"Pariser Club" beschließt Irak-Schuldenerlass zu Lasten der deutschen Bauindustrie

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"Von
wirtschaftlichen Erwägungen kann hier nicht mehr die Rede sein. Dieser Beschluss
ist politisch motiviert - und die deutsche Bauindustrie zahlt die Zeche!" Mit
diesen Worten kommentierte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der
Deutschen Bauindustrie, Michael Knipper, die Entscheidung des "Pariser Clubs"
zum Schuldenerlass für den Irak. Danach gewähren die 19 Mitgliedsländer des
"Pariser Clubs", darunter Deutschland, dem Irak eine Erlassquote auf seine
Auslandsschulden von 80% in drei Stufen. Der gesamte auf Deutschland entfallende
Forderungsbestand beträgt 5,5 Mrd. Euro, davon entfallen auf die deutsche
Bauindustrie allein rund 1,7 Mrd. €. Hierbei handelt es sich um Forderungen für
in den 80er Jahren gebaute Straßen, Flughäfen und einen Staudamm, die aber
infolge des Iran-Irak-Krieges nie bezahlt wurden.



Allein die Tatsache, dass der Irak über die zweitgrößten
Ölreserven der Welt verfügt, so Knipper weiter, spreche eindeutig gegen eine
solche "exorbitant hohe Erlassquote". "Denn", so Knipper weiter, "80% bleiben
80%, auch wenn man versucht, diese Tatsache unter dem Deckmantel einer
Dreistufenlösung zu kaschieren." Beim derzeitigen Ölpreisniveau sei das Land
langfristig durchaus in der Lage, einen beträchtlichen Teil seiner ausländischen
Handelsschulden zu begleichen. Die Quote sei offensichtlich politisch motiviert;
dies ergebe sich vor allem aus der Tatsache, dass die außergewöhnliche
Entscheidung des "Pariser Clubs" von den G20-Finanzministern bestätigt worden
und von Finanzminister Eichel ausdrücklich als "Einzelfall" bezeichnet worden
sei. Eine solch hohe Quote sei im Übrigen kaum je einem der ärmsten
Entwicklungsländer im Rahmen der HIPC-Initiative (High-Indebted Poor Countries)
gewährt worden.



Zudem bezweifelt der Hauptverband die vom "Pariser Club"
unterstellte Verschuldungshöhe des Irak von ca. 125 Mrd. $. "Bis zur
Veröffentlichung des bislang geheimgehaltenen IWF-Gutachtens gehen wir davon
aus, dass es sich bei dem von den Golfstaaten angemeldeten Forderungsvolumen von
rund 45 Mrd. US$ nicht um Handelsforderungen, sondern um "Luftbuchungen" in Form
von Budgethilfen aus den 80er Jahren handelt", so Knipper. In Wahrheit liege die
Gesamtverschuldung des Irak erheblich niedriger als in den Medien verbreitet; es
sei unerträglich, dass die mit der Konjunkturflaute kämpfende deutsche
Bauindustrie nun auch noch unter der globalen Großwetterlage leiden solle.



Knipper betonte, dass die deutsche Bauindustrie dem
wirtschaftlichen Wiederaufbau des Irak keinesfalls im Wege stehen, sondern
diesen langfristig unterstützen wolle. "Wir haben uns von Anfang bereit erklärt,
einen Schuldenerlass in Höhe von 50% mitzutragen. Das hätte völlig ausgereicht",
so Knipper. Jetzt fühle sich die Bauindustrie von der Bundesregierung im Stich
gelassen. Und das in der schwersten Strukturkrise ihrer Nachkriegsgeschichte.
Einmal mehr werde ihr ein Sonderopfer zugemutet.



Um den politischen Druck wissend, den die USA auf die
Bundesregierung ausüben, habe die deutsche Bauindustrie dem Bund bereits im
Vorfeld eine politische Problemlösung angeboten, so Knipper weiter. Diese sei
von der Bundesregierung aber rundweg abgelehnt worden. Dies hätte entweder ein
Forderungsverkauf der Selbstbehalte der Baufirmen an die Kreditanstalt für
Wiederaufbau oder eine Teilentschädigung durch den Bund sein können. "Nach
diesem Ergebnis aber", so Knipper resümierend, "kann ich nicht ausschließen,
dass das eine oder andere betroffene Unternehmen versuchen wird, seine
Forderungen auf dem Klagewege einzutreiben. Das aber kann eigentlich nicht im
Sinn der Bundesregierung sein."



zum Hintergrund: Der Pariser Club hat sich nach
intensiven Verhandlungen vom 17.-21. November 2004 auf eine umfassende
Schuldenregelung für Irak geeinigt, die einen Erlass in Höhe von 31,1 Milliarden
USD (80 % der Forderungen) einschließt. Der Erlass ist an das
IWF-Ausnahme-Programm (EPCA) und ein im Anschluss daran erwartetes mehrjähriges
IWF-Programm (Stand-By-Arrangement / SBA) gebunden, wonach er in drei Phasen
(2004: 30 %, 2005: 30 %, 2008: 20 %) umgesetzt werden wird. Angesichts der
außergewöhnlich hohen Verschuldung des Irak und zur Wiederherstellung der
Schuldentragfähigkeit sei dieser Schritt laut Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
(BMWA) notwendig geworden, und die Bundesregierung leiste laut BmWA mit
ihrer Beteiligung an dieser Schuldenregelung mit einem Erlass von 5 Milliarden
USD einen wesentlichen Beitrag zum wirtschaftlichen Wiederaufbau Iraks.



Mit Forderungen in Höhe von insgesamt 6,2 Milliarden USD ist
Deutschland einer der größten Gläubiger des Irak. Die Forderungen des Pariser
Club betragen rund 39 Milliarden USD (einschließlich Zinsen). Er vertritt somit
etwa 33 % der Gesamtforderungen gegenüber Irak in Höhe von 120 Milliarden USD.
Andere staatliche Gläubiger halten rund 65 Milliarden USD (55 %) und private
Gläubiger 16 Milliarden USD (13 %) der Gesamtforderungen.



Irak hat sich im Pariser Club-Abkommen verpflichtet, mit allen
weiteren Gläubigern eine Schuldenregelung zu treffen, die eine faire
Lastenverteilung gewährleistet (Gläubigergleichbehandlung).



<div align='right'>Siehe auch:

Hauptverband der Deutschen Bauindustrie
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Thema: "Pariser Club" beschließt Irak-Schuldenerlass zu Lasten der deutschen Bauindustrie
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