Hier noch...
eine ergänzende Anmerkung zu den Leinölprodukten: Es ist allgemein sicher wünschenswert, Lösemittel zu reduzieren. Was soll auch Testbenzin in einer Farbe. Im Bereich der Naturfarben führt dieses Ziel aber, weil bürokratisch und wenig sachkundig angewandt, zu skurrilen Ergebnissen.
So werden neuerdings Öle mit Wasser emulgiert und man propagiert das als Fortschritt, weil ja Lösemittel reduziert werden. Im Bereich der Naturfarben wären diese Lösemittel zwar nur echtes Terpentin, Citrusschalenöl und zuweilen Isoparaffine, die kaum einmal problematisch auftreten. Aber eine sachliche Wertung findet da, wie gesagt, nicht statt. Lösemittel sind eben Lösemittel und Punkt.
Nun ist aber zu fragen, ob wir es bei Öl-Wasseremulsionen mit einem der Leinöllasur (natürliche Lösemittel beinhaltend) gleichwertigen Holzschutz zu tun haben. Ich meine nein. Das Wasser in der Wasser-Öl-Lasur wird zunächst durch anquellen geschliffener Oberflächen für eine rauhere Oberfläche sorgen. Ferner dringt es viel schneller in das Holz ein als das emulgierte Öl und ist dann genau da, wo ich stattdessen gern das Öl hätte, nämlich in den Poren. Und wenn das Wasser verdunstet ist, für das Sie viel Geld bezahlt haben, ist die Oberfläche ungesättigt. Das Öl wird nach meiner Erfahrung wesentlich mehr auf der Fläche statt in den Poren verbleiben, was für die Haltbarkeit des Anstriches nichts Gutes schwanen lässt.
Und da ich gerade dem windigen Sonn(en)tag dank Halsschmerzen nichts abgewinnen kann, rechne ich jetzt noch einmal den Verbrauch an einem konkreten Beispiel durch:
Fassadenverkleidung Lärche, gehobelt, mit profilierten Deckleisten, 105m². Gerechnet wird jeweils mit den maximal angebenen Verbräuchen, da die Profilierungen (oder im Altholzbereich Holzstrukturen) einen erhöhten Verbrauch bedingen), jeweils 2 Anstriche
1. Lärchenöl ABC (dafür will ich hier keine Werbung machen, ist aber verbreitet in Baumärkten) (Öl-Wasseremulsion)
Verbrauch lt. Datenblatt 100-160ml/m² pro Anstrich
Gesamtverbrauch für obige Fassade: 33,60 Liter
2. Natural Holzlasur (Leinöl, nat. Lösemittel, Pigmente)
Verbrauch lt. Datenblatt 70-80ml pro Anstrich
Gesamtverbrauch für obige Fassade: 16,8 Liter
Die Preise der Lasuren sind nahezu vergleichbar. Lärchenöl ABC kostet a 2,5l 46 EUR (Preis aus Internet), Natural Holzlasur 55 EUR (Preis Liste Endverbraucher Natural). Der Verbrauch des ABC ist aber exakt doppelt so hoch wie bei Natural.
Daß die ABC- Oberfläche keine besonders haltbare sei, vermutet auch der Hersteller selbst: Er empfiehlt eine Auffrischung nach Bedarf (1x jährlich). Natural äußert sich dazu nicht direkt, was auch nicht verwundern kann, schließlich kann die Wetterexposition ja sehr unterschiedlich sein. Meine Erfahrung mit Natural Holzlasur an Fenstern, die als maßhaltige Bauteile wesentlich strengeren Kriterien genügen müssen: Nach 3-5 Jahren kann frühestens auf der Wetterseite (deutsches Durchschittsklima) der Zustand eintreten, wo das Reinigen und Überwischen mit einem Wetterschutz sinnvoll sein könnte. Bei Fassaden lässt sich dieses Intervall bei einem guten Erstanstrich sicher weiter strecken.
Wir haben also in diesem Vergleich nahezu doppelte Kosten/m² UND deutlich kürzere Wartungszyklen beim beispielhaft gewählten Öl-Wasserprodukt. Zudem ist die Wartung einer Öllasur nach Jahren durch Überwischen mit einem Wetterschutz deutlich unaufwendiger als ein komplettes Nachstreichen. Ein schönes Beispiel dafür, daß der "Blaue Engel" als Umweltzertifikat oft keinerlei Empfehlung sein kann und hier eher als "Schwarzer Teufel" durch's Ziel geht. Da fällt dann schon gar nicht mehr in's Gewicht, daß so eine Öl-Wasseremulsion nicht ohne Konservierungsstoffe auskommt. Aber die Isothiazolinonallergiker dürfen sich gern telefonisch beim Hersteller beraten lassen
Unklar bleibt auch beim ABC-Öl, woher der UV-Schutz kommen soll. Lt. Produktinformation ist das Produkt pigmentfrei...
Tja, sowas kommt heraus dabei, wenn ein Ölliebhaber Halsschmerzen hat
Man verzeihe mir die gewählten Beispielprodukte. Ich kenne, verarbeite und vertreibe "Natural" - Produkte nun lange genug, um zu wissen, wovon ich rede. Und daß das ABC-Öl besser als das vom Hersteller geschriebene Produktblatt ist, ist sicherlich rein theoretisch möglich, aber nach allgemeiner Lebenserfahrung kaum wahrscheinlich.
Sonntagliche Grüße
Thomas