Historisches Außenfachwerk vor Holzrahmenbau wieder aufbauen

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Herr Hanisch

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Sehr geehrte Mitglieder,
nachdem wir vor neun Jahren unser denkmalgeschütztes Fachwerkhaus von 1809 fertig saniert haben, hatten wir vor drei Jahren ein weiteres Fachwerkhaus abgebaut und eingelagert. Dieses musste abgebrochen werden, um einer Halle Platz zu machen. Ein Erhalt war vor Ort nicht mehr möglich, sämtliche Anträge waren bereits genehmigt. Das Gebäude misst etwa 9 x 11 Meter und ist vierseitig in Eichenfachwerk errichtet. Erbaut wurde es um 1740. Wir hatten es damals komplett übernommen, also alle vier Außenflächen mit Giebeln, den historischen Lehm, sowie die Außentüren und Eichenfenster aus der Zeit um 1860.
Für die Planung zum Wiederaufbau haben wir mit einem Architekten, einem Statiker und einer Zimmerei zusammengearbeitet und wollen das Gebäude ab diesem Jahr wieder errichten. Die Bodenplatte wurde bereits im Sommer letzten Jahres erstellt.
Da es sich aufgrund der Bauvorschriften um einen Neubau handelt, und uns keiner eine Statik für das historische Fachwerk errechnen konnte, wird nun erst einmal eine Innenschale in Holzrahmenbauweise errichtet und innen auf die Bodenplatte gestellt. Der Sockel, der das ursprüngliche Außenfachwerk trägt, steht bereis.
Es ist vorgesehen, den Bereich zwischen den neuen Holzständern zu dämmen, innenseitig soll eine OSB- Schale erstellt werden. Die Außenseite des Holzrahmenbaus soll mit einer Folie versehen werden. Nachdem dieser Abschnitt erstellt ist, soll das historische, in Teilen wieder instand gesetzte Eichenfachwerk auf dem Sockel wieder errichtet werden. Die Gefache werden dann mit Leichtlehmsteinen bzw. Eichenstakung und Geflecht ausgefüllt. Zum Abschluss soll ein Kalkputz aufgetragen werden, so wie wir es bei unserem Haus auch gemacht haben. Die historischen Fenster und Türen werden aufgearbeitet, wieder eingesetzt und innen durch Kastenfenster ergänzt.
Unsere Frage ist, wie mit dem Zwischenraum zwischen Innenseite der historischen Aussenwand und der neuen Innenschale vorgegangen wird. Soll dieser hinterlüftet werden?
Über Anregungen und Erfahrungen sowie Rückmeldungen zu diesem Punkt würden wir uns freuen, vielen Dank.
 
Hallo Herr Hanisch,

ein tolles Projekt, Hut ab!

Ich denke die angedachte Vorgehensweise ist die verkehrte Reihenfolge.
Meiner Meinung nach wäre es besser zuerst das alte Fachwerk aufzubauen und dann erst den neuen Rahmenbau innen reinzustellen. Das alte Fachwerk besteht aus krummen Balken, ausgefransten Zapfen, Zapf- und Holznägellöcher, usw. und ist viel kleinteiliger. Da ist es wichtig von beiden Seiten überall ungehindert dran zu kommen.
Der neue Rahmenkonstruktion, mit geraden Balken (evtl. sogar aus KVH gebaut), kann man anschließend relativ einfach von innen davor stellen, die unterschiedlich hoch liegenden (alten) Deckenbalken auf dem neuen Rähm individuell unterkeilen, die alten, schiefen Ständer an den neuen mit passend zugesägten Distanzklötzen und langen Holzbauschrauben kraftschlüssig verschrauben (so haben wir vor ein paar Wochen ein histor. Fachwerk von innen verstärkt).

Weder die alte, noch die neue Schwellen sollten direkt auf die Bodenplatte gestellt werden.
Unter die alte, äußere Schwelle sollte unbedingt ein MIND. 30, besser 40 - 50 cm hoher Sockel drunter gemauert werden, damit diese Schwelle oberhalb der Spitzwasserzone liegt. Mindestens die oberste Steinlage sollte idealerweise aus gut saugenden Ziegelsteinen gemauert werden, die Steinlage sollte auf einer Mauersperrbahn (Horizontalsperre) liegen. Die Lagerfuge des Schwelle sollte aus einem Kalkmörtel sein.
Die Schwelle sollte über den fertigen (verputzten) Sockel etwas vorne übestehen und eine Art Tropfkante bilden. Damit kein Wasser, von der Fassade herunter laufend, unter die Schwelle rinnt/sickert.
Die neue, innenliegende Schwelle sollte über OKFF liegen, damit auch diese nicht im Fußbodenaufbau "eingesperrt" wird, wo eine evtl. notwendige Rücktrocknung (z. B. nach einem Wasserschaden) stark verzögert würde.
Netter Nebeneffekt: An ihr können zum Schluß ganz einfach die Sockelleisten befestigt werden.

Für die gesamte Konstruktion gilt was auch für eine nachträglich eingebaute Innendämmung gilt:
Der gesamte Wandaufbau muss hohlraumfrei, diffusionsoffen und kapillar leitfähig sein, bzw. werden, damit eindringende (Luf-)Feuchtigkeit und evtl. im Gefüge ausfallendes Kondensat (Tauwasser) schnellstmöglich nach innen UND außen ausgeleitet werden kann.
D. h., der gesamte Wandaufbau sollte (muss) mittels hygrothermischer Berechnung so berechnet werden, dass die Tauwasserzone möglichst weit außen liegt und das evtl. anfallende Tauwasser in dauerhaft unschädlichen Mengen bleibt, die aus der Wand raus trocknen, bevor das Holz, bzw. die organischen Bestandteile anfangen zu verrotten und/oder Pilze keimen.
Deshalb verbietet sich auch eine (die kapillare Leitfähigkeit unterbrechende) Folie zwischen den "Schichten".

Zur hohlraumfreien Innendämmung könnte eine sehr leichte Kork- od. Stroh- od. Blähton- od. Holzhackschnitzel-Leichtlehmmischung verwendet werden, die hinter eine mit breitem Fugenabstand auf die Rahmenkonstruktion montierte Schalung aus sägerauen Bretter eingebaut wird. Die raue Bretterschalung gibt dem nachfolgenden Putz eine bessere Haftung als eine glatte OSB-Beplankung.
Die Beplankung sollte in die hygrothermische Berechnung des Wandaufbaus einbezogen werden.

In der Planung der Konstruktion der Innenschale sollte rechtzeitig der Einbau der Kastenfenster, d. h., die Dämmung, Be-/Entlüftung und evtl. leichte Temperierung des Zwischenraums zwischen den Fenster bedacht werden. Nicht dass da am Ende Kondensatprobleme auftreten.

Wenn auf die Innenschale eine Wandflächenheizung montiert wird, hilft diese mit, die Außenwände trocken zu halten.

Gruß,
KH
 
Sehr geehrter Beitraggeber (KHH), vielen Dank für das Feedback. Der Sockel, auf dem das historische Fachwerk stehen wird, ist insgesamt 90 cm hoch, das Spritzwasser wird hier sicher kein Problem werden. Wir mussten das Gebäude auf den höheren Sockel stellen, da sonst die Raumhöhen nicht akzeptabel waren. Die Decke im EG wird dann auch etwas abgesenkt. Der Überstand der Schwellen zum Sockel ist auch eingeplant, so dass hier eine Tropfkante vorhanden ist.
Wie wäre denn folgende Vorgehensweise zu bewerten:
Aufstellen des neuen Holzrahmenbaus aus KVH, innenseitig mit OSB beplankt. Anschließend einbringen einer Dämmung in die KVH Ebene und Aufbringen einer Schalung (Nadelholz, sägerauh) auf dieser Außenseite. Nach Abschluss kann das originale Fachwerk in klassischer Verbindungstechnik wieder errichtet werden. (Uns ist klar, dass hier beim Zusammenbau einiges kniffelig werden wird, besonders zum Abschluss des Rähms oben. Hier haben wir aber schon eine Zapfenstärke Luft eingeplant. Da das Fachwerk komplett zerlegt wurde, sind bereits sämtliche Reparaturmaßnahmen ausgeführt worden.)
Anschließend würden wir Dreikantleisten montieren und die Leichtlehmsteine einbauen bzw. die noch vorhandenen Eichenstaken wieder einbringen. Sofern eine Gefachreihe von unten her erstellt ist, könnte der Zwischenraum von oben aus mit einem entsprechenden Dämmstoff z.B. Kork, Blähton verfüllt werden. Und dann käme die nächste Ebene.

Ganz wichtig ist noch zu erwähnen, dass das Gebäude vorerst als Restauratorenwerkstatt genutzt werden soll, eine komplette Heizung, beispielsweise Wandheizung ist erst einmal nicht geplant. Wir hatten vorgesehen, das Fachwerkhaus zu einem späteren Zeitpunkt (in etwa 20 Jahren) in ein Wohnhaus umzunutzen.
Freundlichen Gruß
 
Wie wäre denn folgende Vorgehensweise zu bewerten:
Wenn Sie anscheinend an der bauphysikalisch kritischen Bauweise festhalten wollen, kann ich nur noch raten, lassen Sie sich am Besten von einem versierten Energieberater, Bauphysiker, o. ä. individuelle hygrothermische Simulationen zu ihrem angedachten Wandaufbau erstellen, in denen die Schwachstellen und mögliche Wandaufbauten analog zu Ihen Vorstellungen dargestellt werden.
Für den Bauantrag brauchen Sie sowieso einen Nachweis, dass mit dem geplanten Wandaufbau dem GEG entsprochen wird. Dieser kann dabei gleich mit erstellt werden.
Ganz wichtig ist noch zu erwähnen, dass das Gebäude vorerst als Restauratorenwerkstatt genutzt werden soll, eine komplette Heizung, beispielsweise Wandheizung ist erst einmal nicht geplant. Wir hatten vorgesehen, das Fachwerkhaus zu einem späteren Zeitpunkt (in etwa 20 Jahren) in ein Wohnhaus umzunutzen.
Sollten Sie jetzt den Bauantrag nur für ein unbeheiztes Nebengebäude stellen, müssen Sie "in etwa 20 Jahren" eine Nutzungsänderung (als Wohnhaus) beantragen. Mit den dann geltenden Bedingungen.... die mit Sicherheit nicht einfacher werden.
 
Ich würde:
Holzrahmenbau aus KVH aufstellen
innenseitig mit OSB beplanken
außenseitig aufbringen einer HWF Unterdeckplatte mit Nut+Feder (Winddichtung)
Dämmung in Rahmenbau einblasen
originale Fachwerk aufstellen
Gefache ausmauern und Hohlraum zwischen HWF und Ausmauerung mit Lehm verfüllen
Gefache verputzen.
 
Für den Bauantrag brauchen Sie sowieso einen Nachweis, dass mit dem geplanten Wandaufbau dem GEG entsprochen wird
Zumindest in Bayern will im vereinfachten Genehmigungsverfahren niemand einen bautechnischen Nachweis sehen. Wenn überhaupt ist lediglich eine Erfüllungsbestätigung des Nachweiserstellers vorzulegen. Und ob so eine Bestätigung das Papier wert ist, auf das sie gedruckt wurde, sei dahingestellt.

Wenn Sie anscheinend an der bauphysikalisch kritischen Bauweise festhalten wollen
Ich nehme stark an, die von dir kritisch gesehene OSB-Beplankung ist hinsichtlich Standsicherheitsnachweis unverzichtbarer Bestandteils des Holzrahmenbaus...
 
Ich nehme stark an, die von dir kritisch gesehene OSB-Beplankung ist hinsichtlich Standsicherheitsnachweis unverzichtbarer Bestandteils des Holzrahmenbaus...
Nein. Wenn die OSB zur raumseitigen Beplankung verwendet wird, wirkt sie ja eher wie eine Dampfbremse. Das sehe ich unkritisch. Würde ich evtl. genauso machen.
Ich sehe das Risiko ganz praktisch in der generellen Vorgehensweise.
Das alte Fachwerk ist nicht nur schief und krumm, es ist auch viel kleinteiliger. Beim Aufbau gibt es Situationen in denen 2-3 Balken gleichzeitig zusammengesetzt werden und die Zapfen die Schlitze rutschen müssen. Da kommt immer wieder mal der Vorschlaghammer zum Einsatz. Da ist man froh wenn man von beiden Seiten ran kommt.
Wenn man den neuen Rahmenbau zuerst aufstellt, stört der nur. Erst recht, wenn dessen Flächen/Wände schon komplett zu sind und man von innen nicht mal mehr durch greifen/arbeiten kann.
Zweitens wäre mir das Risiko, dass nachher beim Befüllen des Zwischenraums zwischen altem Fw und neuem Rahmenbau irgendwo Hohlräume bleiben, zu hoch.

Ich finde, dass so das Pferd von hinten aufgezäumt wird. Umgekehrt wäre viel einfacher.
Zumal ich mich frage wozu die neue, innere Rahmenkonstruktion eine Beplankung auf der Außenseite braucht. Aussteifung geht auch anders.
Der Themenstarter hat halt auch noch keinen Grund genannt.

Gruß,
KH
 
Thema: Historisches Außenfachwerk vor Holzrahmenbau wieder aufbauen

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