30 Jahre nach Seveso - Sicherheitsstandards von Industrieanlagen weiter unzureichend

Diskutiere 30 Jahre nach Seveso - Sicherheitsstandards von Industrieanlagen weiter unzureichend im Forum Sanierung allgemein im Bereich - Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat anlässlich des 30-jährigen Jubiläums des Chemieunfalls in Seveso die...
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Der
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat anlässlich des
30-jährigen Jubiläums des Chemieunfalls in Seveso die Sicherheitsstandards für
Industrieanlagen kritisiert. Nach dem verheerenden Unglück in Italien seien zwar
die gesetzlichen Vorgaben erweitert worden, allerdings gäbe es erhebliche
Vollzugs- und Informationsdefizite. Die Behörden seien personell noch immer
nicht in der Lage, die große Anzahl der Anlagen wirksam zu kontrollieren.
Anwohner würden über Risiken und ihr Verhalten bei Notfällen zu wenig
aufgeklärt. Inakzeptabel sei auch, dass der Öffentlichkeit aufgrund angeblicher
Sicherheitsbedenken die Einsicht in die Liste der gefährlichen Betriebe verwehrt
werde. Zudem seien die europäischen Sicherheitsstandards für die meisten Anlagen
in Deutschland nicht anwendbar, da sie nur für Betriebe mit sehr hohen
Produktionsmengen von gefährlichen Chemikalien gelten würden.



Am 10.7.1976 wurde in der Ortschaft Seveso aus einem Reaktor des
Chemikalienherstellers ICMESA hochgiftiges Dioxin freigesetzt, in dessen Folge
Mensch und Umwelt weiträumig verseucht wurden.



Angelika Horster, BUND-Chemieexpertin und Vertreterin der
Umweltverbände in der Nationalen Kommission für Anlagensicherheit: "Immer wieder
heißt es bei Unfällen in Industrieanlagen, es gebe keine Gefahr für die
Nachbarschaft. Wer genaue Informationen über die in den Betrieben hergestellten
Chemikalien bekommen will, muss ein langwieriges Antragsverfahren durchlaufen.
Selbst bei Freisetzungen oder Bränden werden Stoffinformationen ganz oder
teilweise zurückgehalten. Oft weiß dann nicht einmal die Feuerwehr, was da
brennt oder freigesetzt wurde."



So habe es beispielsweise im Mai dieses Jahres in der Shell AG
in Köln einen Chemieunfall gegeben, in dessen Folge sich eine Wolke von
gesundheitsschädlichem Mercaptan gebildet hatte. Shell behauptete kurz nach dem
Unfall, bei den entwichenen Chemikalien handele es sich nicht um gefährliche
Substanzen. Die Wolke führte jedoch bei Schülern im 30 Kilometer entfernten
Lohmar zu starken Beschwerden, so dass diese im Krankenhaus behandelt werden
mussten.



Ein gravierendes Problem für den vorsorgenden Schutz vor
gefährlichen Chemikalien stelle zudem der Mangel an Daten über Zehntausende von
in der EU hergestellten Substanzen dar. Diese Lücke müsse dringend durch die
europäische Chemikalienreform REACH (Registrierung, Evaluierung, Autorisierung
von Chemikalien) geschlossen werden. Der derzeitige Gesetzentwurf verlange
jedoch auch künftig von den Herstellern keine ausreichenden Informationen über
Eigenschaften und Verwendung dieser Chemikalien. Der BUND fordert die deutschen
EU-Abgeordneten auf, den Entwurf nachzubessern.



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