Feldsteinhaus bauen

Diskutiere Feldsteinhaus bauen im Forum Statik, Aufbau & Konstruktion im Bereich - Hallöchen allerseits, ich hab da mal die ein oder andere Frage zum Bauen eines Feldsteinhauses. In der Region, in die ich ziehen möchte, gibt es...
Langsam setzt Vernunft ein...

Ohh, danke schön für die vielen Bilder. Die Maurer hatten früher tatsächlich ne Menge auf'm Kasten. Vor allem bei dem letzten Bild sieht es aus, als hätten die gar kein Mörtel verwendet. Alles so dicht an dicht. Klasse. Trockenbaumauern gab es doch auch soweit ich mich entsinne, allerdings bestimmt nicht für Gebäude.
So ein Haus selbst zu bauen ist vermutlich eine Lebensaufgabe. Allerdings reizt mich der Gedanke trotz der vielen Arbeit nach wie vor bis hin zur Euphorie. Nun ist es wahrscheinlich wirklich vernünftiger (vielen dank Udo ;-) ) sich ein bereits bestehendes Häuschen zu suchen, bevor das auch verfällt. Wenn solch ein Projekt nicht ein gewisses Maß an Finanzen bedürfte, würde ich von heute auf morgen mit der Autoschrauberei aufhören und mich nur noch Haus und Hof widmen... Hach...

Dennoch hätte ich gerne auf einige meiner vielen Fragen (und ich habe noch etliche auf Lager) Antworten. Es wäre klasse, wenn ihr die mal unabhängig von meinem Vorhaben beantworten könntet.

Bis dahin viele Grüße und bis in einer Woche( da ist mein Urlaub vorbei)
Eliz
 
Feldsteinhaus

Vielleicht sahen die genannten Klöster früher, als Sie noch neu waren, ja so wie auf dem obigen Foto aus?
Das Bild zeigt ein Profangebäude aus der Gotik (der graue Hof in Aschersleben), Bruchsteinmauerwerk, mit Putz.

Das Mauerwerk des Zisterzienserklosters ist übrigens kein Feldsteinmauerwerk, sondern Bruchsteinmauerwerk bzw. hammerrechtes Schichtenmauerwerk.
Die Verbandsregeln, die heute noch in der DIN 1053 unter Punkt 6.2. stehen, wurden dort penibel eingehalten.
Die Lagerfugen sind in der Regel waagerecht, es gibt in regelmäßigen Abständen Ausgleichsschichten...

Viele Grüße
 
@ Georg

Danke für die fachlichen Erläuterungen! Daß die verwendeten Feldsteine bearbeitet sind, war mir klar, daß es dann aber nicht mehr Feldsteinmauerwerk heißt, bisher nicht.

Ob die Kirche verputzt war, kann ich nicht sagen - ich vermute eher nicht, da die Zisterzienser ganz ausdrücklich einfach und "arm" gebaut haben (Kapitellverzierungen waren beispielsweise anfangs verpönt).

Alle jüngeren Gebäude in Zinna waren aus Backsteinen errichtet - und dienten seit dem 18. Jh. als Steinbruch. Die Kirche, das Gästehaus und die Abtei blieben glücklicherweise stehen.

Ach ja, nochmals zu meiner Frage: wie war der Mörtel im 12./13. Jh. zusammengesetzt?

Gruß, franz.
 
Feldsteinhaus

Das mit dem Mörtel ist eine spannende Sache und nicht so schnell zu erklären.
Die Qualität reichte damals von einem Hauch Kalk, der in den lehmigen Mörtel gemischt wurde, über Gips- gipshaltige Kalkmörtel zum hochwertigen Kalkspatzenmörtel.
Wenn einfache Bürger oder Bauern bauten, konnten Sie sich keine qualifizierten Handwerker oder teures Material leisten.
Bruchsteinwände waren außen mit Kalk, die Füllung mit Gips oder Lehm gemauert.
Manchmal hatten Städte eigene Kalkbrennöfen oder auf dem Land verdiente sich ein Bauer etwas im Winter mit Kalkbrennen dazu. Ansonsten war die Beschaffung von Branntkalk schon ein Problem.
Bauhandwerker waren damals in Zünften streng organisiert und wurden zu Großprojekten des Adels oder des Klerus geholt.
Gerade die Mönchsorden waren im Besitz des Fachwissens, viele Baumeister waren Ordensbrüder.
Bleiben wir beim Bau eines Klosters oder einer Kirche:
Man holte sich dazu die entsprechenden Fachleute von anderen Klöstern oder Laien- Handwerker, oft wurden die dann praktischerweise Ordensbrüder.
Die Mörtelbereitung war ein anerkannter Beruf, die Mörtelreiber oder -schläger arbeiteten Hand in Hand mit den Maurern.
Alles zum Bau Notwendige wurde auf bzw. in der Nähe der Baustelle produziert, so auch der Branntkalk, für den Brennöfen gebaut wurden.
Der gewonnene Branntkalk wurde in zwei Arten verarbeitet:
Einmal gesumpft, um Fettkalk zum Putzen und Malern zu gewinnen.
Dazu wurden Gruben ausgehoben, davor stand eine Art schräger Tisch mit Seitenbrettern, die Kalkbank. der Stückkalk wurde auf der Bank mit Wasserzugebe und reiner Art Rechen gerieben und zerteilt, die entstehende Kalkmilch floß in die Grube.
Zum Mauern wurde der Kalk trocken gelöscht.
Man nahm erdfeuchten scharfen Gruben- oder Flußsand, der mit in kleine Stücke zerschlagenem Branntkalk schichtweise vermengt und aufgehäuft wurde. Wasser wurde kontrolliert in kleinen Mengen zugegeben. So konnte man die Löschtemperatur kontrollieren. Zu wenig Wasser auf zuviel Kalk- der Kalk verbrannte statt zu löschen. Zu viel Wasser- der Kalk ersoff und wurde körnig.
Der Sand kühlte die mit wenig Wasser löschenden Kalkbrocken und verhinderte das Verbrennen. Das Gemisch wurde entnommen und auf der Kalkbank "gerieben", also gemischt unter Zerteilung der Löschkalkstücken. Es entstand ein erdfeucht bis steifer Kalkmörtel.
Das erforderte Erfahrung, Geschick und war nicht ungefährlich. Der Vorteil des trockelöschens war, das bei höheen Brenntemperaturen auch hydraulische kalke vermauert werden konnten. Das war bei massiven mauern, also im Festungsbau, erwünscht.
Beim Nasslöschen waren hydraulische Anteile im Kalk schädlich.
In Guedelon wird Kalkpulver statt Stückkalk verwendet.

Der steife Kalkmörtel war erforderlich, um mit den schweren, nicht saugenden Natursteinen überhaupt mauern zu können. Jeder Maurer kennt das, wenn schwach saugende Steine im Mörtel zu "schwimmen" beginnen. Bei geneigten, schrägen, polygonalen Lagerfugen wie bei Feldsteinen oder wenig bearbeiteten Bruchsteinen wanderten die Steine aus.
Durch die Art der fast trockenen Löschung blieben ungelöschte Teilchen im Mörtel, die sog. "Kalkspatzen"
Bei massiven Mauern war das kein Nachteil, sie löschten im Laufe der Zeit nach und versorgten den Mörtel mit einem Calcitüberschuß.Treiberscheinungen spielten keine Rolle.
So wurden ausgewaschene Mineralien ergänzt, und Risse oder Fehlstellen sinterten aus.
In Guedelon sieht man sehr schön die weißen Fahnen auswaschenden Kalkhydrates an den Wänden.
Ich stelle dazu einige Bilder ein.
Die Frage, warum im Mittelalter nicht mit hydraulischen Mörteln im Hochbau gearbeitet wurde, beschäftigt mich übrigens schon eine Weile.
Ein Grund ist auf jeden Fall die Massigkeit der Mauern und die Verwendung von Gewölben. Der verformungsweiche Kalkmörtel, der noch Jahre nachcarbonatisierte, ermöglichte eine gleihmäßige Spannungsverteilung, es entstand eine Art Spannungsgleichgewicht.
Wer sich gotische Kathedralen mit ihren Säulenreihen und Gewölben einmal genauer ansieht, wird bei vielen Hauptschiffen sehen, das die Säulen durch den Gewölbeschub oben weiter auseinanderstehen als unten. Starre Säulen wären gebrochen. Dieses weiche, in Grenzen elastische System kann auch Erschütterungen erstaunlich gut verkraften.
Auch dazu ein Bild von einem Kreuzgang mit nach außen kippenden Säulen.

Die oft gehörten Geschichten über Eiweißzugaben zum Kalkmörtel sind nur zum Teil war. Beim Mauerwerk wurde sowas sicher nicht eingesetzt, wohl aber beim Verputz und Anstrichen.
Man kann sich vorstellen wieviel Eier draufgingen, wenn eine Kirche neu ausgemalt wurde. Davon haben arme Leute, die sich kaum ein Ei zum Essen leisten konnten, noch lange erzählt.
In Dittfurt (Harz) wohnten die "Geelbeene" die Gelbbeine. Der Nahme sollte von der Mörtelbereitung stammen, bei dem Eier samt Schale mit den Füßen zerstampft und in den Mörtel gegeben wurden.

Viele Grüße
 
Wir selber haben ein Feldsteinhaus in der Calauer Schweiz.
Es ist 200 Jahre alt und in Top Zustand.
Unsere Zimmerdecken sind aus Lehm. Die Hausecken und Trennwende aus Ziegeln , sonst alles aus Feldstein.
In den Lehmdecken ist auch Stroh mit verarbeitet.

Das zitierte Buch " Der Maurer" ist noch im Handel:


Opderbecke, Adolf : Der Maurer .

Umfassend die Gebäudemauern, den Schutz der Gebäudemauern und Fußböden gegen Bodenfeuchtigkeit, die Decken, die Konstruktion und das Verankern der Gesimse, die Fußböden, die Putz- und Fugearbeiten, die Wiederherstellungs- und Umbauarbeiten . Für den Schulgebrauch und die Baupraxis
Repr. d. Ausg. v. 1910. 338 S. m. 808 Abb., Beil.: 23 Bildtaf. . 24,5 cm .

978-3-8262-1504-9
- Reprint-Verlag-Leipzig - 19.95 EUR

Gruß Ines
 
endlich gefunden!

das also ist das gesuchte feldsteinmauerwerk, wie georg bestätigt. hier ein foto zum vergleichen mit den anderen mauerwerken: teil der bregenzer stadtmauer.
 
Bruchsteinhäuser

Was mich immer noch verwundert: wie lange noch solche Häuuser im ländlichen Raum bei uns gebaut wurden.

Wenn ich bedenke, welche Massen allein für ein kleines Haus von 16x6 Metern verbaut werden mussten und was für eine Puzzlearbeit das gewesen sein muss, dann frag ich mich immer noch, wie haben die das damals bloss gemacht?

Bei unserm Haus sind das allein locker 400 Tonnen Material, mit Lehm vermauert, nix Kalkmörtel. Ich schätze das Haus auf ca 150 Jahre.
Die Steine sind sehr lokaler Herkunft. denn nur de rHügel an dem es gebaut ist, besteht aus diesem Kalkstein.

Ich versteh schon: Ziegel waren sehr teuer und Arbeitskraft war billig.... aber trotzdem, kaum zu glauben.

Ich finde diese ganze Historie sehr interessant. Weiss jemand, wo man z.B. eruieren kann, wie lange Ziegel im sog. Donaumonarchieformat hergestellt wurden? Meines wissens nach wurde auch in Österreich schon lange vor dem Ende der Monarchie auf das moderne Format umgestellt....
 
Thema: Feldsteinhaus bauen
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