Sanierung eines denkmalgeschützten Fachwerkhauses - mit oder ohne Architekt?

Diskutiere Sanierung eines denkmalgeschützten Fachwerkhauses - mit oder ohne Architekt? im Forum Sanierung allgemein im Bereich - Hallo liebe Fachwerk.de-Community, ich lese hier schon seit einigen Monaten mit und habe viel wertvolles aus den Beiträgen mitnehmen können...
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Fachwerker2023

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architekt-denkmalgesch-tzten-fachwerkhauses-i30525_2023522173530.jpgHallo liebe Fachwerk.de-Community,

ich lese hier schon seit einigen Monaten mit und habe viel wertvolles aus den Beiträgen mitnehmen können. Dafür möchte ich mich bei allen bedanken! Nun ist es auch bei uns so weit. Wir haben uns nach etwa 10 Monaten für ein altes Bauernhaus im Landkreis Peine entschieden. Das Bauernhaus, gebaut um 1850 wurde scheinbar Anfang der 2000er unter Denkmalschutz gestellt. Es stand nun 27 Jahre leer und dementsprechend sieht es auch aus. Marode und morsches Balkenwerk (bspw. die Schwellen an einigen Stellen) und vieles Mehr. Eine Zimmerei aus dem LK Gifhorn, die vor Ort war, hat sich bereiterklärt die Balken auszutauschen, welche nicht mehr zu retten sind bzw. weggefault sind.

Einen Architekten der viel Erfahrung in der Denkmalpflege gesammelt hat hat mir auch bereits ein erstes Angebot geschickt. Jedoch frage ich mich hier nun, ob der Preis gerechtfertigt ist, oder nicht. Bei dem Haus handelt es sich um ein zweigeschossiges in Stockwerksbauweise errichteter Fachwerkbau auf Werksteinsockel unter Halbwalmdach mit Krempziegeldeckung. Die Fachwerkwände sind durch zweifeldige Streben ausgesteift.

Der Architekt hat für die gesamte Sanierungsphase Kosten von über 30.000 Euro für seine Leistungen veranschlagt. Ich will natürlich auch nicht am falschen Ende sparen, jedoch wollte ich hierzu euren Rat wissen. Würdet ihr hier weitere Architekten zum Objekt bestellen und Kostenvoranschläge sammeln?

Das Haus wird mal eine Wohnfläche von über 200 qm bieten, nachdem wir das Dach ausgebaut haben.

Anbei ein paar Bilder, damit ihr euch das Ganze besser vorstellen könnt.
 
leistungen-bestandszeichnungen-folgenderma-en-i30525_2023522174810.jpgDie Leistungen des Architekten werden folgendermaßen beschrieben

"Geplant ist eine nachhaltige Sanierung und Modernisierung des Baudenkmals für eine zeitgemäße,
barrierefreie Nutzung.

folgende Leistungen werden erforderlich sein:

- Erstellen eines verformungsgetreuen Aufmaßes inkl. der daraus resultierenden Bestandszeichnungen
des Gebäudes.

- 3 Grundrisse (EG, OG und DG), 1 Querschnitt, 1 Längsschnitt und 4 Ansichten -
stehen anschließend über die EDV in den üblichen Dateiaustauschformaten zur Verfügung. Einen Satz
Bestandszeichnungen erhalten Sie für Ihre Unterlagen, ebenso wie die dazugehörigen PDF-Dateien.

- Entwurfsarbeiten, Antragstellung auf denkmalpflegerische Genehmigung und zeichnerische Darstellung
der Zielkonzeption als Anleitung auch für die zu beteiligenden Handwerker. Die
Darstellungsgenauigkeit und der Detaillierungsgrad gehen über das für Bauantragstellungen erforderliche
Maß hinaus.

- Beratende Tätigkeit im Verlauf der Sanierungsarbeiten bzw. auf Anforderung"
 
Architektenhonorar

Das Architektenhonorar wird nach der HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) berechnet. Die Bemessungsgrundlage sind im Wesentlichen die anrechenbaren Baukosten (aBk), die erst einmal ermittelt werden müssen. im Weiteren dann die Anzahl der Leistungsphasen (Lph), in denen der Architekt mit der Projektplanung beauftragt wird.

Dann die Honorarzone (HZ): bei Denkmalschutz und bei Bauwerken in schlechtem Erhaltungszustand würde ich mindestens HZ III Höchstsatz bis HZ IV Viertelsatz veranschlagen. Dazu kommt der Umbauzuschlag (UZ) von 20-33% für Bauen im Bestand, hier bei Koordinierung von Denkmalschutz-anforderungen mind. 28%. Dann die Nebenkosten von 8-12% und die MwSt.

Aufmaß und Erstellung von Bestandszeichnungen sind Besondere Leistungen und werden nicht über die HOAI abgerechnet.

Für ein FWH von 200m2 in schlechtem/sehr schlechten Erhaltungszustand wird da für eine Kernsanierung/Instandsetzung nach den Vorgaben des Denkmalschutzes eine respektable Summe anrechenbarer Baukosten zusammenkommen. Das vom Architekten veranschlagte Honorar von € 30.000,- für vermutete Leistungen in den Lph 1-4 (bis Bauantrag), inkl. des Gebäudeaufmaßese etc. ist da nicht besonders hoch.

Lassen Sie sich das Honorarangebot nach den Parametern der HOAI vom Architekten aufschlüsseln und bitten Sie ihn, darin anzugeben, von welchen aBk er ausgegangen ist.
 
Ermessenssache

Erstmal Grüße aus der Nachbarschaft(Cremlingen). Das Honorar wurde vom Vorredner ja schon etwas aufgeschlüsselt. Grundsätzlich ist ja erstmal die Frage, was hast du an Geld und in wie weit du bereit bist selber anzupacken. Klar hast du Denkmalschutz und ich weiß nicht in wie weit der auch Baugruppen im Innenraum betrifft. Was Schäden am Dach/Fachwerk betrifft wird dir auch ein versierter Zimmerer(Meister) sehr gut helfen können. Auch bei den gefächern kennt die Zimmerer oft spezialisierte Maurer sofern man nicht selber ran möchte. Anschließend HWF-Innendämmung+Wandheizung im Lehm. Im Grunde sind unsere alten Buden kein Hexenwerk und wer bereit ist etwas Zeit und Lust zu investieren braucht zumindest meiner Meinung nach (häufig) keinen Architekten. Ich wüsste 30.000€ jedenfalls besser zu investieren. Schau auch das du schon mal Kontakt zu dem zuständigen Sachbearbeiter von der Denkmalschutzbehörde knüpfst und ein wenig über dich und dein Vorhaben berichtest. Oft öffnete das Türen und die Denkmalpfleger haben auch Kontakte zu spezialisierten Firmen.
 
Architektenleistung

Zitat: „Die Darstellungsgenauigkeit und der Detaillierungsgrad gehen über das für Bauantragstellungen erforderliche Maß hinaus.“

Den Satz lese ich so: Investition in überflüssige Leistungen. Ich würde die Summe lieber in gute Handwerker und Material investieren.

Nichtsdestotrotz wäre eine unabhängige und kenntnisreiche Baubegleitung sinnvoll. Unabhängig heißt: Er/Sie berät, verkauft mir aber nichts.

@Holzkopf – Dicker Daumen.
 
zeichnungen-vorhanden-durchgef-hrt-i30525_2023523102312.jpgVielen Dank..

für eure ausführlichen Antworten und schöne Grüße nach Cremlingen! Die Antworten helfen mir bei meiner Entscheidungsfindung auf jeden Fall weiter.

Ich muss zu meinem Vorhaben noch erwähnen, dass der Vorvorbesitzer ein Architekt aus der Umgebung ist und bereits zahlreiche Zeichnungen/ Pläne etc. angefertigt hat. Diese sind sowohl in Papierform als auch digital als PDF vorhanden. Da kam bei mir der Gedanke auf "wozu soll ein Architekt ähnliche Zeichnungen erstellen, wenn diese bereits vorhanden sind?". Natürlich sind die Zeichnungen bereits veraltet und aus dem Jahre 2006, jedoch wurde an dem Haus in den 27 Jahren nichts verändert, außer der Tatsache dass sich die Schäden weiter ausgebreitet haben.

Zu meiner Person kann ich nur sagen: Ich habe keine zwei linken Hände, habe viel Zeit und Lust die Sanierung weitestgehend mit meinen eigenen Händen durchzuführen, natürlich nach entsprechender Recherche der Fachlektüre, die ich mir zugelegt habe. Dabei habe ich auch fachkompetente Helfer an meiner Seite. Mein Schwiegervater ist Dachdecker. Hier kommen also nur die Materialkosten auf uns zu. Ausgenommen sind hier natürlich der Austausch von Balkenwerk z.B. an den Schwellen.

Weiterhin haben wir noch vor die Deckenhöhe im 1. OG um 40 cm anzuheben, da diese mit 1,70 sehr niedrig ist. Pläne und Zeichnungen sind hierzu auch vorhanden und wurden damals sogar von der unteren Denkmalschutzbehörde genehmigt.

Ich frage mich nur beim gesamten Vorhaben. Die gesamte Verschlimmbesserei die seiner Zeit durch die ehemaligen Besitzer bzw. Bewohner des Hauses durchgeführt wurden. Wenn das alles entfernt wird..Wenn überall die Böden herausgenommen werden etc. und wir uns dann die Frage stellen: Wie soll der Bodenaufbau, der Wandaufbau etc. jetzt am besten durchgeführt werden ohne zu pfuschen. Ob man hier dann nicht wirklich den erfahrenen Architekten benötigen wird.
 
Lange Reise

Moin, "kein Hexenwerk" lese ich in einer frühen Antwort und kurz drauf kommt dann Stichwort Deckenhöhe anheben, puh, dann drücke ich jetzt schon Mal die Daumen. Das ist Königsklasse. Kompliziert. Sehr teuer. Aber bei 1,70m Raumhöhe wohl zweifellos unumgänglich. Leider. Warum leider? Die raumgeometrien sehen schlimm aus. Alternativ mal drüber nachdenken, das ganze Dach anzuheben.
 
Sicher

wird ein altbauerfahrener Architekt meist immer eine Lösung parat haben. Aber einen solchen muss man auch erstmal finden. Und wenn du, wie du bereits erwähnt hast schon einiges an Zeichnungen hast fällt in meinen Augen dieser Posten schon mal komplett weg. Falls es dir darum geht jemanden zu haben der sich mit dir deine Problemstelle anschaut und wirklich Pragmatische Tipps gibt dann kann ich dir in unserer Umgebung Wärmstens: Roland Becker aus Wernigerode empfehlen. Einfach mal googeln und die Referenzen durchlesen ;-) Auch ich hatte ihn vor gut 1 1/2 Jahren 1x auf meinem Bau und bereue keinen der investierten Euros.
 
Architektenleistung, die Zweite

Sofern es nicht auch um die Organisation, Bauleitung, Rechnungsprüfung, usw. geht, braucht es eher einen Statiker und einen in Sachen Fachwerk versierten Zimmerer als einen Architekten. Denn Archis malen erst mal nur bunte Bilder. Erst der Statiker berechnet dann ob das Ganze auch hält und der Zimmerer sagt dann dass es auch praktisch umsetzbar ist.
Also, wenn ein Archi ins Boot geholt wird, sollte der auch Statik-, Bauphysik- und Praxiswissen haben. Was gerade in Sachen Fachwerkhaussanierung nicht jeder hat!

Gruß,
KH
 
Thema: Sanierung eines denkmalgeschützten Fachwerkhauses - mit oder ohne Architekt?

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