Das Licht in Säcken ins Haus tragen?
Hallo Fam. Weiß,
außer steuerlichem Vorteil dürfen Sie zur Zeit wohl auf keine Zuwendungen seitens der Behörden hoffen.
Charta von Venedig hin oder her: Ich gebe mal sinngemäß wieder, wie schön mir das mal eine Dame des Hessischen Landesamtes für Denkmalpflege dargelegt hat: Viele historische Gebäude erfahren im Laufe der Zeit Umbauten, Erweiterungen, Verkleidungen ...
Wenn nun z. B. eine Instandsetzung eines 400 Jahre alten Gebäudes geplant ist, welchen Zustand soll man also wieder herstellen? Den Urzustand? den von 1700, 1800, 1900?
Nein, wer soll das denn bestimmen? Einem jeden historischen Gebäude sollen die Veränderungen der Zeit angesehen werden und nur in seltenen Fallen werden wohl die Biedermeier- oder Gründerzeiteinbauten aus einem Barockhaus entfernt. Die zeitgeschichtlichen Umbauten und Veränderungen stehen genauso unter Schutz wie die ursprünglichen Bauteile.
Jetzt kommt das schwierige Geschäft für den Denkmalschützer: Als Eigentümer eines denkmalgeschützten Gebäudes habe ich doch ein originäres Interesse an dessen Erhalt und vor allem Nutzung. Weshalb sollte ein weiterer, zeitgeschichtlicher Umbau untersagt werden nur weil ich die Nutzung des Gebäudes ändern will? Hier sind die Auffassungen unterschiedlich, doch vielen geht es da wie Ihnen: Wenn schon ein Umbau dann im Zeitgemäßen Gewand. Historisierende Erkerchen und Giebelchen werden Sie wohl kaum genehmigt bekommen.
Trotz allem: Auf Fenster würde ich nicht verzichten wollen und es auf alle Fälle weiter versuchen:
Je nachdem wie das Gebäude eingestuft ist – z.B. als Kulturdenkmal mit besonderem Wert, in der Denkmalliste eingetragen ist, Ortssatzungen, etc. – kann tatsächlich der Umbau des äußeren Erscheinungsbildes untersagt werden.
Wenn Ihnen allerdings ein Umbau mit modernen Stilmitteln bereits in Aussicht gestellt wird ist ein weiterer Versuch gewiss lohnenswert.
Denkmalschutzbehörden sind in BW wie folgt gegliedert:
- Innenministerium als oberste Denkmalschutzbehörde
- Regierungspräsidien als höhere Denkmalschutzbehörde
- untere Baurechtsbehörden als untere Denkmalschutzbehörde
Bei der höheren Denkmalschutzbehörde wird ein sog. "Denkmalrat" gebildet.
Zunächst sollten Ihre Vorstellungen von einem denkmalerfahrenen Architekten zu Papier gebracht werden. Den nehmen Sie mit und wenden sich an den Denkmalrat bzw. dessen Organe. Die Auffassungen zwischen unterer und höherer Denkmalbehörde liegen oft meilenweit auseinander – und dies noch von Ort zu Ort mit unterschiedlicher Auffassung. (Der eine betrachtet den Wiederaufbau der Frauenkirche in Dresden eben als historische Meisterleistung, ja ein Muss, andere hegen Gedanken, dass Geschehenes nicht ungeschehen gemacht werden kann und wieder andere denken an Disneyland)
Gruß aus Wiesbaden,
Christoph Kornmayer
P.S.: Interessant wäre gewiss auch der denkmalgemäße Ansatz des bisherigen Denkmalpflegers für einen denkmalgerechten zweiten Rettungsweg ohne Fenster.