eigentlich wollte ich jetzt ins bett gehen,
hab "nur mal eben" noch ins fachwerk-forum geschaut und da sprang mich dieser thread hier so an ;-)
ich mache mir zur zeit ziemlich viele gedanken darüber, wie ich mich im fachwerkhaus eigentlich so fühle.
eine direkt antwort kann ich irgendwie nicht geben.
wir haben unser haus (baujahr um 1600) vor 14 jahren völlig ahnungslos und blauäugig gekauft und einfach mal "angefangen". beratung holten wir uns von befreundeten jungen handwerkern , die eben auch nur die standardlösungen kannten. wenn es damals schon das internet gegeben hätte, wäre mit sicherheit vieles anders gelaufen.
wir haben einige fehler gemacht, falsche baustoffe benutzt, renovierung der innenräume unter zeitdruck nach schema f und nach den angeboten des baumarktes ausgeführt.
in der anfangfszeit war das wohnen im eigenen haus natürlich obergenial und schön, wir hatten mehr raum , als wir zu zweit brauchen konnten.
mein angeborener sammeltrieb wurde voll ausgelebt und ich hortete alte möbel, altes werkzeug, altes spielzeug, alte schmiedearbeiten und und und....
im laufe der zeit zogen drei kleine mitbewohner ein, die ebenfalls raum für sich beanspruchten ;-)
allmählich bemerkten wir, dass unsere wohnsituation gar nicht so toll war, dass auch das "wohnklima" nicht in allen räumen so optimal war.
wir begannen, uns etwas systematischer informationen zu beschaffen, kurse zu besuchen und mussten feststellen, dass wir teilweise grobe fehler gemacht hatten, was die wahl von baustoffen usw. anging.
gleichzeitig wurde deutlich, dass wir einige größere schäden am ständerwerk hatten . das haus war bis dahin verputzt und wir begannen seite für seite mit der freilegung und renovierung des fachwerks.
parallel dazu wurden die innenräume zum zweiten mal einer renovierung unterzogen, diesmal mit den passenderen baustoffen lehm, kalkputz etc.
mit dem dritten kind kam die notwendigkeit auf, den bis dahin nur als lagerraum genutzten dachboden auszubauen.
so wurschtelten wir eigentlich die ganzen jahre immer an irgendetwas herum, hier war/ist einfach permanent baustelle.
die fassade ist noch immer nicht ganz fertig, aber in diesem frühjahr hatten mein mann und ich echt den totalen durchhänger, einfach keine lust mehr auf bau.
der enthusiasmus ist uns in den letzten 14 jahren irgendwie abhanden gekommen.
wir haben kurzerhand unser (holz)-baugerüst verkauft und beschlossen, die letzte fassadenseite jetzt einfach mal so zu lassen, wie sie ist und in 2-3 jahren von einer firma fertigstellen zu lassen. es geht einfach nicht mehr !
dsas einzige, was wir noch machen wollten, war der einbau einer edelstahl-horizontalsperre in den aus ziegeln gemauerten keller, weil die feuchtigkeit mittlerweile bis in die wohnräume darüber steigt.
kaum hatten wir diesen entschluss gefasst, tat sich die nächste "grube" auf.
das dach unseres nebengebäudes ist völlig undicht und morsch, man könnte sagen, es besteht einsturzgefahr, die wände sind feucht wie sonstwas.
alle verfügbaren mittel müssen jetzt in die "rettung" unseres stalles gesteckt werden.
hört das denn nie auf - SEUFZ!
so, jetzt hab ich genug gejammert, jetzt mal zu den positiven seiten :
das raumklima ist angenehm, im sommer kühl, im winter warm, wir haben keine schimmelecken oder sonstwas (außer in besagtem raum über dem ziegelkeller). die heizkosten sind völlig durchschnittlich, ein niedrig-energie-haus haben wir natürlich nicht.
das subjektive "wohlfühlen" in unseren räumen wird uns immer dann bewusst, wenn die besucher gar nicht mehr gehen wollen ;-)
die meisten bleiben in der küche kleben ("hach, das ist ja wie bei meiner oma früher"), im wohnzimmer hocken aber auch oft genug 10 personen um den großen esstisch.
gerade die neubaubewohner sind begeistert.
im sommer leben wir mehr oder weniger draußen. durch die dichte bebauung im alten ortskern sind wir von scheunen und nachbarhäusern umgeben, mittendrin ist unsere grüne hinterhof-und-garten-idylle. die temperaturen sind viel angenehmer als im platten neubaugebiet, wo noch kein baum und strauch wächst.
bei uns machen die vielen vögel einen solchen lärm, dass ich frühmorgens oft die fenster schließen muss, um noch ein bißchen schlafen zu können. abends bewundern wir die fledermäuse bei ihren jagdflügen. mäuse, igel, eichhörnchen und frösche huschen durch unseren garten.wenn wir lange genug aufbleiben, sehen wir das eulenpaar aus der scheune des nachbarn fliegen. (mittlerweile vermutlich die urenkelgeneration).
unsere kinder können noch auf der straße das fahradfahren lernen oder dieselbe mit kreide bemalen. die nachbarn interessieren sich für alles und jeden, sind dabei herzlich und freundlich.
gesundheitlich : im hochhaus, in dem wir früher wohnten, erkrankte ich an asthma. ich hoffte darauf, dass es im neuen/alten haus besser wird, aber anfangs verschlechterte es sich sogar. erst nach der zweiten renovierungswelle und dem wechsel zu ursprünglichen baustoffen zeigte sich eine deutliche besserung, die bis heute anhält !
allerdings hat unser mittlerer sprössling auch asthma und der wohnt von anfang an in gesunden materialien......ein allheilmittel sind lehm, kalk und co offensichtlich nicht.
gerade in den letzten tagen haben wir ausgesprochen, was wir früher nur insgeheim dachten....vielleicht hätten wir mit einem anderen (jüngeren?) haus mehr glück und weniger arbeit gehabt.
vielleicht, vielleicht auch nicht ?
bekannte von uns, die in neubauten wohnen, haben auch alle irgendwelche probleme und verbesserungswünsche.
und wenn sie sich keine gedanken um das haus machen, dann halt um andere dinge.
vieles ist nicht optimal, vieles dagegen auch sehr schön.
ich hoffe immer noch auf den tag, an dem wir "fertig" sind.
ob der jemals kommen wird ?
aber vielleicht bin ich dann auch nicht zufrieden ;-)
uff, das wurde ja ein ganzer roman, das brauchte ich jetzt aber mal.....
Grüße von der nachdenklichen Claudia