Ballast auf Dachboden

Diskutiere Ballast auf Dachboden im Forum Sanierung allgemein im Bereich - Hallo ins Forum, wir haben ein Haus im Vorharz gekauft, das laut dem "Stadthistoriker" aus dem 17 Jahrhundert stammen könnte. Die Stadtverwaltung...
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Leotse

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dachboden-deckenbalken-stockwerk-i29244_20226118590.jpgHallo ins Forum,

wir haben ein Haus im Vorharz gekauft, das laut dem "Stadthistoriker" aus dem 17 Jahrhundert stammen könnte. Die Stadtverwaltung hat den ersten Eintrag allerdings erst 1924...
Das untere Stockwerk besteht aus Kalkstein, 60cm dick. Das obere Stockwerk ist Fachwerk, darauf liegt ein einsäuliges Kehlbalkendach. Es haben sich unter dem Dachboden ein paar Deckenbalken durchgebogen und es gibt auch vertikale Risse im Außenputz der oberen Etage (das ganze Haus ist leider mit einem harten Zementputz verputzt). Ich habe ein paar Stellen des Putzes entfernt, die Balken darunter sind nicht vergammelt.
Irgendwann hat mal jemand einen Gipsestrich auf dem Dachboden gegossen, ohne Dehnungsfuge direkt an die Sparren - allein der wiegt insgesamt ca. 8 Tonnen. Darunter liegt noch eine 2cm dicke Schicht Sand , darunter dann verstrichener Lehm und dann kommen Stroh-Lehm-Staken, die nicht zwischen, sondern auf den Deckenbalken aufliegen. Über den Außenwänden wurden zwei Reihen Lehmsteine gemauert, ich vermute als Schalung für den Estrich, der liegt da an. Dahinter kommen die hölzernen Dachkästen und sogar die wurden mit Sand und Steinen befüllt. Man kann das gut auf dem angehängten Bild sehen.
Der Zimmermann würde die durchgebogenen Deckenbalken seitlich verstärken und zwei austauschen, ich muss also sowieso einige Fächer leer machen. Da frage ich mich, was ich alles vom Dach herunternehmen kann. Ich würde das Fachwerk gern so gut es geht entlasten aber mindestens den Originalzustand (also Estrich raus) wiederherstellen. Der Dachboden wird nicht genutzt werden.
Meine Frage ist: Spielt denn das ganze Gewicht auf den Deckenbalken eine Rolle für die Statik? Eine Architektin hat gesagt, Auflast kann dafür sorgen, dass das Dach nicht abhebt bei einem Sturm. Ich habe aber auch zwei Leute getroffen, die Fachwerkhäuser renovieren. Die haben empfohlen, die Füllungen in den Deckenfächern nicht zurückzuschütten, sondern in Etappen rauszuschmeißen und auf die Balken OSB Platten zu schrauben, darauf dann Rieselschutz und eine Dämmschüttung. Das ganze sollte in kleinen Schritten nacheinander passieren, damit die Scheibenfunktion erhalten bleibt.

Mich würde eure Meinung und eure Erfahrung dazu interessieren.

Ich habe erstmal 20 Türen von den Kehlbalken und 1 Tonne Ersatzziegel heruntergeholt. Es knackte im Gebälk...
Leo
 
Gewicht

Mich würde das Gewicht nicht stören. Man kann davon ausgehen, dass früher einiges an Gewicht auf dem Dach vorgesehen war, da diese vielfach als Speicher genutzt wurden. Getreide als Schüttgut hat einiges an Gewicht. Wenn dann dieser dort liegenden Estrich schon viele Jahre dort liegt, würde ich das erst einmal als positives Zeichen nehmen. Die Masse wirkt sich positiv auf das Speichervermögen was gerade an warmen Tagen Vorteile bringt.

OSB hat eine Wirkung als Dampfbremse und besonders wenn es auf der kalten Seite aufgebracht ist, kann die Konstruktion von unten her auffeuchten. Das müsste in diesem Fall Bauphysikalisch durch eine Dampfbremse unter der Decke ausgeglichen werden. Da in der Praxis dies nur in den wenigsten Fällen in Fachwerkhäusern dauerhaft dicht zu bekommen ist, finden sich solche Lösungen vor allem in Berichten von Bauschäden. OSB hat den Nachteil, dass es Schäden dahinter sehr lange verstecken kann.

Falls notwendig, ist es also besser auf den Speicherboden einen diffussionsoffene Dämmung aufzubringen. Die Abdeckung dann mit Dielen oder einer Unterspannbahn. Dies sind nur allgemeine Hinweise, auch weil nicht klar ist ob der Estrich bereits zu dicht ist und deshalb die Deckenbalken bereits Schäden durch Feuchtigkeit aus den Räumen darunter haben. Früher wurde weniger geheizt und deshalb war auch das Feuchtegleichgewicht in den Räumen etwas anders.

Einfache Antworten auf komplexe Probleme sind leider nicht möglich.
 
danke

Hallo Historia,

danke für ihre Antwort. Diffusionsoffenheit klingt sehr plausibel. Dann nimmt man besser statt der OSB Platte Rauhspund/Dielen und legt darauf die Dämmung. Von unten würde ich das mit Lehm verputzen, für die Optik und damit es luftdicht ist.
Ich mache mir Sorgen wegen des Gewichts for allem wegen der schon gebogenen Balken. Ich sehe keinen guten Grund, warum die sich verbogen haben und denke, dass es vielleicht am schweren Estrich liegt. Ich will nicht alles reparieren und zehn Jahre später hängt der nächste Balken durch...
Ich frage mich vor allem, wenn ich einige Deckengefache sowieso rausnehmen muss für die Reparaturen - muss ich die dann wieder so schwer machen wie sie waren, weil das Gewicht wichtig für die Statik ist? Oder kann ich dann beruhigt eine leichte Variante aufbringen?
 
Re: Ballast auf Dachboden

Zum Einen, dass das Gewicht der obersten Geschossdecke als "Sturmsicherung" fürs Dach dient, ist Unsinn. Demnach müsste der Dachstuhl kraftschlüssig auf Zug an den Deckenbalken befestigt sein/werden, damit er nicht abhebt. Zimmermannsmäßige Schlitz-Zapfen-Verbindungen sind das aber i. d.R. nicht.
Von daher, wenn der zusätzliche "Ballast" nicht als Schalldämmung gebraucht wird, kann die Decke durchaus entlastet werden. Ob die Durchbiegung der Deckenbalken deswegen aber weniger wird, ist eine andere Frage. Ohne Genaueres zu wissen schätze ich mal, wenn überhaupt, dann nur ein paar mm. Es kommt halt auch darauf an auf wie viel m² die 8 to verteilt sind.

Zum Anderen, es ist richtig dass OSB-Platten als Dampfbremse dienen können, wenn deren Stöße und Fugen zu angrenzenden Bauteilen verklebt werden. Trotzdem kann man sie auch unter einem Kaltdach als Fehlboden auf eine oberste Geschossdecke verlegen, wenn die Dämmung der Decke AUF die OSB-Platten gebaut wird. Die dampfbremsenden Platten sind so auf der warmen Seite der Dämmung, da entsteht kein Kondensat. Man darf sie nur nicht in gleicher Plattenstärke auf die Dämmung legen, weil so der sd-Wert auf beiden Seiten der Dämmung gleich wäre. Verwendet man auf der warmen Seite z. B. 22mm-Platten auf der kalten Seite dünnere, z. B. nur 15 od. 18 mm dicke Platten ist der sd-Wert auf der kalten Seite niedriger als auf der warmen. Theoretisch kann so von unten durch die dicke Platten eindiffundierende Feuchtigkeit schneller nach oben hin raus als von unten rein kommt. Da sich das Ganze aber in recht engen Grenzen abspielt (beide Plattenlagen müssen den gleichen µ-Wert haben), ist m. M. n. die bessere Lösung auf die Dämmung eine diffusionsoffene Unterspannbahn als Winddichtung zu verlegen (damit im zugigen Dachboden keine Kaltluft in die Dämmung geweht werden kann) und als Belag Rauspund oder einfache sägeraue Bretter/Dielen zu verlegen, durch deren Fugen die Feuchte "ungebremst" raus kann.

Gruß,
KH
 
super

Hallo Karl Heinz,

danke für die Erklärungen. Dass das Dach auch ohne die Deckenbalken abheben könnte, ist absolut schlüssig, die Theorie der "Auflast" also widerlegt. Ich überlege mir sehr gut, ob ich mehr abnehme als nötig, das wäre ja auch enorme Arbeit. Ich werde aber sicher die Dachkästen leer machen, wenn da einmal Wasser reinläuft, würde das nie mehr trocknen. Und dann wäre natürlich eine Unterspannbahn unter den Dachlatten toll, aber das Dach ist noch gut erhalten und ist eigentlich noch nicht dran....
Ich würde dann wahrscheinlich OSB Platten nehmen, darauf dann Rieselschutz, die Dämmung und darauf eine Unterspannbahn zur Winddichtheit. Ich werde das heute abend mal im Ubakus Rechner simulieren und auf den Unterschied zwischen OSB und Vollholz achten.
Eine Frage habe ich noch. Mein Nachbar war der Meinung, bei unseren Häusern dürfte man nicht die ganze Decke öffnen, das ließe die Statik nicht zu. Sein Haus ist allergings in beiden Stockwerken Fachwerk. Jetzt finde ich im Netz sehr viele Bilder von offenen Decken in Fachwerkhäusern. Soll ich darauf achten, nicht zu viel Decke auf einmal zu öffnen? Oder ist das Unsinn?

Gruß
Leo
 
Deckenbalken auch verzapft

Ich habe nochmal über das Abheben nachgedacht und frage mich, ob die Deckenbalken des Dachbodens denn mit irgendetwas verbunden sind, oder ob die nur auf den Schwellen aufliegen. Dann würde die Auflast vielleicht doch Sinn ergeben?

Leo
 
Re: Deckenbalken auch verzapft

Im Fachwerkbau wurden Deckenbalken i. d. R. mit dem Rähm (oberer waagrechter Balken je Geschoss) mit "Dollen" (dicken runden Zapfen) verzapft. Dadurch sind sie gegen Verrutschen/Verschieben gesichert, können aber nach oben aus den Dollen ausgehoben werden.

Ob die Decke in deinem Haus als aussteifende Scheibe konstruiert ist, kann man aus der Ferne schlecht beurteilen. Es gibt ein paar Merkmal anhand deren man es erkennen, zumindest vermuten kann.
Ein paar "Hinweise" dazu kannst du dir selbst erlesen, z. B. hier: https://www.bauingenieur24.de/fachb...alkendecken-im-mauerwerksbau-teil-2-4/234.htm

AAABER,
wenn du unsicher bist, rate ich dir dringend einen erfahrenen Zimmerer vor Ort zu holen, deri sich die Sache "live" anschaut !!!
Nimm vor allem nicht irgendwelche Bilder aus dem Internet als Vorlagen für dein Projekt. Auch wenn es davon tausende gibt. Es gibt Millionen Fachwerkhäuser, aber jedes ist ein bisschen anders!

Gruß,
KH
 
Austausch im Vorharz

Hallo Leo, in welcher Region im Vorharz befindet sich euer Haus?
Wir haben im letzten Jahr ein Fachwerkhaus im Raum Quedlinburg gekauft. Falls Ihr in der Nähe wohnt, können wir uns gerne mal zu nem Bier/Wein treffen und austauschen.
 
Dann also der Zimmermann

KH:
Danke für die weiteren Tips, den Link und den Ratschlag. Den habe ich berherzigt, der Zimmermann kommt am Montag.

Hey Quedlinburg, hier Wegeleben aka 12 Minuten Autofahrt: Das wäre toll. Ich kann Dir aber im Moment nur viel vorjammern, weil mein Haus an allen Enden Probleme macht. Aber das geht ja den meisten Leuten am Angang so...
E-mail: **********
 
Thema: Ballast auf Dachboden
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