Innenputz
Hallo Susanne,
mittlerweile müsste es sich herumgesprochen haben das wir in zwei verschiedenen Welten leben, da ist einmal der "appetizing space, " die schöne heile Welt der Werbung und dann der "dark space", die Realität.
So ist es auch mit dem Innenputz.
Nehmen wir als Beispiel Gräfix:
A) Werbung
Da wird der Gräfix Grundputz mit allerlei wohltätigen Eigenschaften beworben, das Übliche halt und die meisten die das lesen denken natürlich das sei ein reiner Kalkputz. Komisch nur das im technischen Merkblatt (in der Werbung sowieso)nicht die Klassifizierung als PIa- Luftkalkputz- auftaucht. Im Kleingedruckten steht was von "verarbeitungsfördernden Zusätzen" Was denken Sie wohl was das sein kann?
Indirekt kann man sich das schon denken.
Es gibt einen weiteren Grundputz von Gräfix, diesmal mit dem Zusatz "Bio". Das klingt natürlich noch besser, dafür ist man bereit auch mehr auszugeben, es geht ja um die Gesundheit. Wenn Bio draufsteht ist es gesund, das wissen wir aus dem Supermarkt.
Dann kommen die üblichen Lobeshymmnen über Atmungsaktivität, allergiefrei, luftreinigend, feuchteregulierend, schimmelfrei... Eigenschaften die ALLE Innenputze mehr oder weniger haben, vielleicht nicht gerade reine Zementputze. Aber die benutzt niemand als Innenputz im Wohnbereich.
Und dann diese üblichen Vorteile was alles NICHT drin ist. Vieles davon in den meisten anderen Putzen auch nicht drin aber es macht sich natürlich gut. Das ist das Prinzip "alkohohlfreie Leberwurst". Der Metzger bewirbt sein Produkt mit einem Vorteil der gar keiner ist da es den Normalfall darstellt.
Immerhin wird hier die Sorte benannt: PIa, das heißt Luftkalkputz. Und dann wird die Zementfreiheit betont.
Aha.
Wieso wird beim normalen Grundputz diese Eigenschaft nicht betont?
Womit wir bei den Zusätzen wären.
Das zur Werbung oder sollte man besser den Begriff Gehirnwäsche benutzen?
B) Realität
Gräfix Grundputz ist wie alle anderen Werktrockenmörtel ein Produkt mit hohem qualitativem Standard. Das sichern zum einen die Prüfungs- und Zulassungskriterien des Staates und zum anderen die Selbstverpflichtung die sich die Hersteller über ihren Verband der Werktrockenmörtelhersteller selbst auferlegen. Gräfix, Hessler, Solubel, Knauf... alle sind sie mit dabei und achten peinlich darauf das die Konkurrenz sich keine unerlaubten Vorteile verschafft. Wenn Sie also ein Produkt einsetzen das die selbe Spezifikation nach DIN hat können Sie sich sicher sein das die Kriterien wie Druckfestigkeit, Hygroskopizität, Diffusionswiderstand... bei allen Produkten gleicher Klassifizierung eingehalten werden. Was sie unterscheidet sind leichte Unterschiede in der Verarbeitung, den Rohstoffen und anwendungsspezifische Unterschiede.
Für Putze sind folgende Eigenschaften wichtig:
Festigkeit (Druck- und Biegezugfestigkeit)
Wasseraufnahmefähigkeit
Diffusionsfähigkeit
Rohdichte
Warum eiern dann die Firmen in der Werbung so rum?
WEIL SIE ALS KUNDEN DAS SO WOLLEN.
Zur Zeit ist Zement was ganz böses (Gips ist auch böse), wehe wenn da was im Putz ist. Für die Qualität, den Preis und die Verarbeitungsfähigkeit sind hydraulisch abbindende Zusätze (Calcium- und Aluminiumsilikate) aber erforderlich. Das können sein bestimmte Zemente (es gibt ein paar Dutzend Zementsorten mit unterschiedlichen Eigenschaften),hydraulische Kalke oder latenthydraulische Zusätze wie Puzzolan oder Ziegelmehl.
Sie verbessern die Produkte, sie verschlechtern sie nicht. Warum sollten Hersteller kostensteigernde und eigenschaftsverschlechternde Zusätze verwenden? Aus reiner Bosheit? Diese Denkrichtungen fallen mehr unter die Kategorie Verschwörungstheorie.
Also eiern die Firmen in der Werbung rum.
Wenn der Trend plötzlich dahin gehen würde Kalk als unmodisch, uncool und schädlich anzusehen würden die Hersteller ebenfalls auf diese Kundenwünsche reagieren, sie wollen Geld verdienen. Die würden dann eben die Zugaben von Kalkhydrat versuchen zu verschleiern und mischen auch getrocknete Kamelköttel in den Putz wenn es verkaufsfördernd und gewinnsteigernd ist.
Ich habe jedenfalls keine ideologisch geprägten Vorurteile gegen Zement oder sonstwas im Putz, nur technische.
Wenn Sie sich mit der Auswahl von Materialien beschäftigen dann lesen Sie die technischen Merkblätter.
Aber: Das ist schon für einen Fachmann schwierig genug aus der großen Menge von verschiedenen Putzen sich für seine spezielle Anwendung den richtigen auszuwählen.
Bei einem einfachen Innenputz im Neubau und um Eigenschaften mit Werbeaussagen zu vergleichen ist das für einen Laien aber ein gangbarer und hilfreicher Weg.
GLAUBEN SIE NIEMALS DAS WAS IHNEN DIE HERSTELLERWERBUNG EINREDET!