"Sehr schnell"...
...ist ein relativer Begriff. Ich habe 'mal mit jemandem zusammengearbeitet, dem konnte man im Gehen die Schuhe besohlen. Er hielt sich für schnell...
Spaß beiseite: Leinöl und Sonnenblumenöl sind sogenannte fette Öle, Leinöl zählt zur Untergruppe der trocknenden Öle.In dünnen Schichten, so führt das Werk "Historische Malmaterialien und ihre Identifizierung" von Schramm/ Hering aus, trocknet Leinöl in 2-4 Tagen zu einem festen Film aus, der gesamte Trocknungsprozess erstreckt sich über Jahrzehnte. In dickeren Schichten, die sehr leicht in einem rissigen Balken erreicht werden können, den man satt einpinselt, dauert die erste Phase, die Filmbildung, wesentlich länger als 2-4 Tage. Manchem ist vielleicht schon eine Dauerklebrigkeit von zu dick aufgetragenen leinölbasierten Bodenölen aufgefallen. Die erste Trockenphase geht mit einer Volumenzunahme von ca. 28% durch Aufnahme von Luftsauerstoff einher, was bedeuten kann, daß schon aufgenommenes Öl wieder aus dem Holz gepresst wird und Staub bindet. Im Bereich polierter Möbel des späteren 19.Jh. tauchen auf dem Lack öfter Ansammlungen von fliegenschißähnlichen schwarzen Häufchen auf. Das ist durchgedrücktes, nichtausgehärtetes Öl, das nun Schmutz bindet.
Um diese Nachteilen abzuhelfen, sind seit dem frühen 15. Jh. trocknungsfördernde Pigmente in Gebrauch, später kamen Standöle und Firnisse hinzu; die heutigen Öle bzw. Ölmischungen für verschiedene Anwendungen sind somit das Ergebnis jahrhundertelanger Bemühungen. Wenn Leinöl pur so unproblematisch in der Anwendung wäre, hätte man sich die Mühen wohl kaum gemacht.
Sonnenblumenöl hingegen ist ein sogen. "Halbtrocknendes Öl", das aufgrund der überwiegend enthaltenen gesättigten und einfach ungesättigten Fettsäuren über einen wesentlich längeren Zeitraum als Leinöl zu einem festen Film auftrocknet, d.h. Monate dazu braucht, ABER: Manche Sorten trocknen gar nicht. Es ist für das satte Anpinseln von Balken somit völlig ungeeignet.
Auch Leinöle reagieren von Sorte zu Sorte recht unterschiedlich, ein weiterer wesentlicher Nachteil der natürlichen Öle ist somit die Variabilität der Eigenschaften.
Eh jetzt noch die "Toskana-Fraktion" mit Olivenöl kommt: Olivenöl gehört zu den "Nichttrocknenden Ölen" und härtet gar nicht aus.
Wachs letztendlich dringt kaum in das Holz ein und bildet eine Schicht obenauf; auf mehr oder weniger rauhen Balken halte ich das für völlig ungeeignet, auch Hartwachsöl würde ich ungern verwenden.
Eine schöne Oberfläche auf Balken ergibt auch das zarte Überbürsten mit einer Messingbürste (Maschinen von Makita oder Festool). Die Holzsstruktur wird durch das unterschiedliche Abarbeiten von härteren und weicheren Partien (Früh- und Spätholz) betont.
Das war jetzt vielleicht mehr, als mancher wissen wollte, aber kürzer hab' ich es halt nicht hinbekommen.
Frohes Pinseln
wünscht
Thomas W. Böhme