"Rechtsgrundlage bei vier von fünf Bauverträgen rechtswidrig"

Diskutiere "Rechtsgrundlage bei vier von fünf Bauverträgen rechtswidrig" im Forum Sanierung allgemein im Bereich - Die meisten Verträge mit privaten Bauherren beruhen nach Einschätzung des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) auf einer rechtswidrigen...
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Die
meisten Verträge mit privaten Bauherren beruhen nach Einschätzung des
Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) auf einer rechtswidrigen Grundlage.
Das Landgericht Berlin verhandelte am 7.12. erstmals in einem Grundsatzverfahren,
das gravierende Auswirkungen auf die meisten privaten Bauvorhaben haben könnte.



Hintergrund ist eine Klage des vzbv gegen den Deutschen Vergabe-
und Vertragsausschuss (DVA), den Urheber der in der Baubranche als

VOB/B
bekannten Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B. In
dem Rechtsstreit geht es um die Anwendung der VOB/B auch bei privaten
Bauvorhaben. Weil es in Deutschland kein spezielles privates Bauvertragsrecht
gibt, wird in schätzungsweise 80 Prozent der privaten Bauprojekte dieses
Regelwerk herangezogen. Die VOB/B enthält zahlreiche Regelungen, die
unangemessene Benachteiligungen für Verbraucher bedeuten. Gleichzeitig
unterbindet der Gesetzgeber seit Jahrzehnten eine gerichtliche Überprüfung der
VOB/B. Der vzbv will mit seiner Klage gegen den DVA eine gerichtliche Klärung
herbeiführen, welche Teile der VOB/B bei privaten Bauverträgen unwirksam sind.



Die Anwendung der VOB/B für private Bauvorhaben hat ernsthafte
Folgen für die Bauherren:



  • Verkürzung der Verjährungsfrist:

    Das BGB gibt bei Mängeln am Bauwerk einen Fünf-Jahres-Schutz und nach einer
    Mängelbeseitigung weitere fünf Jahre. Die VOB/B gibt stattdessen vier und
    nach einer Mängelbeseitigung nur zwei Jahre.

     
  • Erschwerung der Vertragsbeendigung:

    Wird ein Mangel trotz Fristsetzung vom Unternehmer nicht beseitigt, können
    private Bauherren nach dem BGB den Vertrag beenden. Der VOB/B reicht
    Untätigkeit des Unternehmers nicht, sie fordert zusätzlich und vorab die
    Androhung der Kündigung des Vertrages.

     
  • Einschränkung von Hinweispflichten:

    Schweigen begründet keine Rechtsfolgen. Daher müssen nach dem BGB
    Unternehmer den Bauherren aktiv informieren, wenn die Abnahme einer
    Bauleistung auch ohne das ausdrückliche Einverständnis des Bauherrn erfolgen
    soll. Die VOB/B verzichtet auf diese Informationspflicht.

     
  • Irreführende Bauzeitangaben:

    Wer Bauzeiten nennt, muss sich auch daran halten. Die VOB/B sieht jedoch
    vor, dass Zeitangaben des Unternehmers zu Bauschritten in einem
    Bauzeitenplan nur verbindlich sind, wenn dies ausdrücklich vereinbart wird.

     
  • Intransparente Preisgestaltung:

    Private Bauherren brauchen Kostensicherheit und wo diese fehlt, müssen
    Unternehmen auf dieses Kostenrisiko hinweisen. So können etwa durch die
    Angabe eines Einheitspreises die Kosten am Ende deutlich höher ausfallen als
    erwartet. Eine Verpflichtung zur Kostentransparenz oder zum Hinweis auf
    mögliche Kostenrisiken für private Bauherren existiert in der VOB/B nicht.
Ein Erfolg des vzbv vor Gericht würde den Druck auf den
Gesetzgeber erhöhen, ein privates Bauvertragsrecht zu schaffen.



Vor dem Hintergrund des laufenden Rechtsstreits rief der vzbv
die Bundesregierung auf, die im Koalitionsvertrag angekündigte Schaffung eines
Bauvertragsrechts zügig in Angriff zu nehmen. "Die katastrophale Baukonjunktur
ist auch eine Folge der miserablen Absicherung privater Bauherren", sagte
vzbv-Vorstand Prof. Dr. Edda Müller. "Investieren muss sich wieder lohnen - wer
private Bauinvestitionen will, muss auch für ein vernünftiges Bauvertragsrecht
sorgen."



Als Kernbestandteile eines Bauvertragsrechts nannte der vzbv ...



  • eine gesetzliche Regelung zur Konkretheit und Detailliertheit von
    Baubeschreibungen bei Verträgen mit Generalunternehmern und Bauträgern,
  • ein gesetzlicher Zahlungsplan zur Festlegung zulässiger Ratenzahlungen
    auf den Gesamtbaupreis
  • eine gesetzliche Regelung zum Schutz privater Bauherren vor den
    wirtschaftlichen Folgen eines Konkurses des Bauunternehmens während der
    Bauzeit und für die Zeit der Mängelgewährleistung.
zur Erinnerung: Die VOB/B - das "Grundgesetz" des Baugewerbes



Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) wurde
für öffentliche Bauaufträge entwickelt und hat hier eine bis in das 19.
Jahrhundert zurückreichende Tradition. Ihr rechtlicher Teil B (VOB/B) wird auch
bei Verträgen mit privaten Bauherren angewendet. Die VOB/B wurde mehrfach
überarbeitet und fortgeschrieben, zuletzt im September 2002.



Geistiger Urheber und Verfasser der VOB/B ist der Deutsche
Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA), der organisatorisch beim
Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen angesiedelt ist. Im DVA
sind die Interessenvertretungen öffentlicher Auftraggeber und ihrer
Auftragnehmer vertreten.



Die VOB/B ist weder ein Gesetz noch eine Rechtsverordnung,
sondern ein vorformuliertes Vertragswerk. Solche unterliegen grundsätzlich einer
gesetzlichen Kontrolle, damit einseitig entwickelte Vertragsbedingungen nicht zu
Lasten des Vertragspartners gehen. Von dieser gesetzlichen Kontrolle ist die
VOB/B jedoch seit 1977 durch Ausnahmebestimmungen im BGB und eine hierauf
aufbauende Rechtsprechung freigestellt - dies ist nach Einschätzung des vzbv in
Widerspruch zur EU-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in
Verbraucherverträgen.



Durch diesen kontrollfreien Raum wird der DVA, ohne
Gesetzgebungskompetenz zu haben, zum Quasi-Gesetzgeber.



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