VEA: Vattenfall-Preiskürzung kann nur ein Anfang sein

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Die Bundesnetzagentur hat am 6. Juni 2006 die erste Strom-Netzentgeltgenehmigung
nach §23a EnWG erteilt. Sie betrifft den Übertragungsnetzbetreiber Vattenfall
Europe Transmission GmbH (VET). Damit hat erstmals in Deutschland eine Prüfung
der Kosten der Stromübertragungsnetze auf der Grundlage des neuen
Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG, Gesetz über die Elektrizitäts- und
Gasversorgung) stattgefunden.



"Durch die Genehmigung werden die Netzentgelte der VET deutlich
gesenkt werden", erklärte Matthias Kurth, Präsident der Bundesnetzagentur.
Auswirkungen hat diese Netzentgeltabsenkung vor allem bei den an das VET-Netz
angeschlossenen Verteilnetzbetreibern, deren Vorkosten deutlich sinken werden
und deshalb bei ihnen zu niedrigeren Netzentgelten beitragen. Dies komme dann
den Verbrauchern zugute. "Grundlage der Genehmigung sind die Netzkosten. Von den
Ist-Kosten der VET im Jahr 2004, die die Basis für die Kalkulation der
Netzentgelte darstellen, hat die Bundesnetzagentur ca. 11,7 Prozent nicht
anerkannt", erläuterte Kurth die Entscheidung und ergänzt: "Bezogen auf die im
Antrag der VET angegebenen Kosten handelt es sich sogar um einen Abschlag in
Höhe von ca. 18 Prozent." Auf dieser Grundlage sind die beantragten Entgelte für
die Nutzung des Übertragungsnetzes gekürzt worden.



Kürzungen ergaben sich aus der Prüfung des Sachanlagevermögens
und der darauf aufbauenden Eigenkapitalverzinsung, der Kosten für die Veredelung
regenerativer Energien sowie der Kosten für Verlustenergie.



"Die von Anfang November 2005 bis Ende Juni 2006 vereinnahmten
überhöhten Netzentgeltanteile werden zugunsten der Netznutzer abgeschöpft
werden. Die Abschöpfung wird kostenmindernd in der nächsten Genehmigungsperiode
ab 1. Januar 2007 berücksichtigt werden", erklärte der Präsident.



Der Beschluss der Bundesnetzagentur ist von Gesetzes wegen
sofort vollziehbar. Vattenfall muss also die Entgeltgenehmigung bis zum 1. Juli.
2006 umsetzen. Die ausgesprochene Genehmigung ist bis zum 31. Dezember 2006
befristet. Mit der jetzigen Genehmigung werden grundlegende Weichen auch für die
übrigen Genehmigungsverfahren gestellt.



"Der Gesetzgeber erwartet von uns, dass wir nur effiziente
Kosten anerkennen, die sich auch im Wettbewerb einstellen würden. Die
Energienetze sind eine Monopolwelt, die keinem Wettbewerbsdruck unterliegt und
in der die Unternehmen in der Vergangenheit das Netzanlagevermögen weitgehend
frei bewerten konnten", erklärte Kurth. "In der jetzigen Prüfungsrunde konnten
wir nur einige, aber zentrale Prüfungsschwerpunkte bilden und sind dabei auf
nicht plausible Bewertungen und Kostenansätze gestoßen, die nach den Grundsätzen
von Gesetz und Verordnung nicht anerkennungsfähig sind", erläuterte der
Präsident das Verfahren und weist gleichwohl auf den Rechtsweg hin: "Wenn das
betroffene Unternehmen mit unserer Entscheidung nicht einverstanden sein sollte,
steht ihm selbstverständlich der Rechtsweg offen, und eine zügige Klärung der
Grundsatzfragen wird für unsere weitere Arbeit durchaus hilfreich sein können."



Während die Rechtsmittel ein legitimes und selbstverständliches
Instrument sind, das zu Klarheit und Rechtssicherheit beitragen kann, ist eine
diffuse Stimmungsmache, die Investitionsfähigkeit in der Stromnetzwirtschaft
könne beeinträchtigt werden, nicht akzeptabel. Überhöht angesetztes Vermögen und
nicht nachgewiesene Kosten können schon aus logischen Gründen nicht erforderlich
sein, um Investitionen in die Zukunft zu gewährleisten. Im Übrigen müssen alle
Unternehmen in den vergangenen Jahren nach dem auskömmlichen Prinzip der
Nettosubstanzerhaltung erhebliche Rücklagen gebildet haben für Ersatz- und
Erhaltungsinvestitionen. "Für Neuinvestitionen werden auskömmliche
Eigenkapitalrenditen anerkannt (7,91 Prozent Eigenkapitalverzinsung)", hob Kurth
hervor.



Die signifikanten Entgelterhöhungen der Strom- und Gaswirtschaft
auch für die Netze haben in den vergangenen Jahren bei der deutschen Industrie
und den privaten Verbrauchern erhebliche Kritik und Misstrauen hervorgerufen.
"Wenn wir jetzt mehr Transparenz und öffentliche Kontrolle schaffen, dann ist
das ein Beitrag zur Wiederherstellung eines beeinträchtigten Vertrauens. Die
Bundesnetzagentur versteht sich als Sachverwalter eines Ausgleichs zwischen
Nachfragern und Anbietern. Unser Ziel des fairen Interessenausgleichs sollte
daher nicht in Zweifel gezogen werden", betonte der Präsident der
Bundesnetzagentur.



Vattenfall Europe: "Bescheid der Bundesnetzagentur ist
rechtswidrig und wird vor Gericht keinen Bestand haben"




Vattenfall ist naturgemäß mit der Entscheidung der
Bundesnetzagentur nicht einverstanden: Der Beschluss würde dem Netzbetreiber die
wirtschaftliche Grundlage entziehen. Bezogen auf das Kalenderjahr bedeute dies
für den Übertragungsnetzbetreiber eine Ertragsreduzierung von 115 Millionen
Euro. Aus diesem Grund hat die Vattenfall Europe Transmission GmbH beschlossen,
Beschwerde gegen den Bescheid der Netzagentur einzulegen und alle nötigen
Rechtsmittel auszuschöpfen. "Wir haben keinen Zweifel daran, dass der
rechtswidrige Bescheid der Bundesnetzagentur vor Gericht keinen Bestand haben
wird", so Dr. Klaus Rauscher, Vorstandsvorsitzender der Vattenfall Europe AG.
Nach Auffassung von Vattenfall Europe seien die Kalkulationsmethoden der
Bundesnetzagentur weder sachgerecht noch wirtschaftlich akzeptabel. Dazu Mats
Fagerlund, Vorstand für den Bereich Netze der Vattenfall Europe AG: "Der
Bescheid ist nur auf einen kurzfristig populistischen Erfolg ausgerichtet. Ein
derartiges Verhalten haben wir von einer deutschen Behörde nicht erwartet."



Das Vorgehen der Bundesnetzagentur gefährde nach Ansicht von
Vattenfall nicht nur die Versorgungszuverlässigkeit in Deutschland, sondern
richte sich auch gegen die Interessen von Kunden und Gesetzgeber. Als führendes
europäisches Energieunternehmen sei Vattenfall Europe bestrebt, die
Verantwortung seines Übertragungsnetzbetreibers für die Systemzuverlässigkeit
und für den Stromtransport am Standort Deutschland wahrzunehmen. Um dies zu
gewährleisten, müsse es jedoch möglich sein, die für einen effizienten Betrieb
notwendigen Kosten zu decken. "Wir bieten ein Höchstmaß an Transparenz und sind
mehrfach ohne Beanstandung überprüft worden", so Wolfgang Neldner,
Geschäftsführer der Vattenfall Europe Transmission GmbH. "Für uns kann es
deshalb letztlich nur eine Entscheidung geben, und das ist die Aufhebung des
Bescheides. Alles andere würde Arbeitsplätze, Investitionen und die
Versorgungssicherheit in Deutschland gefährden."



Energie-Abnehmerverband VEA begrüßt Durchgreifen der
Bundesnetzagentur und fordert weitere Schritte




Der Bundesverband der Energie-Abnehmer e. V. (VEA) unterstützt
die Entscheidung der Bundesnetzagentur, dem Energiekonzern Vattenfall die
Netzentgelte im Höchstspannungsnetz um 18 Prozent zu kürzen. "Jetzt endlich
beginnt ganz konkret, worauf der VEA schon seit Jahren drängt: Der
Preistreiberei der Energieversorger wird aktiv Einhalt geboten", zeigt sich
Manfred Panitz, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des VEA, zufrieden.
Vattenfall habe die Netzentgelte in der jüngeren Vergangenheit enorm gesteigert.
Es sei deshalb kaum überraschend, dass die Bundesnetzagentur hier zuerst
ansetze. "Der Fall Vattenfall kann aber nur ein Auftakt sein. Von dieser
Preiskürzung kommt beim Verbraucher noch kaum etwas an. Ziel muss es sein, die
deutschen Unternehmen und Haushalte nachhaltig zu entlasten. Deshalb muss die
Agentur jetzt flächendeckend durchgreifen", so Panitz. Von einer Gefährdung der
Investitionstätigkeit oder gar dem Entzug der Geschäftsgrundlage der
Stromkonzerne könne dabei keine Rede sein. "Die 'großen Vier' haben in den
vergangenen Jahren enorme Gewinne angehäuft und nur begrenzt reinvestiert. Jetzt
werden endlich die Interessen der Energieabnehmer mit den Interessen der
Aktionäre von Vattenfall und Co. Zumindest gleichgestellt", erläutert der
Verbandsgeschäftsführer.



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