Prüfingenieure: "Deregulierung sei gescheitert, Privatisierungswahn beenden"

Diskutiere Prüfingenieure: "Deregulierung sei gescheitert, Privatisierungswahn beenden" im Forum Sanierung allgemein im Bereich - "Es geht nicht darum, neue Gesetze zu erlassen, sondern deren Umsetzung zu kontrollieren", sagte Dr. Andrä. Dazu reiche es, dass die Betreiber...
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"Es geht nicht darum, neue Gesetze zu erlassen, sondern deren
Umsetzung zu kontrollieren", sagte Dr. Andrä. Dazu reiche es, dass die Betreiber
von öffentlichen Einrichtungen und Sonderbauten mit hohem Gefährdungspotential
in regelmäßigen Abständen Prüfzeugnisse vorlegen müssen.



Alle Landesbauordnungen schrieben zwar vor, dass die Sicherheit
bei der Nutzung von Gebäuden gewährleistet sein müsse. Im Zuge der
Privatisierungswelle sei allerdings niemand mehr da, der auch kontrolliert, ob
der private Betreiber sich auch daran hält, kritisiert Dr. Andrä. Angesichts der
desolaten Haushaltslage vieler Kommunen müsse man davon ausgehen, dass häufig
entweder das Geld für umfassende Kontrollen oder gar die Einsicht für die
Notwendigkeit fehle. Anstatt rechtzeitig vorzubeugen, würden heute lieber im
Nachgang Gerichte und Versicherungen beschäftigt. Dies sei eine fatale
Entwicklung. Andrä warf der Bundes- und Landespolitik vor, konzeptionslos die
Bau- und Bauordnungsverwaltungen und das Bauordnungsrecht zu opfern und das im
Ausland anerkannte Know How und den technischen Qualitätsstandard aufs Spiel zu
setzen. "Wo früher verantwortungsbewusst handelnde Experten entschieden, ob
Baumängel vorliegen, entscheiden dies oft heute Kaufleute oder Juristen."



Die Prüfungen, die die Bauaufsichtsbehörden heute veranlassen,
legten meistens ihren Schwerpunkt auf technische Prüfungen. Die Kontrollen der
Materialien der Tragwerke kämen vielfach zu kurz. In vielen Bauämtern gebe es
heute gar keine Experten mehr, die die Bausubstanz von der fachlichen
Qualifikation her ausreichend beurteilen können. Bezeichnend sei auch, dass zur
gleichen Zeit sich immer mehr Länder in Europa am früher praktizierten deutschen
Modell orientieren, weil dort die Schadensfälle noch häufiger sind.



Es sei nicht nachzuvollziehen, warum ein Autobesitzer sich alle
zwei Jahre einen Stempel holen muss, in dem ihm die Sicherheit seines Fahrzeugs
bescheinigt wird, während sich der Gesetzgeber bei der Sicherheit von
öffentlichen Gebäuden blind auf den Betreiber verlässt. Durch diese Entwicklung
sei eine Grauzone mit erheblichem Gefährdungspotenzial entstanden, obwohl
Schadensfälle wie in Bad Reichenhall deutlich machten, dass Qualität am Ende
sogar preiswerter ist. Regelmäßige Inspektion und Wartung seien auf lange Sicht
kostengünstiger als Schadensbehebung.



Das Ziel der Vereinfachung und Entbürokratisierung sei
angesichts der Flut neuer Regelungen aus Europa grundsätzlich in Frage zu
stellen, betonte Dr. Andrä. Das gelte ebenso für die Tatsache, dass hierzulande
16 verschiedene Landesbauordnungen in regelmäßigen Abständen novelliert würden.



Die Ziele und Forderungen der in der Bundesvereinigung
organisierten Prüfingenieure / Sachverständigen können folgendermaßen
zusammengefasst werden:



  • Entwicklung eines bundesweit einheitlichen Sicherheitskonzepts zur
    vorbeugenden Gefahrenabwehr im Bauwesen durch eine unabhängige Prüfung der
    Standsicherheit und des baulichen Brandschutzes
  • Bauüberwachung beim Neubau und im Bestand durch anerkannte, im Namen der
    Bauaufsichtsbehörden hoheitlich agierende Prüfingenieure/Sachverständige
  • Kontrolle der Prüfzeugnisse und Dokumentation im Bauwerksverzeichnis
    (insbesondere für Sonderbauten mit hohem Gefährdungspotenzial) durch die
    Bauaufsicht.

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