Feldsteinhaus
Das mit dem Mörtel ist eine spannende Sache und nicht so schnell zu erklären.
Die Qualität reichte damals von einem Hauch Kalk, der in den lehmigen Mörtel gemischt wurde, über Gips- gipshaltige Kalkmörtel zum hochwertigen Kalkspatzenmörtel.
Wenn einfache Bürger oder Bauern bauten, konnten Sie sich keine qualifizierten Handwerker oder teures Material leisten.
Bruchsteinwände waren außen mit Kalk, die Füllung mit Gips oder Lehm gemauert.
Manchmal hatten Städte eigene Kalkbrennöfen oder auf dem Land verdiente sich ein Bauer etwas im Winter mit Kalkbrennen dazu. Ansonsten war die Beschaffung von Branntkalk schon ein Problem.
Bauhandwerker waren damals in Zünften streng organisiert und wurden zu Großprojekten des Adels oder des Klerus geholt.
Gerade die Mönchsorden waren im Besitz des Fachwissens, viele Baumeister waren Ordensbrüder.
Bleiben wir beim Bau eines Klosters oder einer Kirche:
Man holte sich dazu die entsprechenden Fachleute von anderen Klöstern oder Laien- Handwerker, oft wurden die dann praktischerweise Ordensbrüder.
Die Mörtelbereitung war ein anerkannter Beruf, die Mörtelreiber oder -schläger arbeiteten Hand in Hand mit den Maurern.
Alles zum Bau Notwendige wurde auf bzw. in der Nähe der Baustelle produziert, so auch der Branntkalk, für den Brennöfen gebaut wurden.
Der gewonnene Branntkalk wurde in zwei Arten verarbeitet:
Einmal gesumpft, um Fettkalk zum Putzen und Malern zu gewinnen.
Dazu wurden Gruben ausgehoben, davor stand eine Art schräger Tisch mit Seitenbrettern, die Kalkbank. der Stückkalk wurde auf der Bank mit Wasserzugebe und reiner Art Rechen gerieben und zerteilt, die entstehende Kalkmilch floß in die Grube.
Zum Mauern wurde der Kalk trocken gelöscht.
Man nahm erdfeuchten scharfen Gruben- oder Flußsand, der mit in kleine Stücke zerschlagenem Branntkalk schichtweise vermengt und aufgehäuft wurde. Wasser wurde kontrolliert in kleinen Mengen zugegeben. So konnte man die Löschtemperatur kontrollieren. Zu wenig Wasser auf zuviel Kalk- der Kalk verbrannte statt zu löschen. Zu viel Wasser- der Kalk ersoff und wurde körnig.
Der Sand kühlte die mit wenig Wasser löschenden Kalkbrocken und verhinderte das Verbrennen. Das Gemisch wurde entnommen und auf der Kalkbank "gerieben", also gemischt unter Zerteilung der Löschkalkstücken. Es entstand ein erdfeucht bis steifer Kalkmörtel.
Das erforderte Erfahrung, Geschick und war nicht ungefährlich. Der Vorteil des trockelöschens war, das bei höheen Brenntemperaturen auch hydraulische kalke vermauert werden konnten. Das war bei massiven mauern, also im Festungsbau, erwünscht.
Beim Nasslöschen waren hydraulische Anteile im Kalk schädlich.
In Guedelon wird Kalkpulver statt Stückkalk verwendet.
Der steife Kalkmörtel war erforderlich, um mit den schweren, nicht saugenden Natursteinen überhaupt mauern zu können. Jeder Maurer kennt das, wenn schwach saugende Steine im Mörtel zu "schwimmen" beginnen. Bei geneigten, schrägen, polygonalen Lagerfugen wie bei Feldsteinen oder wenig bearbeiteten Bruchsteinen wanderten die Steine aus.
Durch die Art der fast trockenen Löschung blieben ungelöschte Teilchen im Mörtel, die sog. "Kalkspatzen"
Bei massiven Mauern war das kein Nachteil, sie löschten im Laufe der Zeit nach und versorgten den Mörtel mit einem Calcitüberschuß.Treiberscheinungen spielten keine Rolle.
So wurden ausgewaschene Mineralien ergänzt, und Risse oder Fehlstellen sinterten aus.
In Guedelon sieht man sehr schön die weißen Fahnen auswaschenden Kalkhydrates an den Wänden.
Ich stelle dazu einige Bilder ein.
Die Frage, warum im Mittelalter nicht mit hydraulischen Mörteln im Hochbau gearbeitet wurde, beschäftigt mich übrigens schon eine Weile.
Ein Grund ist auf jeden Fall die Massigkeit der Mauern und die Verwendung von Gewölben. Der verformungsweiche Kalkmörtel, der noch Jahre nachcarbonatisierte, ermöglichte eine gleihmäßige Spannungsverteilung, es entstand eine Art Spannungsgleichgewicht.
Wer sich gotische Kathedralen mit ihren Säulenreihen und Gewölben einmal genauer ansieht, wird bei vielen Hauptschiffen sehen, das die Säulen durch den Gewölbeschub oben weiter auseinanderstehen als unten. Starre Säulen wären gebrochen. Dieses weiche, in Grenzen elastische System kann auch Erschütterungen erstaunlich gut verkraften.
Auch dazu ein Bild von einem Kreuzgang mit nach außen kippenden Säulen.
Die oft gehörten Geschichten über Eiweißzugaben zum Kalkmörtel sind nur zum Teil war. Beim Mauerwerk wurde sowas sicher nicht eingesetzt, wohl aber beim Verputz und Anstrichen.
Man kann sich vorstellen wieviel Eier draufgingen, wenn eine Kirche neu ausgemalt wurde. Davon haben arme Leute, die sich kaum ein Ei zum Essen leisten konnten, noch lange erzählt.
In Dittfurt (Harz) wohnten die "Geelbeene" die Gelbbeine. Der Nahme sollte von der Mörtelbereitung stammen, bei dem Eier samt Schale mit den Füßen zerstampft und in den Mörtel gegeben wurden.
Viele Grüße