Was ist denn feucht?
Feuchte Wände.
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Für viele Hausbesitzer sind feuchte Wände ein Problem.
Ob in den Anzeigen der Tagespresse, Zeitschriften für den Hausbesitzer, Journale von Bausparern und Versicherungen, auf den Messen und in Prospekten von Verarbeitungs- und Bautenschutzfir-men wird damit geworben die Mauern trocken zu legen. Um die Seriosität bei der Trockenlegung zu untermauern wird die kostenlose Feuchtenmessung vorgeschoben. Es wird auch demonstriert
wie einfach eine Messung durchzuführen ist.
Kostenlose Feuchtigkeitsmessung wird allenthalben angepriesen.
Die Messungen - sehr oft noch mit dem Titel elektronisch oder elektrisch- sind jedoch für die Be-urteilung von aufsteigender Feuchte weitestgehend ungeeignet.
Meist wird die Anzeige mit einem spektakulären Zeigerausschlag auf einer Skala oder gar mit ei-ner leuchtenden Ziffern (Digital-) anzeige dargestellt.
Dies ist meistens Scharlatanerie, denn all diese Messungen können nicht Unterscheiden, um wel-che Feuchte es sich handelt.
Die Anzeige gibt in der Regel unten -in Bodennähe- höhere Werte als weiter oben. Damit wird suggeriert, dass es sich um aufsteigende Feuchtigkeit handelt. Normalerweise ist es nur deswegen mehr, weil es unten kühler ist und daher mehr Kondenswasser entsteht.
„Feuchte“ entsteht durch die verschiedenen Möglichkeiten der Wasseraufnahme eines Materials. Dementsprechend können bei feuchten Wänden die verschiedensten Mechanismen der Wasser-aufnahme im Spiel sein:
1. Wasseraufnahme aus der Luft d.h. aus der Gasphase,
- Hygroskopische Feuchte (unterhalb der Kondensation),
der Wassergehalt der Luft – „relative Luftfeuchte“- und Salzgehalt des
Mauerwerks spielen hier die entscheidende Rolle,
- Kapillarkondensation (Auffüllen kleinster Poren mit Wasser, ebenfalls
unterhalb der Kondensation)
- Kondensation (Abscheiden flüssigen Wassers durch Unterschreiten der
„Taupunkttemperatur“, da kalte Luft weniger Wasserdampf speichern kann als
warme Luft),
2. Kapillarer Wassertransport (Saugvermögen der Baustoffe mit einem bestimmten
Porengefüge) z.B. aus dem Untergrund -„aufsteigende Feuchte“- oder bei
Beregnung, auch hierbei spielt der Salzgehalt eine wesentliche Rolle;
3. Eindringen von Wasser wegen Fehlstellen
- aufgrund fehlender Abdichtung,
- durch fehlerhafte Anstriche, Risse, offene Fugen,
- ebenso können undichte Fenster; Fensterbankanschlüsse und defekte
Dachrinnen usw. zu feuchten Wänden führen.
Vorab ist jedoch zu klären, was ist überhaupt „feucht“ oder „trocken“
Hierzu gibt es sehr unterschiedliche Angaben. Eine eindeutige pauschale Aussage ist leider nicht so einfach abzugeben.
Dabei sollte man auch wissen, welche Wasseraufnahme von Baustoffen unter welchen Bedingun-gen zu erwarten ist.
Ein weiterer Aspekt für die Definition der möglichen Feuchtewerte ist das Verhältnis der momen-tanen- zur maximalen Feuchteaufnahme.
Außerdem, welche Ausgleichsfeuchte (das ist der Wassergehalt oder die Feuchte, die sich ein-stellt, wenn sich ein Baustoff hinreichend lange, bis zum Gleichgewichtszustand, an die Umge-bungsbedingungen angepasst hat) der Baustoff aufweist usw.
Diese Angaben können jedoch sehr unterschiedlich sein!
Sehr oft bekommen die Hausbesitzer Werte angegeben, die bei 50 bis 80 % liegen. Normale Voll-ziegel weisen jedoch in der Regel einen Feuchtegehalt von weniger als 20% auf.
Tabelle: Feuchtigkeitstechnische Kenndaten „Richtwerte“
Vergleichswert Luft = 1
Baustoff Mittleres Raum¬gewicht in kg/m³ Praktischer Feuchte- gehalt*) in Vol.-% Max.Feuchtegehalt in Masse-% **)
Hochlochziegelmauer¬werk 1000 1,5- 4 2,5 - 5
Vollziegelmauer¬werk 1700 1 – 2,5 1 - 3
Außenputz (KZM) 1800 4 – 14 4,4
Innenputz (KZM) 1800 1 – 10 4
Wärmedämmputz 450 2,0....5,0 ?8
Gips- o. Gips-Kalk-Putz 1600 3 6
*) „Praktischer Feuchtegehalt“ ist der Wassergehalt, der bei der Untersuchung genügend ausge-trockneter Bauten in 90 % der Fälle nicht überschritten wird.
**) alle Kapillaren und Poren mit Wasser gefüllt.
Messungen sind deshalb vor jeder Instandsetzung sehr wichtig!
Wenn die Bestimmung der Feuchte eines Baustoffes über elektrische Widerstands-Messungen durchgeführt werden soll, ist dies nur möglich, wenn die Beziehung Widerstand/Feuchte eines Baustoffes z.B. eines Estrichs, eindeutig bekannt ist. Anhand von Vergleichsmessungen kann dann über die einfache elektrische Widerstandsmessung annähernd der Feuchtegehalt bestimmt werden.
Ohne jedoch die vor genannten Parameter zu kennen, ist eine verlässliche Aussage nicht möglich.
Damit ist klar, warum die meisten dieser Messungen falsch sein müssen bzw. bei der Beurteilung äußerste Vorsicht angebracht ist.
Ein weiterer Parameter, der eine Aussage über die Materialfeuchte geben kann, ist die Wärmeleit-fähigkeit (Lambda-Methode).
Tabelle: Veränderung der Wärmeleitfähigkeit von Ziegelmauerwerk in Abhängigkeit vom Feuchte-gehalt.
Auf meiner Homepage unter Schriften.
www.denkmal-pflege.de
Es gibt sicher noch weitere Messmöglichkeiten den Feuchtegehalt einer Wand zu untersuchen.
Dazu gehören z.B. die CM-Messung (Calcium-Carbid-Methode), die Thermographie, die Neut-ronenmessung usw.
Um an der Baustelle eine einigermaßen brauchbare Messung der Feuchte durchzuführen, kommt eigentlich nur die CM-Messung in Frage. Dabei wird eine Mauerprobe (10 - 20 g entnommen) zerkleinert und in eine Druckflasche mit Calciumcarbit gegeben. Das in der Probe enthaltene Wasser und das Calciumcarbit reagieren zu Acetylengas. Dies erzeugt einen Überdruck und wird von einem Druckmesser angezeigt. Durch entsprechende Zuordnung in einer Tabelle wird der Feuchtegehalt ermittelt.
All diesen Messungen ist eines gemeinsam: es kann jeweils nur der momentane Feuchtewert fest-gestellt werden. Es kann keinerlei Aussage darüber abgegeben werden, ob es sich z.B. um aufstei-gende Feuchtigkeit oder Kondenswasser handelt.
Um exaktere Angaben und Daten zu erhalten, sind Messungen über einen längeren Zeitraum durchzuführen. Dabei spielen die Wetter- oder Klimadaten, Temperatur und deren Vergleich bzw. Referenzmessungen eine wichtige Rolle.
Nur wenn solche Aussagen von Fachleuten bewertet werden und die Instandsetzung daran ausge-richtet wird, kann eine Wiederherstellung zum Erfolg führen.
Edmund Bromm
Weitere Info:
www.denkmal-pflege.de
Literaturhinweise:
Weber, H.: Mauerfeuchtigkeit, Expert – Verlag Grafenau
Weichert, L.: Aufgaben und Möglichkeiten zur Messung von Klimagrößen f.d. Fassadensanierung; Tagungsbericht. 6.Hanseatische Sanierungstage 1995.