Guten Morgen Herr Meyer,
Ihr Vorhaben ist ein sehr feiner Zug von Ihnen und ich hoffe, dass Sie bei Ihrem Bekannten entsprechend Gehör finden werden.
Der Geruch entsteht als chemische Reaktion aus chlorierten Verbindungen meist in den außenseitigen Spanplatten unterhalb der Hinterlüftung aus Asbestzement oder anderen Verkleidungsmaterialien. Begünstigt wird diese chemische Reaktion durch Feuchtigkeit, jedoch wohl kaum aus der Raumluft sondern der Luftfeuchtigkeit der Außenluft und Undichtigkeiten der Vorhangfassade. Ein weiterer Aspekt der wohl eine Rolle spielt bei der Reaktion ist Formaldeyhd aus der Mineralwolldämmung und innerhalb der Spanplatten. Die chemische Reaktion entsteht aus aus den chlorierten Holzschutzmitteln in den außenseitigen V100G Spanplatten, dies könnten PCP oder auch andere Holzschutzmittel gewesen sein.
Schimmel könnte vorhanden sein, ist aber nicht unbedingt der wahrscheinlichte Auslöser für den Geruch. Schimmel entsteht meist dort, wo Feuchtigkeit in größerem Umfang und/oder einen längeren Zeitraum in die Wände eindringen konnte. Beispielsweise in und um die Dusche/Badewanne/Spüle etc.
Der Muff an sich ist wohl, soweit das die Wissenschaft bisher untersucht hat, nicht direkt schädlich. Es handelt sich bei dem Produkt aus chlorierten Holzschutzmitteln um Chloranisole oder Chlornaphtaline. Aber, wenn dort diese Geruchsstoffe vorhanden sind, muss auch davon ausgegangen werden, dass die sehr wohl schädlichen Holzschutzmittel ebenfalls vorhanden sind. Hier kann Ihnen ein Test,. beispielsweise sehr günstig und einfach durchzuführen von der Stiftung Warentest (
http://www.test.de/themen/gesundhei...Luft-Wohngiften-auf-der-Spur-1131516-2131516/) weiterhelfen. Ohne eine solche Analyse lässt sich sowieso keine qualifizierte Aussage zur Höhe der Belastung treffen.
Wichtig für Sie und Ihren Bekannten ist jedoch, dass dieser Geruch beseitigt werden kann. Hierzu gibt es eine Reihe von Lösungen und Anbietern (beispielsweise nach dem System von Renopan). Man kann die Sanierung jedoch auch von einem regionalen Schreiner/Holzbauer durchführen lassen, was günstiger kommen kann. Grundsätzlich wird bei dem Verfahren die alte Vorhangfassade und die äußeren Spanplatte, welche für die Geruchsbildung schwerpunktmäßig verantwortlich sind, entfernt. Auch die alte Mineralwolle wird aus den dann offenen Gefachen entfernt. Die vorhandene Dampfsperre (meist PE-Folie) wird überprüft und Beschädigungen an Steckdosendurchdringungen etc. repariert, so dass wieder eine dichte Ebene entsteht. Die Gefache werden gesäubert und dann mit Sumpfkalk ausgestrichen, durch die Eigenschaften des Kalk wird eine eventuelle Schimmelbildung verhindert/vorgebeugt. Man kann vorher noch die Balken mit einer Sperrschicht streichen (z.B. das Produkt EX-Schadstoffvernichter von Baden Chemie), dies sperrt eventuelle Schadstoffe in den Balken ein und hindert sie so am Ausdünsten. Das Produkt ist übrigens auf natürlicher Basis, man Treibt also den Teufel nicht mit dem Belzebub aus. Einige Anbieter empfehlen noch ein Schaafwollflies in die Gefache vollflächig einzubringen, denn das Kairatin in er Schaafwolle hat die natürliche Eigenschaft Schadstoffe aufzunehmen, festzuhalten und nie wieder abzugeben. Eine Sättigung setzt wohl auch erst nach Jahrzehnten ein. Ob dies aber zwingend notwendig ist, kann ich nicht beurteilen, denn meiner Meinung nach hat man mit den Spanplatten ja den Geruchsverursacher beseitigt. Aber das Flies soll auch Formaldehyd aufnehmen, dann wäre es wieder sinnvoll, denn wenn keine V100 Platten verbaut wurden, sondern V20 Platten (sind meist die Okal-Röhrenspanplatten), dann hat man zum Holzschutzmittelproblem auch noch ein Formaldehydproblem. Sie können Ihrem Bekannten ja einen gefallen tun und zum gespräch den Bio-Check F der Firma Dräger mitbringen. Kostet ca. 30 Euro und gibt es in der Apotheke. Damit kann mans chon sehr zuverlässig das Formaldeyhdproblem bestimmen oder gar ausschließen. Dann werden die Gefache wieder mit einer Dämmung verfüllt, hier werden meist flexible Holzfaserplatten oder Hanf empfohlen, Anbieter wären beispielsweise Inthermo, Steico, Pavatex, Unger, etc.. Holz oder Hanf hat den Vorteil des guten Feuchtigkeitstransports, man kann aber auch beispielsweise Steinwolle nehmen. Dann kommen außen auf die Holzständer Holzfaserplatten. Hier kann man unterschiedliche Stärken nehmen, je nach gewünschter Dämmung. Diese Holzfaserplatten gibt es als Wärmedämmverbundsystem mit dem entsprechenden Zubehör und freigegebenem Putzsystem (Kunstharzputz oder mineralische Putze). Ich würde einen minerlischen Putz empfehlen, weil dies das ganze System dann konsequent diffusionsoffen halten würde. Man kann alternativ aber auch eine neue Vorhangfassade aus den üblichen Materialien, auch eine Holzfassade erstellen. Wie man möchte. Hier sind dann aber größere Abstände (ca. 4 cm) einzuhalten, damit die Luftzirkulation dahinter auch funktioniert. Dies war nämlich in den damaligen Holzständerhäusern meist nicht so (ca. 1,5 cm).
Damit hätte man zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, zum einen hätte man die schädlichen Platten entfernt, hätte die Geruchsproblematik beseitigt und auch noch die Dämmung verbessert. Dadurch kann man auch günstige KFW-Darlehen und die entsprechende Förderung für energetisches Sanieren in Anspruch nehmen. Wenn gesundheitliche Probleme aufgrund von Holzschutzmitteln vom Arzt bescheinigt werden, dann kann man die komplette Sanierung sogar von der Steuer absetzen (also über die normalen Handwerkerleistungen hinaus).
Das war jetzt keine kurze Ausführung aber ich denke so haben Sie erstmal einen Stand, der Ihnen und Ihrem Bekannten als Ausgangsbasis dienen kann. Denn die hier oft verbreitete Panik hilft keinem, am letzten den Betroffenen.
Das größte Problem besteht eigentlich dann, wenn die Besitzer in den 70er Jahren selber fleißig jedes Holzteil (Verkleidungen im Innenraum etc.) mit Holzschutzmitteln wie Xyladecor etc. behandelt haben. Denn im Privatbereich wurde die allergrößte Menge verarbeitet und weniger im industriellen Bereich. Man meinte es ja gut mit seinem Eigentum.
Achso noch ein Hinweis, für die Sanierung von Firmen geistern Quadratmeterpreise (in Bezug auf die zu sanierende Fassadenfläche) in Höhe von ca. 200-240€ durch das Internet. Inwiefern dies so stimmt kann ich aber auch nicht beurteilen.
Beste Grüße,
Dominik