Kultur und Identität im Spiegel von Fensterkultur und Bauwerksidentität

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Heidi Schierbaum

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Der Fensterkultur und Bauwerksidentität den Spiegel vorgehalten in Form von Manufakturfenstern

Zusammenfügtes Script der Vorträge zur denkmal 2004 in Leipzig ( 28.10.2004 )

Ausgehend von dem menschlichen Grundbedürfnis sich anzusiedeln um sich zu schützen, betrachten wir - geführt von einer umfangreichen Bilderreihe - das W i e näher. Das Ergebnis spiegelt immer ein Stück Persönlichkeit des Bauherrn wieder. Er ist es, der seinem Gebäude Ausdruck verleiht und dessen Funktionen verdeutlicht. Als wesentliches Element der Fassade geben hier die Fenster entscheidende Impulse.

Fenster - das Gesicht des Hauses - sprechen eine Sprache. Sie vermitteln Werte und zeigen Wertschätzung. Der „Gesichtsausdruck“ eines Hauses kann Gefühle wie Geborgenheit aber auch Sympathie und Antipathie wecken. Hier findet Kommunikation statt. Über die Formensprache entstehen Metaphern und Symbole.

Nicht zu vernachlässigen ist der Kontext. Je nach Umgebung interpretieren wir das Gesehene anders. Wie auch zu jedem Fenster eine Fassade gehört, gehört zu jeder Fassade ein Straßenzug, zu jedem Straßenzug das Dorf - die Stadt und – nicht zu vergessen – die Freiräume und öffentlichen Plätze dazwischen. Alles in allem entsteht ein kleiner Mikrokosmos, der eine Sprache spricht, die mit unserer Sprache der Erinnerungen kommunizieren kann. In dem Moment, wo die Kommunikation Übereinstimmung signalisiert, findet Identifikation statt. Es erfolgt immer ein Abgleich nach einem Grundmuster.

Unsere Wahrnehmung ist heute durch die Überflutung mit digitalen Bildern geschwächt. Daher gelingt dieser Abgleich nicht mehr immer. Vermeintliche Resultate sind dann häufig nur der nahezu eklektizistische Umgang mit verschiedensten Stilelementen an einem Gebäude oder verkitschte Einzelburgen. Da ist die Hazienda in der norddeutschen Tiefebene noch eine harmlose Variante.

Ich interpretiere das als Suche nach Identität und Kultur. Um diese Suche mit Erfolg zu krönen, ist ein ständiger Dialog über diese Erfahrungen und das entsprechende alte Wissen genauso erforderlich wie Öffentlichkeitsarbeit. Ein anderer wichtiger Punkt ist meines Erachtens, das Wissen zum Thema Bauen und Wohnen über die Schulen zu vermitteln. Denn gerade die so wichtigen gesundheitlichen, physikalischen und harmonischen Aspekte in Bezug auf unsere dritte Haut werden in der allgemeinen Bildung so sträflich vernachlässigt.


Script Kultur und Identität denkmal 2004, Blatt II

Dialog, Schule, Grundmuster. Wann haben Sie das letzte Mal eine Strecke nach dem Goldenen Schnitt geteilt? Wenn Sie eine kleine Hilfestellung dabei möchten, nutzen Sie die Internetseiten www.manufakturfenster.de. Dort finden Sie eine ebenso einfache wie ideale Anleitung. Sie bilden dann auch gleich die Goldenen Rechtecke und verbinden die Eckpunkte zur logarithmischen Spirale.

Den Goldenen Schnitt tragen wir als Grundmuster in uns. Alles, was wächst, sich natürlich formt und sich unseren Sinnen angenehm nähert, basiert auf diesem gleichen Prinzip. Dieses biologische Format vermittelt und bewirkt gleichermaßen eine als angenehm empfundene Ausgewogenheit in der Form. Es sind unsere Proportionen. Wir erkennen, was wir kennen, und das empfinden wir als angenehm. Die Maßverhältnisse des Goldenen Schnittes lassen sich heute milliardenfach am menschlichen Körper nachweisen.

Diese Proportionen lassen sich selbstverständlich auf Gebäude übertragen. Und das ist auch seit alters her geschehen -- bewusst oder unbewusst. In der Ansicht des Manufakturfensters stellen wir z.B. fest: das Mittelstück so breit wie die Hand und die Sprosse so dick wie der Daumen ist. Diese korrespondierenden Proportionen empfinden wir als schön. Wenn wir auf diese Weise Häuser schöner gestalten und schmücken, vermitteln wir Werte. Wir verleihen dem Bauwerk eine Sprachfähigkeit. Wir stellen einen Bezug zur Gesellschaft her. Die ganze entstehende Vielfalt des Aussehens und Gestaltens ist schließlich eine Äußerung der gesellschaftlichen Kultur. Es entstehen gemeinsame Werte, Symbole und Metaphern, Sympathie oder Antipathie.

Dazu gehört auch die Bereitschaft, Kultur leben zu wollen und nicht nur erleben zu wollen! Auch in unserer heutigen nach Spaß und Bequemlichkeit orientierten Gesellschaft finden wir noch und wieder Bauelemente und ganze Bauwerke, die uns ansprechen – deren Sprache wir verstehen.

Das ist dann mehr als reiner Bau- Wirtschafts- Funktionalismus. Wo der Glaube an einen pathetischen Funktionalismus nicht nur den Zweck, sondern auch die Mittel heiligt. Wo die Optimierung von Produktionsprozessen wichtiger ist als die Optimierung des Resultates für den Menschen. Und wo ein Brutalismus in der Formensprache jegliche Wertvorstellungen in Frage stellt.

Welch eine Krönung der Schaffensfreude sind dagegen nach seit alters gewachsenen Techniken gefertigte Handwerksstücke. Leider muss man sich gerade im Fensterbau fragen, warum Kenntnisse nicht weitergegeben sondern missachtet und in die Vergessenheit geschoben werden.

Wir sollten uns diese alten Techniken und die historische Formensprache wieder in freier Weise nutzbar machen – und das nicht nur aus ästhetischen Gründen: Wir finden Fenster, die sind 100 oder 200 Jahre alt ... und voll funktionsfähig. Wir bauen
Script Kultur und Identität denkmal 2004, Blatt III

Fenster aus, die sind 15 Jahre alt ... und voll Schrott! Das ist kein Wunder, wenn man nicht bereit ist, aus 500 Jahre Fensterbau zu lernen, sondern seine Verantwortung den Maschinen und Materialien überträgt.

Diese alten Strukturen wieder anzunehmen, zu respektieren, damit umzugehen und zu leben, erfordert eindeutig die innere Bereitschaft dazu. Aus dieser Bereitschaft muss das aufmerksame Sehen, das wertschätzende Beobachten und der achtsame Umgang genauso wachsen wie das Erkennen und Zuordnen wichtiger Details, das Dokumentieren und Bewahren. Der sensible Umgang mit den Dingen, dem Gebäude, den Menschen erfordert volle Aufmerksamkeit und verantwortungsvolles Handeln statt achtloser Ignoranz.

Es ist einerseits der Kampf in den eigenen Reihen des Handwerks. Andererseits die mangelnde Sensibilität der Kunden. Wer „Geiz ist geil“ ruft, hat seine Werte massiv verschoben. Und es gibt eine dritte Seite: Handel und Industrie. Hier müssen wir uns verbiegen, um in deren Konzept und Produktionsablauf passen.

Gestaltung und Ausführung bringen immer noch allzu häufig Resultate, die bei weitem nicht zufrieden stellen. Wenn wir uns aber solche Dinge leisten, zahlen wir einen ziemlich hohen Preis: wir verderben uns unsere dritte Haut bis hin zum Verlust. Wir verderben uns unsere bebaute Umwelt. Unsere Kommunikation ist nicht mehr stimmig. Unsere Identität gerät ins Wanken. Wenn wir mit unserer dritten Haut nicht sensibel umgehen, zahlen wir mit Gesundheit, Identität und Seele!

Einige Bilder veranschaulichen die Dinge, die man sieht und findet bei der Arbeit in diesem Themenbereich. Da sind einfach nur kopflose Kuriositäten. Da ist der pfleglose Umgang mit anvertrauten historischen Bauteilen einerseits und andererseits die sensible Arbeit beim Entlacken und Fertigen von Ersatzteilen. Da ist die Musikschule mit den Disharmonien in den Fenstern. Da ist die Verdunkelung und erdrückende Schwere von viel zu breiten, hinter Schnörkeln versteckten Fensterrahmen und Sprossen. Und da ist der Vergleich mit dem Manufakturfenster.

Das Manufakturfenster als das Resultat einer anmutigen Fensterarchitektur vereint Kenntnisse über Material, Gestaltung und Fertigung von gestern und heute. Seine Hölzer sind optimal dimensioniert: so filigran wie möglich -- so stark wie nötig. Die Filigranität in Verbindung mit der sorgfältigen Profilierung begünstigt eine angenehme Lichtdurchflutung der Räume. Doch das ist nicht alles: die Authentizität in Bezug auf das Original ist beachtlich und die ästhetische Wirkung ist eine absolute. Das Mittelstück ist so breit wie die Hand, die Sprosse so dick wie der Daumen. Die Fensterflügelbreiten entsprechen der Unterarmlänge. Nur wenn die Maße mit den menschlichen Maßen korrespondieren, ist die Harmonie perfekt. Durchdachte Details in Fertigung und Konstruktion sind die Grundlage einer langen Lebensdauer.

Script Kultur und Identität denkmal 2004, Blatt IV

Erst wenn sich die neuen Fenster in die historische Umgebung einfügen wie eine Jahrtausende alte Selbstverständlichkeit ist es für uns ein zufrieden stellendes Resultat. Erst wenn man die Reparaturstelle nicht mehr sieht und historische Bauteile von alten Farben und Verunstaltungen so befreit hat, dass sie wieder in ihrem alten Glanz erstrahlen, ist unsere Maxime erfüllt.

Alles andere ist Ignoranz, eine leider weit verbreitete, sich allmählich Normalität anmaßende Ignoranz.

Eine Anregung zum Abschluss: Zerlegen Sie das Wort „Denkmal“ einmal in zwei Teile und nehmen Sie es als Aufforderung „Denk mal!“ für ein aufmerksames, Sehen, Suchen, Nachfragen und Hinterfragen. Merken Sie sich das, indem Sie mit einem Papierband einen Knoten bilden. Sie werden übrigens sehen, dass sich unter Ihren Händen einen Fünfeck formt, basierend auf dem Goldenen Schnitt. – Alles, was wächst, sich natürlich formt und sich unseren Sinnen angenehm nähert, basiert auf dem gleichen Prinzip.

© Heidi Schierbaum
Abdruck – auch teilweise – nur nach Absprache
 
persönliche Meinung

Ich finde, es ist ein großer Widerspruch in einem öffentlich zugänglichen Internetforum mit Copyrights zu arbeiten. Abgesehen davon können Sie das Kopieren nicht verhindern (Zitat: Ursächliche Aufgabe eines Computers ist das kopieren von Daten (irgendein Chef des Chaos Computer Club)).
 
Unpersönliche Meinung

Die Veröffentlichung, egal in welchem Medium, dient der Verbreitung von Informationen. Die Veröffentlichung bedeutet nicht, dass das Recht auf das Geistige Eigentum verloren geht. Das die Informationstechnologie das Vervielfälltigen vereinfacht, bedeutet nicht, dass diese technologisch bedingte Vereinfachung, die o.g. Rechte ausser Kraft setzten. Die Vereinfachung führt nur dazu, dass die Hemmschwelle, die Rechte andere zu missachten, durch den geringeren Aufwand herabgesetzt wird. Schon komisch, was "CTRL+C" + "CTRL+V" aus unserem Rechtsverständnis machen können.
 
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum!!

Liebe Frau Heidi Schierbaum

Ihr Vortrag macht einerseits sehr nachdenklich, andererseits bestärkt es uns, gegen die Verstümmelung unserer Geschichte anzugehen!

Ich hoffe Ihr Vortrag hat einige Leute wachgerüttelt!

Mit besten Wünschen Ihnen und Ihrer Familie zum 2.Advent

Michael Eckardt

@Veröffentlichung

Ich finde in keiner Weise einen Widerspruch darin, das eine Person seine Werke, ob Wort oder als Bild, im Internet als Information mit Urheberrecht zu Verfügung stellt!
Wat wären wir ohne diese Veröffentlichungen?

Man kann das kopieren nicht ganz verhindern, aber man kann bei ungenehmigter Nutzung sein Recht auf das eigene Werk wahrnehmen lassen!
Die VG BILD -Kunst nimmt z.B. die Wahrnehmung von Urheberrechten meiner Freundin für Bildende Kunst war.

Im Bezug auf Urheberrechtschutzfristen der VG BILD –KUNST, hier ein Auszug aus
Wahrnehmung von Urheberrechten für Bildende Künstler

Dauer der Urheberrechschutzfristen/
Vererbung der Rechte und Ansprüche

Die allgemeine Schutzfrist für urheberrechtlich geschützte Werke endet 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers: eine Ausnahme bilden Lichtbilder: diese werden nur 50 Jahre nach Herstellung geschützt.

Nach dem Tod des Urhebers stehen seine Rechte den Erben in vollem Umfang bis zum Ablauf der Schutzfrist zu.

Auf § 11 und § 2 des deutschen Urheberrechtsgesetzes möchte ich auch noch hinweisen,
nachzulesen auf www.urhg.de/ !
 
Thema: Kultur und Identität im Spiegel von Fensterkultur und Bauwerksidentität

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