Ja, die Moral und die Erziehung. Ytong statt Eiche.
Hallo,
erstmal wieder Danke für die Unterstützung!
Ja, Hartmut und Karsten, Ihr bringt es auf den Punkt. Hier haben wir ihn also, den erhobenen Zeigefinger des guten Deutschen.
Mein englischer Freund sagte mal: Die Deutschen sind ein Volk von Erziehern – wie recht er hat.
Ich finde diese wundervolle Homepage/Forum ist kein Ort für solche unausgegorenen Belehrungen. Wir unterhalten uns hier meist über die behutsame, vernünftige, erhaltende Restaurierung von Fachwerkbauten. Unser Haus steht nicht in Disneyland sondern im bergischen Land, deshalb haben wir romantisierende Sachen nicht nötig. Es ist zufällig das älteste bekannte Fachwerkhaus weit und breit, da fühlen wir uns schon irgendwie besonders in die Pflicht genommen und werden das Haus für Interessierte auch immer öffnen und bei Aktionen wie Denkmaltag etc. mitmachen.
Ich weiß nicht, wie weit Herr Böhm sich mit Denkmalschutz auseinandergesetzt hat – wir planen und restaurieren seit fast zwei Jahren und stehen im engen Kontakt zu Kunsthistorikern vom Landesdenkmalamt, für die „historisieren“ ein rotes Tuch ist. Ja, es gibt das Problem, dass man aus irgendwelchen Gedanken irgendwelche Sachen einbaut, die den Charakter des Hauses irgendwie unterstützen sollen, aber dann doch irgendwie „daneben“ sind.
Wir überlegen jedes Detail sehr genau und machen uns viele Gedanken. Beispiel: wir haben die rostige 50er Jahre Blechverkleidung abgenommen und das Fachwerk freigelegt (hätten wir das lassen sollen? Hat auch Geld gekostet und die hätten wir ja auch wieder drannageln können.) – dabei haben wir gesehen, dass die in den 50ern teilweise Balken durchgesägt haben für größere Fenster. Wir haben die alten Fensteröffnungen von 1511 gefunden und zurückgebaut – hätten wir das lassen sollen – ist doch viel zu romantisch, oder?
Im ganzen Haus waren Bakelitschalter, leider total kaputt und nicht mehr zu gebrauchen. Nun stellt die glücklicherweise eine kleine, heimische Firma nach Auftrag von Manufactum wieder her – für mich ein Glücksfall, gefallen die mir doch am allerbesten von allen Schaltern was auch immer Herr Böhm von Omas erzählt. Ich hasse Industrie- und Plastikmüll und gutes, in Deutschland hergestelltes Zeug kostet leider mehr als in der Dritten Welt von Kinderhänden zusammengeschraubtes Zeug. Aber Herr Böhm wird, wenn er nach Afrika spendet, sicher bei allen seinen Einkäufen diese, für mich sehr wichtigen Aspekte beachtet haben, er weiß bestimmt, dass seine Lichtschalter nur so billig sind, weil die mit hohen moralischen Ansprüchen gefertigt worden sind.
Oder hat er gar Solarzellen mit viel Aluminium drin? Tolle Ökobilanz.
Trinken Sie gerne Wein? Vielleicht sogar mal einen etwas besseren? Wie viele Kinder in Afrika würden von dem Wert einer Flasche satt? Ich trinke übrigens keinen Wein und fast nur Leitungswasser.... Oh je, diese lächerliche Stammtischdiskussion können wir endlos fortsetzen.
Weiß Herr Böhm, wie viel hundert Tage und Nächte ich im Haus verbracht habe, jeden Balken gestreichelt und überlegt wie ich ihn retten kann und sonstige Arbeiten alleine gemacht habe? Da habe ich viel Geld gespart und das kann ich woanders einsetzen. Ich bin wahrlich nicht wohlhabend, aber wie das eben so ist, ich überlege mir eben wo ich meine, dass mein Geld für mich sinnvoll eingesetzt wird. Oh, ich bin mir sicher, Herr Böhm gibt Geld für Sachen aus, die für mich nichts wert sind. Aber das soll er eben machen, warum soll ich ihn dafür anprangern?
Ich bin auch Wissenschaftler, aber ich habe gelernt, Dinge ganzheitlich zu betrachten und nicht irgendwelche Totschlag-Argumente durch die Gegend zu schießen.
Bitte nicht falsch verstehen, ich bin überhaupt nicht daran interessiert hier irgendwen zu erziehen, aber wenn man schon mit so schlechten Argumenten Leute angreift, dann sollte man selber schon ein ganz besonders reines Herz haben.
Herr Böhm wird also in seinen beiden in Südfrankreich zu restaurierenden Häusern (mir reicht EIN Haus) immer das billigste Plastikmaterial nehmen und dann das übrige Geld nach Afrika schicken – das ist sehr anständig. Ich hoffe das fällt nicht irgendeinem Diktator über Umwege in die Hände, auch hier gibt es Moralaspekte zu überdenken.
Wollen wir mal ganz radikal werden: Was soll das ganze rumwerkeln an den alten Häusern? Warum machen wir das? Warum will man ein mittelalterliches Steinhaus in Südfrankreich haben? Wir sollten alle alten Häuser abreißen und das Brennholz nach Afrika schicken, das wäre doch toll. Dann können wir statt Eichenholz Plastikholz nehmen, ist doch bestimmt viel billiger, hält länger und richtiges Holz sieht doch auch viel zu romantisch aus.
Denken wir an die ganze frei werdende Arbeitskraft!!! Toll in soziale Projekte einzusetzen. Und: Ytonghäuser sind doch auch gut!
Herzlichst
Frank