Klinkerwand
Lieber Herr Kurz,
das ich jetzt Feuer von Ihnen kriege, war mir klar.
Auch ich kenne viele Bauten, die seit hunderten, sogar tausenden von Jahren stehen, gerade weil sie mit "zementären Pampen" gebaut worden sind. Ich erinnere an das Pantheon in Rom, ein monolithischer Betonbau aus mehreren Leicht- und Schwerbetonen, die Cloca Maxima in Rom, Hafenanlagen, viele Schlösser und Burgen, Wasserbauanlagen usw...
Ich glaube, das früher viele Baumeister gerne Zemente oder hydraulische Kalke verwendet hätten, wenn sie denn verfügbar waren.
Der Trasszement der Eifel war im Mittelalter begehrtes Handelgut, um das Duodezfürsten der Gegend ständig Händel hatten; die Holländer als Wasserbaunation zahlten gut dafür.
Die Entwicklung der französischen Festungsbaukunst ist eng verbunden mit der Entwicklung von hydraulischen Mörteln,
Frankreichs Kontinentalsperre führte zur Entwicklung der modernen Portlandzemente. Das geschah nicht, um Häuser mit "zementären Pampen" zu verschandeln, sondern um Ingenieubauwerke zu errichten, ohne die unsere moderne Gesellschaft nicht möglich wäre.
Man sollte also nicht den Werkstoff verdammen, sondern die, die ihn ohne nachzudenken einsetzen. Das trifft übrigens nicht nur auf Zement zu. Die Gefahr besteht immer, wenn ein Material oder eine Bauweise zum Modetrend wird, unsere Dörfer und Städte sind voll davon. Spaltklinker als Sockelverkleidungen,die unsäglichen Fenster- und Türgewände der 70-ger aus Betonriemchen, die Plasteverkleidungen im Klinkerlook der 90-ger, die Vertäfelungswut deutscher Haubesitzer der 80-ger.
Das Foto zeigt übrigens einen Teil der Burgruine Arnstein im Vorharz, zu sehen ist hydraulischer Mörtel mit gestoßener Schlacke als hydraulischer Zusatz und Stützkörnung.
Zement sollte dort verwendet werden, wo er hingehört, und das ist da, wo höhere Druckfestigkeiten und hydraulische Eigenschaften erforderlich sind. Das trifft übrigens auch auf Luftkalk zu, der auch nicht überall eingesetzt werden kann, sondern dort, wo seine Vorteile zum tragen kommen. Ich gebe Ihnen recht, das in den letzen hundert Jahren Zement ohne nachzudenken als Allheilmittel überall eingesetzt wurde nach dem Motto: viel hilft viel.
Ich gebe Ihnen auch recht, das er in der Sanierung dort nicht hineingehört, wo er vorher nicht drin war.
Mein Hinweis bezog sich deshalb auch auf einen eng begrenzten Einsatzzweck, nähmlich ständig feuchtebeaufschlagte Fugen, die durch Frost- Tau- Wechsel belastet sind. Dort brauche ich einen frostsicheren Mörtel mit Druckfestigkeiten, die Eisdruck abkönnen, also über 8 N/mm². Das geht am einfachsten mit einem hydraulischen Zusatz, also etwas Zement, aber unter Beachtung der Porösität. Wenn ich einen reinen, bindemittelreiche Zementmörtel mit hohem Feinkornanteil und vielleicht noch Dichtmittelzusatz verwende, entstehen natürlich Schäden. Es kommt immer auf die Dosis und den Verwendungszweck an.
Ich bin mir sicher, das man frostsicheren Mörtel auch mit Luftkalk herstellen kann, dann aber bitte vom Fachmann (siehe meinen letzten Satz)und nicht in Eigenleistung, auf die sich die Frage bezieht.
In diesem Sinne einen schönen Abend
Georg Böttcher