Was bedeutet es eine Mauer „trocken“ zu legen?

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Bromm Edmund

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In den letzten Jahren fällt mir auf, dass viele Rechtstreitigkeiten wegen unklaren Formulierungen bei Instandsetzungen entstanden sind.
Beschreibungen wie „Kellertrockenlegung oder Mauertrockenlegung“ sind nirgends eindeutig beschrieben und bedeuten stets sehr unterschiedliche Maßnahmen und oft ein Ärgernis.
In allen Zeitschriften und auch auf Messen für den Haus und Grundbesitz wird eifrig dafür geworben.
Die gültigen Normen, wie z.B. DIN 18195 Abdichtungen und 4108 Wärmedämmung sind explizit nur für den Neubau gedacht. Dies ist auch richtig so, denn oft ist bei einem Altbau der Untergrund (ein Konglomerat aus unterschiedlichen, ebenfalls nicht genormten Baustoffen) nicht oder nur schwer zu definieren.
Weiter sind auch oft die Belange der Denkmalpflege zu berücksichtigen und diese spielen in der Gestaltung der Oberflächen eine nicht unerhebliche Rolle. So ist zwar verständlich, dass eine Normung im Altbau bei der Instandsetzung nicht angebracht ist. Was aber nicht gleichzeitig bedeutet, dass hier jeder Bautenschützer seine Werte je nach Gutdünken selbst bestimmen kann.

Mir geht es hier nicht um die technische Lösung wie z. B. ob das Verfahren A. besser als das Verfahren B. ist. Hierzu findet man auf meiner Homepage (oder man bestellt schon mal das Buch - Der Umgang mit alten und „kranken“ Häusern -
Richtige Diagnose und Heilverfahren)
aus den praktischen Erfahrungen von über 35 Jahren genügend Bewertungen.
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Wie bewertet man eine feuchte Wand?
Selbstverständlich gibt es in unserem Lande auch für diese Problematik Verordnungen und Richtlinien. Schließlich möchte doch jeder gerne warm und vor allem im trocknen sitzen. Studiert man allerdings die Normen für Abdichtungen an Gebäuden genauer, so stellt sich heraus, dass einige dieser Regelwerke seit langem überholungsbedürftig sind. Diese sind jedoch für eine nachträgliche Abdichtung im Altbau nicht oder nur bedingt anwendbar. Es bedarf stets der sachkundigen Hilfe eines Sachverständigen, um die effektivste Verbesserung der Feuchtesituation zu erlangen.

Es gibt nur wenige Gewerke am Bau, wo soviel Unsicherheit besteht, bzw. wie auch daraus resultierender Pfusch abgeliefert wird, wie in der Mauertrockenlegung.
Das Problem beginnt schon bei der Namensgebung.
Was ist trocken? Was ist feucht oder gar nass?
Gibt es überhaupt Definitionen oder Zuordnungen nach denen gehandelt werden muss?
Es gibt viele Baumaterialien, z. B. Ziegel, die durchaus mehr als 20 % Feuchte aufnehmen, ohne dass es dabei zu irgendeiner Schädigung kommt. Mörtel und Beton, - bzw. Natursteine werden durch geringe Feuchte keinesfalls geschädigt. Auch Beton mit einem Feuchtegehalt von 1% - 3 % (dies ist oft schon die maximale Wasseraufnahme) wird dadurch in der Regel nicht zerstört oder geschädigt.
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Warum wird eine Mauer feucht?
Über Oberkantegelände kann dies sein:
fehlende Dachabdichtungen
undichte Fassaden oder Regenfallrohre
schadhafte Leitungen, Wasser, - Abwasser - oder Heizungsrohre
aber auch, fehlende oder schadhafte (ohne wasserabweisende Wirkung) Anstriche und auch mehr und mehr fehlerhafte Wärmedämmungen.
undichte Fensterbank, - und Gesimsbleche
und in nicht unerheblichem Ausmaße auch Tauwasserprobleme durch falsches Heizen und Lüften.
Sowie im Keller:
fehlende Außenabdichtungen ebenso wie fehlende oder mangelhafte Querschnittsabdichtungen s-wie nicht ausreichende Bodenabdichtungen und Wärmedämmungen.
Dazu kommt, ebenfalls wie über Oberkantegelände, die Problematik durch heizen und lüften.
Weiter auch Undichtigkeiten im Bereich der wasserführenden Leitungen und Sparteneingänge (Hausanschlüsse).
Außerdem sind Schäden noch möglich:
z. B. durch falsche Verputze, aber auch durch zu dichte Oberflächen und nicht zu unterschätzen das Tausalz und Spritzwasser.
Man denke nur an die vielen Verkleidungen (Keramik oder Naturstein) im Sockelbereich an alten Gebäuden, die sicherlich das Spritzwasser abhalten, jedoch keineswegs zu den gewünschten Erfolgen, nämlich einer „trockenen“ Wand führen.
Es ist klar, dass auch diese Schäden nur durch Fachfirmen repariert werden können. Ebenso klar ist, dass wenn Horizontalsperren und Abdichtungen fehlen, diese auch nachträglich eingebaut werden müssen. Denn nur eine funktionierende Abdichtung oder Horizontalsperre kann zu einem "trockenen" Baukörper führen.
Die meisten Feuchteschäden im Keller entstehen jedoch durch Kondenswasser. Warme und feuchte Luft kondensiert an der kalten Wandoberfläche.
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Was mich sehr wundert ist ein Urteil des OLG Düsseldorf.
Die Einzelheiten sind nachzulesen unter Aktenzeichen I-3 Wx 95/04 vom 15. 04. 2004.
Hier heißt es: Ein Käufer hatte nach dem Erwerb der im Keller gelegenen Räumlichkeiten festgestellt, dass der von ihm zum Bewohnen geplante Kellerbereich Feuchtigkeitsschäden aufwies. Eine von ihm beauftragte Architektin stellte fest, dass die Außenwände „feucht“ waren und diese Schäden auf von außen eindringende und senkrecht aufsteigende Feuchtigkeit aufgrund unzureichender und fehlender Abdichtung zurückzuführen waren.
Gemäß § 21 Abs. 4 WEG kann jeder Wohnungseigentümer eine Verwaltung verlangen, die dem In-teresse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Dazu gehört insbesondere die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 21 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 2 WEG).
„Das bedeutet, dass jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Erhaltung des ursprünglichen "ordnungsgemäßen" Zustandes hat. Aber auch, bei Mängeln durch Feuchte kann die Herstellung (auch die Wiederherstellung) eines ordnungsgemäßen Zustandes (vgl. BayObLG NJW- RR 1980, 1293) durch Reparatur oder Beschaffung eines gleichwertigen Ersatzes verlangt werden.
Das OLG hat angegeben, dass ebenso wie andere Teile des gemeinschaftlichen Eigentums, wie z.B. der Außenputz, die Außenfenster, das Dach oder die Hauptleitungen für Wasser und Strom, bei Vorlegen von Undichtigkeiten, Verschleißschäden o. ä. repariert oder ausgetauscht werden müssen und die Eigentümer einen Anspruch darauf haben, dass das im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Mauerwerk des Kellergeschosses in einen ordnungsgemäßen Zustand versetzt wird. Dadurch soll sichergestellt werden, dass das Entstehen weiterer Schäden, sowohl am gemeinschaftlichen Eigentum als auch am Sondereigentum eines einzelnen Wohnungseigentümers verhindert wird.
Somit kann jeder Wohnungseigentümer von den übrigen Wohnungseigentümern die Herstellung ei-nes ordnungsgemäßen Zustandes verlangen, wobei hin¬sichtlich der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht zwischen Wohnungseigentum und Teileigentum unterschieden werden kann.
Letztendlich trifft dies auch auf eine Mietsache zu, denn die dafür bezahlte Miete setzt ebenfalls einen ordnungsgemäßen Kellerraum voraus.
Soweit meine Interpretation des Urteils vom OLG Düsseldorf.
Die dabei verwendeten Begriffe wie z. B. „ordnungsgemäße Instandhaltung“ oder „feucht“ sind nicht eindeutig und somit verbleibt weiter oft Unsicherheit. Dies führt insbesondere bei Wohngemeinschaften mit verschiedenen Eigentümern weiterhin zu Knacknüssen.

Es wäre schon sehr hilfreich, wenn amtliche anerkannte Institutionen, z. B. die Fraunhofer Gesellschaft oder die Bundesanstalt für Materialprüfung eine Grundlage für solche Kenngrößen erarbeiten würden.
Eine Bewertung ist sicher nicht einfach, denn neben der Feuchte (wo werden eigentlich die Feuchte und die Temperatur gemessen?) müssen, sowohl das Raumklima, die Nutzung als auch weitere Parameter festgelegt werden.
Eine wichtige Kenngröße ist sicher die Ausgleichsfeuchte sowie die max. Feuchteaufnahme und der Durchfeuchtungsgrad sowie der Salzgehalt der Baumaterialien.
Die Angaben, "nur" aus dem Labor sind nicht annehmbar. Es reicht nicht aus, wenn das so genannte Normklima z. B. 20° und 50,- oder 80% Luftfeuchte herangezogen wird. Bekanntermaßen führen diese Werte nicht automatisch zu Tauwasser an den Oberflächen. Es gibt hierfür leider keine ausreichenden Grundlagen oder gar eine Normung für die Praxis. Wobei immer die oben angemahnten Bewertungen einfach fehlen.

Wie „trocken“ muss denn nun eine Wand überhaupt sein und was muss außerdem berücksichtigt werden um eine schadenfreie oder ordnungsgemäße Oberfläche zu behalten?
Da wie schon erwähnt eine trockene Wand nicht möglich ist, muss je nach Baustoff abgeklärt werden, wie dieser, sowohl mit Wasser, als auch mit z. B. bauschädlichen Salzen belastet werden kann, um über einen ausreichend langen Zeitraum schadensfrei zu bleiben.
Weiter muss sichergestellt werden, dass Schimmelpilze (oder Schwamm) auf den Wandoberflächen nicht wachsen können und auch keine Frost, - bzw. Tausalzschäden entstehen.
Der wohl wichtigste Grund eine "trockene" Wand herzustellen ist jedoch, dass durch die Abnahme der Feuchte die Wärmedämmung verbessert wird.
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Die nachstehende Tabelle zeigt, dass mit zunehmendem Feuchtigkeitsgehalt die Wärmedämmung deutlich absinkt.
Die Tabelle ist nur auf meiner Homepage zu sehen.
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Quintessenz
Solange der Querschnitt nicht „trocken“ ist, hat der Baustoff eine schlechte Wärmedämmung. Dadurch bleibt der Baustoff im erdberührenden Bereich relativ kalt. Wenn Abdichtungen fehlen und Feuchte ständig „nachgesaugt“ wird kommt es an den Oberflächen zur Schädigung durch bauschädliche Salze. Auch durch Verdunstung entsteht Kälte und es kommt zu Problemen, denn die Mauer wird kälter und es muss mehr geheizt werden.
Wenn man beispielsweise im Zimmer 1°C mehr Wärme braucht, sind ca. 6% mehr Energieaufwand notwendig. Wenn also statt 20 °C nunmehr 24°C Grad erreicht werden sollen, ist das immerhin ein Viertel mehr an Heizkosten!
Es war lange Zeit nicht notwendig sich Gedanken über eine Wärmedämmung im Keller zu machen, denn dieser blieb einfach kalt. War es früher Holz und Kohle was im Keller kurzfristig gelagert wurde (es wurde praktisch jedes Jahr erneuert) so ist er heute Abstellraum für hochwertige Güter oder der Keller wird gar ein Kinderzimmer oder Büroraum.
Mit der Umnutzung (aber auch schon mit der veränderten Lagerung von hochwertigen Materialien) ist es jedoch notwendig, sowohl an die Heiz- bzw. Energiekosten, als auch an Schimmelvermeidung zu denken.
Dass wir heute bei der Instandsetzung alter Häuser - mehr denn je - an den Energieverbrauch denken müssen ist zwischenzeitlich jedem am Bau beteiligten klar geworden.
 
Thema: Was bedeutet es eine Mauer „trocken“ zu legen?

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