thomas W. Büttner, Geschäftsführer des Verbandes der Fenster-
und Fassadenhersteller e.V. in Frankfurt. "Unser Syndikus, Rechtsanwalt
Professor Christian Niemöller, hat auf dem Thementag eine Expertise vorgestellt,
wie Betriebe sich vertraglich absichern und ihr Risiko minimieren können. Als
Verband arbeiten wir mit dem Institut für Fenstertechnik, dem AKPU (Arbeitskreis
PU-Ortschaumhersteller) und anderen zusammen, um die Festlegung auf
Mineralfaserdämmstoffe in der Norm zu kippen. Wir werden die offizielle
Anerkennung von Ortschaum zur Anschlussfugendämmung als eine allgemein
anerkannte Regel der Technik gezielt fördern. Nach Meinung sämtlicher Experten,
die auf unserem Thementag referiert haben, stehen unsere Chancen in technischer
Hinsicht gut. Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Norm scheitert, weil sie
nicht alltagstauglich ist und Betriebe an einer bewährten Technik festhalten."



Ohne vorherige Debatte oder Information der Fachöffentlichkeit
änderte der Normungsausschuss im Dezember die ATV DIN 18355 Tischlerarbeiten zu
diesem Punkt. In diesem Ausschuss sind die öffentlichen Auftraggeber und große
Auftraggeber wie Bahn oder Post vertreten plus einige Vertreter von sogenannten
Spitzenverbänden der Auftragnehmer. Trotz mehrfacher mündlicher und
schriftlicher Eingaben wurden die Argumente des VFF abgelehnt. Der VFF wird
jetzt kurzfristig einen Antrag auf Neuformulierung der ATV stellen.



Technisch ist die Änderung nicht nachvollziehbar



Die geänderte DIN 18355: 2005-01 lautet in Nr. 3.5.3 Abs.2: "Die
auf der Rauminnenseite verbleibenden Fugen zwischen Außenbauteilen und Baukörper
sind mit Mineralfaserdämmstoffen vollständig auszufüllen." Dies wird als
Regelausführung bei Holz- und Kunststofffenstern festgelegt. Bei Metallfenstern
ist eine solche Festlegung auf Mineralfaserdämmstoffe in der entsprechenden ATV
hingegen nicht zu finden. Fachleute von Fensterbetrieben äußerten auf dem
Thementag schwerwiegende Bedenken gegen die neue Regelung. Die Montage mit
Mineralfasern sei wesentlich zeitaufwändiger und damit teurer als der Einsatz
von Ortschaum. Mineralfaserdämmstoffe seien nur mit täglich zu wechselnder
spezieller Arbeitskleidung inklusive Mundschutz zu verarbeiten.



Dipl. Ing. (FH) Wolfgang Jehl vom ift - Institut für
Fenstertechnik in Rosenheim - wies auf die Argumentation des Normungsausschusses
in seiner Begründung zur Ablehnung der Einsprüche hin, wonach für diese
bauphysikalisch wichtige Schnittstelle nur genormte, zugelassene (zertifizierte)
Produkte die erforderliche Qualitätssicherheit gewährleisten können. Ortschaum
sei zwar nicht zertifiziert, habe sich in der Praxis aber bewährt.
Mineralfaserdämmstoffe seien ebenfalls bewährt, aber auch dort sei bisher nur
"Plattenware" zertifiziert. Sein Fazit: "Technisch ist die Änderung der DIN
18355 - ATV Tischlerarbeiten nicht nachvollziehbar und praxisfremd. Das ift wird
die Branche unterstützen, um die notwendigen technischen Voraussetzungen für
eine erneute Änderung der DIN 18355 zu schaffen."



Auf europäischer Ebene arbeiten die Schaumhersteller bereits an
einer Zertifizierung. In Deutschland steht den Fensterbauern sogar besonders
hochwertiger Schaum zur Verfügung, der Brandschutzanforderungen mindestens der
Klasse B2 erfüllt, wie Produktmanager Frank Wörmann von der illbruck Bau-Technik
GmbH erläuterte. Viele Fensterbauer befürchten nun, dass sie in aufreibende
Debatten mit Bauherren oder der öffentlichen Hand verwickelt werden, wenn sie
entgegen der Norm Schaum als Dämmmaterial vorschlagen. "Der erste Gedanke
unserer Kunden wird sein, wir wollten etwas Nicht-Genormtes und Obskures
einbauen. Oder wir wollten sowieso nur zusätzlich Geld machen, wenn wir auf
höhere Kosten bei der Verwendung von Mineralfasern hinweisen," so ein Teilnehmer
des Thementages. Auf Vertriebsebene kann die Debatte über Pro und Contra
Ortschaum nicht sinnvoll geführt werden, so die überwiegende Meinung. Dazu will
der Verband gezielt eine Debatte in der Fachöffentlichkeit fördern und
beispielsweise entsprechende Artikel in Fachzeitschriften anregen.



Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik kein
Selbstzweck




Ein solches Vorgehen wird auch von Rechtsanwalt Professor
Christian Niemöller unterstützt, der die weitere Verwendung von Schaum unter
rechtlichen Gesichtspunkten erläuterte. In einem Streitfall wäre es
entscheidend, ob die Verwendung von Schaum den allgemein anerkannten Regeln der
Technik entspricht. Damit sind Regeln gemeint, die in der Wissenschaft als
theoretisch richtig anerkannt sind und sich in der Baupraxis als zutreffend
bewährt haben. Weder die DIN-Normen noch die VOB/C (ATV) legen diese Regeln
eindeutig fest. Die Verwendung von Schaum als nachgewiesene bewährte Praxis am
Bau wäre ein Indiz für eine solche allgemein anerkannte Regel der Technik.
Besonders hilfreich wären entsprechende Fachaufsätze oder Äußerungen von
Fachleuten.



Auch Professor Niemöller kann allerdings keinen Zaubersatz
formulieren, um Ortschaum ohne jedes Risiko weiterhin verwenden zu können. Als
Baurechtler kann er praxisnahe Hinweise geben, um das Risiko zu minimieren. Die
Entscheidung, welches Risiko der einzelne Fensterbauer nach der Normänderung
eingehen will, muss der einzelne Unternehmer selbst treffen. Nach §13 VOB/B ist
die Leistung eines Werkunternehmers mangelfrei, wenn sie beispielsweise der
vereinbarten Beschaffenheit und den anerkannten Regeln der Technik entspricht.
Zum Zeitpunkt der Abnahme muss das Werk, also in diesem Fall der Fenstereinbau,
mangelfrei sein. Der Unternehmer kann nach einem Urteil des OLG Düsseldorf auch
dann mangelhaft leisten, wenn kein Schaden und keine Gebrauchsminderung
eintritt - es sei denn, er beweist, dass mit Sicherheit kein Schaden und keine
Beeinträchtigung der Gebrauchsminderung eintreten kann, da die Einhaltung von
technischen Normen nach einem Urteil des OLG Nürnberg kein Selbstzweck ist.



Wie wirkt sich nun die Änderung der ATV DIN 18355 auf ein
bestehenden Vertragsverhältnis aus, wenn die VOB/C Bestandteil des Vertrages ist
und es keine vorrangige vertragliche Regelung gibt? Zur Beantwortung dieser
Frage muss unterschieden werden, wann die Änderung der ATV erfolgte.



  • Ist die ATV vor Abgabe des Angebots geändert worden, muss der
    Fensterbauer bei der Kalkulation des Angebots den Einsatz von
    Mineralfaserdämmstoffen berücksichtigen und - gelingt keine
    Änderungsabsprache - die Fugen mit diesen Stoffen ausfüllen. Der
    Auftragnehmer sollte den Auftraggeber über die Vor- und Nachteile einer
    Dämmung mit Mineralfaserdämmstoff informieren und schriftlich vereinbaren,
    dass er von der DIN 18355 abweichen will.
  • Wurde die ATV dagegen unmittelbar nach Abgabe des Angebots
    geändert, muss der Auftraggeber auf die Änderung hinweisen und seine
    Bedenken gegen die geplante Ausführung mitteilen. Der Auftragnehmer muss vor
    Ausführungsbeginn eine schriftliche Einigung über die gewünschte
    Ausführungsart und eine mögliche Preisanpassung herbeiführen.
  • Wurde die ATV während der Bauausführung geändert, muss der
    Auftragnehmer auf die Änderung hinweisen, seine Bedenken gegen die geplante
    Ausführung mitteilen und eine Einigung über die weitere Ausführungsart
    herbeiführen. Gegebenenfalls muss der Auftragnehmer seine bisherigen
    Leistungen nachbessern, wobei ein Mehrvergütungsanspruch umstritten ist.
  • Ein Problem kann selbst dann entstehen, wenn die ATV zwischen Abnahme
    und Ende der Mangelhaftung
    geändert wurde. Dann kann eine Nachhaftung in
    Betracht kommen, wenn die Ausführung nach der alten DIN nicht zu dem
    werkvertraglichen Erfolg führt und das Werk mit einem Fehler behaftet ist.
    Unproblematisch bleibt allein der Fall, wenn das Bauvorhaben vollständig
    abgewickelt ist.
Verwendung von Ortschaum vor Ausführung ausdrücklich vereinbaren



Professor Niemöller stellte klar, dass ein Fensterbauer Ortschaum als
Ausnahme von der ATV-Regelausführung durchaus weiter verwenden kann. Nur muss er
dies grundsätzlich vor Ausführung mit dem Auftraggeber ausdrücklich vereinbaren.
Eine mögliche Formulierung könnte dann beispielsweise lauten: "Die Parteien
vereinbaren abweichend von der ATV DIN 18355 die vollständige Ausfüllung der auf
der Rauminnenseite verbleibenden Fugen zwischen Außenbauteilen und Baukörper mit
Ortschaum anstelle der Regelausführung mit Mineralfaserdämmstoff."



"Sind Fensteranschlussfugen innenseitig luftdicht herzustellen, sind dies
Besondere Leistungen (siehe Abschnitt 4.2.6. DIN 18355)." Diese
Abrechnungsvorschrift kann gelten, wenn weder Vorbemerkungen noch
Leistungsverzeichnis oder Verhandlungsprotokoll anderes vorschreiben. Im
Zusammenhang mit den RAL-Gütebestimmungen, der

DIN 4108 und der EnEV erscheint diese Festlegung wenig praxisnah. Betriebe
mit RAL-Gütezeichen sollten sich allerdings nicht verunsichern lassen, da die
gütegesicherte Montage von Fenstern und Türen schon einen inneren luftdichten
Anschluss beinhaltet.



VFF dringt auf rasche Änderung der neuen Regelung



Wie konnte es überhaupt zu einer so praxisfernen und abstrusen Regelung
kommen, fragten Teilnehmer des VFF-Thementags und vermuteten entsprechenden
Druck der Mineralfaserverbände. Doch dieser Kreis war wohl selbst über diese
Regelung überrascht und ist auch nur wenig an einer solchen Regelung
interessiert, da sein Massengeschäft die "Plattenware" ist. Im Vordergrund soll
eine Angleichung der ATV beispielsweise an die

DIN 18340 Trockenbaustoffe gestanden haben, die ebenfalls Mineralfasern
vorschreibt.



"Die Debatte auf unserem Thementag zeigt, dass die neue Regelung dringend
geändert werden muss. Sie ist technisch nicht nachvollziehbar und verteuert das
Bauen. Unter Beachtung der Informations- und Aufklärungspflichten als
Auftragnehmer können Fensterbaubetriebe anderes vereinbaren und so die neue
Regel umgehen. Das Risiko, gegen die anerkannten Regeln der Technik zu
verstoßen, dürfte begrenzt sein. Die Regelung kann turnusmäßig erst wieder 2006
geändert werden. Bis dahin wird der Verband der Fenster- und Fassadenhersteller
entsprechenden Druck aufbauen. Am 13. April fand bereits ein Gespräch zwischen
VFF, ift und dem AKPU statt, um das weitere Vorgehen abzustimmen," so Dr. Thomas
W. Büttner.



<div align='right'>Siehe auch:

Verband der Fenster- und Fassadenhersteller e.V.,
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material?

Da sollte man sich wohl vom experten beraten lassen bzw das ganze begutachten lassen es empfiehlt sich aufjedenfall beim Einbau die richtige Schutzkleidung zu tragen wie zum Beispiel http://www.protectshop24.com/de/kevlar-handschuhe/
Mit denen schützt man sich gut :)

gruß
 
Thema: Ortschaum oder Mineralwolle beim Fenstereinbau?
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