Familienunternehmer unterschätzen die psychologischen Auswirkungen der Nachfolge auf ihr Unternehmen

Diskutiere Familienunternehmer unterschätzen die psychologischen Auswirkungen der Nachfolge auf ihr Unternehmen im Forum Sanierung allgemein im Bereich - Übergaben von Familienunternehmen in die nächste Generation scheitern nicht selten an Beziehungsgeflechten in den Firmen, so das zentrale...
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Übergaben
von Familienunternehmen in die nächste Generation scheitern nicht selten an
Beziehungsgeflechten in den Firmen, so das zentrale Ergebnis einer Studie des
Wirtschaftswissenschaftlers Nils Dreyer vom Wittener Institut für
Familienunternehmen (WIFU) der Universität Witten/Herdecke: "Berater
konzentrieren sich oft ausschließlich auf die Beilegung von Konflikten zwischen
Senior und Junior. Dabei übersehen sie die Auswirkungen des Führungswechsels auf
das sensible Beziehungsgeflecht in der Firma", mahnt Dreyer.



Dreyer hatte für seine Arbeit mehrere Unternehmen im
Nachfolgeprozess über einen längeren Zeitraum untersucht. In einer Vielzahl von
Interviews mit Senioren, Junioren und weiteren Führungskräften stellte sich
heraus, dass die Art und Weise wie die Nachfolge vollzogen wird, von
entscheidender Bedeutung für das ganze Unternehmen ist. Denn nicht nur die
Spitze, sondern alle Mitarbeiter sehen sich einem oft drastischen Wandel
ausgesetzt. Oft sogar dann, wenn der Übergang zwischen Alt und Jung harmonisch
verläuft: "Es müssen auf sehr vielen Ebenen des Unternehmens die Weichen neu
gestellt werden. Über Jahrzehnte hinweg gewachsene Entscheidungsroutinen sind
plötzlich in Frage gestellt. So gerät die ganze Firma in einen komplexen
Entwicklungsprozess, der oft nur unzureichend wahrgenommen wird" und im
Extremfall sogar in die Insolvenz führen könne, so Dreyer.



Verunglückte Nachfolgeprozesse werden für zehn Prozent der
Unternehmensinsolvenzen verantwortlich gemacht. "Möglicherweise sind in solchen
Fällen die Irritationen, denen das ganze Unternehmen im Nachfolgeprozess
ausgesetzt ist, zu stark gewesen", ergänzt Prof. Arist v. Schlippe, Psychologe
und Inhaber des Lehrstuhls für Führung und Dynamik am WIFU. "Viele Unternehmer
denken, mit der vertraglichen Gestaltung ihres Erbes wären die Hausaufgaben
bereits erledigt. Dabei sollte der Vorbereitung ihrer Mitarbeiter mindestens
genau so viel Aufmerksamkeit gelten. Die Aufgabe von Führung besteht darin,
einen integrierenden Rahmen bereitzustellen, der eine größtmögliche Orientierung
der Mitarbeiter in der neuen Situation sicherstellt."



Damit die Verunsicherungen innerhalb des Unternehmens nicht zu
groß werden, schlagen Dreyer und v. Schlippe vor, neben der Klärung der
sachlichen und juristischen Fragen die Perspektiven der Mitarbeiter in den
Veränderungsprozess aktiv mit einzubeziehen. Dazu gehöre es, ein offenes Ohr
dafür zu haben, was die Veränderung an der Unternehmensspitze für die
Mitarbeiter bedeutet, sorgfältig abzuklären, wie die Rolle des Seniors nach der
Übergabe aussieht und klare Formen und Rituale für den eigentlichen Übergang zu
entwickeln. Auf diese Weise werde die veränderte Situation für jeden Mitarbeiter
eindeutig markiert.



Familienunternehmen stellen seit Jahrzehnten das wirtschaftliche
Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft dar. Über 80 Prozent aller Unternehmen in
Deutschland sind Familienunternehmen. Das im Jahre 1998 gegründete Wittener
Institut für Familienunternehmen an der Universität Witten/Herdecke (WIFU)
beschäftigt sich mit den Besonderheiten dieses Unternehmenstypus. Einen
Schwerpunkt der Institutsarbeit bildet dabei die Betrachtung von
Nachfolgeprozessen.



Bereits heute ist jeder vierte der 3,5 Millionen Firmenchefs in
Deutschland älter als 55 Jahre. Nach Berechnungen des Instituts für
Mittelstandsforschung in Bonn sind in den kommenden fünf Jahren ca. 18 Prozent
aller Familienunternehmen in Deutschland "übergabereif". Allein auf das Jahr
2005 entfielen dabei 70.900 Unternehmen mit 678.000 Beschäftigten - umgerechnet
sind das fast 200 Übergaben täglich!



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