Verputztes Fachwerkhaus (altes Gutshaus) Zustand Bewerten, worauf achten?

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axel winter

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fachwerk-zustand-balken-i29533_2021102914106.jpgHallo liebe Community,

ich hoffe hier Hilfe zu finden, wie ich Fachwerk beurteilen kann, obwohl es verputzt ist. Ich interessiere mich für ein altes Gutshaus aus ca. 1850, einer Zeit in der meines Wissens nach, bereits verputzt wurde, damit es nicht so "ärmlich" aussieht. Die Front ist mit einer Ziegelschmuckfassade verblendet. Sicher ist im Lauf der Zeit der Putz erneuert worden und dass wohl mit dem ab 1900 verwendeten Zementputz, spätestens aber wohl zu DDR-Zeiten (das Haus steht in Mecklenburg).

Es fand bereits eine Hausbesichtigung statt. Trotzdem bleibt die Befürchtung, die Katze im Sack zu kaufen, denn wie das Fachwerk beschaffen bzw. wie gut oder schlecht der Zustand der Balken ist, lässt sich für mich als Laien kaum einschätzen. Auffällig ist, dass der Außenputz überall an den Stellen, hinter denen sich senkrechte bzw. waagerechte Balken befinden gerissen ist. Als könnte der Putz irgendwann in großen "Platten" abfallen. Was ich davon ableiten kann weiß ich nicht. Ebenso ist mir aufgefallen, dass sich Nachts (die Besichtigung zog sich bis 23:00 Uhr hin) das Fachwerk dunkel (Feuchtigkeit) auf dem Außenputz abzeichnete. Vielleicht ist das normal, vielleicht aber auch ein wichtiger Hinweis auf den Zustand des Fachwerks. Eine weitere Sorge/Frage: wie wohl das Fachwerk hinter der vorgemauerten Schmuckfassade aussieht.

Die einzige Möglichkeit das Fachwerk selbst zu sehen, besteht an einer Giebelseite, dort ist bereits (beschleunigt durch eine undichte Dachrinne) ein großes Stück Putz abgefallen. Die sichtbaren Balken sind hier natürlich stark durchnässt und müssen auf jeden Fall erneuert werden. Das zieht sich auch etwa bis zu 1,50m ins Hausinnere, in diesem Bereich ist auch innen der Deckenputz bereits abgefallen und gibt den Blick auf nasse Balken wieder. Dieser dabei zu sehende Balkenkopf ist auf jeden fall nicht mehr intakt.

Mir ist klar, dass es viel zu tun gibt und das ganze nicht billig wird und auch Zeit kostet. Es geht mir tatsächlich darum zu erkennen, ob das Haus "gleich umfällt" was ich nicht glaube, oder inwieweit man anhand der Indizien auf den Zustand des restlichen Fachwerks schließen kann bzw. wie ich etwas mehr Klarheit bekommen kann. Putzabklopfen kann ich ja erst, wenn ich es gekauft habe.

Ich habe ein paar Bilder angehängt, die vielleicht mehr sagen.

Vielen Dank für Eure Zeit.

Axel Winter
 
Die "Katze im Sack"

wollen Sie nicht kaufen? Dann Finger weg!

Ein altes Fachwerkhaus zu kaufen, bedeutet IMMER die Katze im Sack zu kaufen.

Wie Sie schon geschrieben haben: beurteilen kann man das FW erst nach Putzabklopfen. Aus diesem Grund sind unverputzte Häuser oft besser - vor Kauf - einzuschätzen.

Richten Sie sich auf Kosten ein, die quasi dem Neubau gleichkämen...wenn es dann günstiger kommt: Glückwunsch!

PS: steht es unter Denkmalschutz?
 
kleiner Tip

Moin, moin

in MV gibt es alle Jahre wieder ein oder zwei Wochenenden in welchen die Gutshausbesitzer ihre Türen öffnen und Publikum ins Haus lassen. Dann berichten sie mit Bildern, Fotos und direkt vor Ort von ihrer Verliebtheit in das spezielle Objekt, ihr finanzielles Engagement, was alles so kaputt war (ohne dass man es auf den ersten Blick sah), und wie es repariert oder in Stand gesetzt wurde.

Bei so einer Besichtigung hat man dann auch die Gelegenheit die Bewohner der Häuser kennen zu lernen und auch zu sehen, wie sie dafür körperlich bezahlt haben oder auch noch bezahlen.

Da kann man dann Rechtsanwälte aus Berlin, Verleger aus Düsseldorf und andere ehemals gut verdienende Personen kennen lernen, die allesamt ab irgendeinem Punkt selbst zur Kelle oder zum Spaten griffen, die Frauen ebenfalls und zum Teil, da das Geld knapp wurde, sollte auch für Hochzeiten vermietet werden.

Zum Teil sind diese Beobachtungen desaströs!

Der Charme, der in einem Bauwerk mit 500 oder gar 1000 m^2 Wohnfläche liegt ist natürlich groß! Die Kosten dafür aber für einige Zeitgenossen erdrückend.

In einem Ort habe ich einen Herren kennen gelernt, der hatte neben den denkmalpflegerischen Auflagen "nur" noch die Auflage, den Garten des Herrenhauses wieder herzustellen und für die Bevölkerung zugänglich zu machen.

Alleine diese Angelegenheit hat ihm wirtschaftlich das Genick gebrochen, da er drei oder vier Gärtner auf Vollzeitstellen beschäftigen musste, die monatlich mehr als 10.000 Euro kosteten.

Viele, die so etwas anfassen, haben zunächst keine Vorstellungen von den Kosten und denken - das Ding kostet doch nur 50.000,- das zahle ich aus der Portokasse.

Rechnen Sie als Renovierungskosten für so ein Haus (wie auf ihrem Foto) mindestens 600-800,- Euro pro m^3 umbautem Raum. Wenn Ihr Haus also, wie auf dem Foto ca. 15 m breit, 12 m hoch, zzgl. 2,5 m Keller und 20 m lang ist, dann dürfen für die Instandsetzung ca. 3 Mio € fällig werden. Selbst wenn sie alles selbst machen
und lediglich das Material kaufen, kommen sie sicherlich nicht unter 1 Mio €. Selbst wenn sie für sich selbst und einen Helfer pro Stunde jeweils 60 € einsparen, sind die zu erarbeitenden 2 Mio € mit ca. 2100 Arbeitstagen erst verdient!

Es gibt einige Schlossherren, die es genau so gemacht haben. Allerdings ist dazu immer noch eine recht ordentliche finanzielle Ausstattung (1 Mio€) und eine blendende Gesundheit sowie eine stabile Partnerschaft absolut von Nöten.

Wer hauptamtlich noch Geld verdienen muss, kann das nicht schaffen.

Nicht zuletzt muss man dann natürlich die laufenden Unterhaltskosten so einer Immobilie rechnen. Mit Versicherungen, Heizung, Steuern etc. liegen mit Sicherheit bei 1,50-2,00 € pro m2. Bei einer Nettowohnfläche von 600 m^2 kommen monatlich ganz sicher 1.000 € zusammen. Hinzu kommen noch die Kosten für den Garten/Park (s.o.) sowie Rücklagen für die Instandhaltung von etwa 0,8 €/m^2 und Monat also auch noch einmal ca. 500,- € monatlich.

Es ist gut, so etwas vorher zu wissen.
Ich wünsche Ihnen eine gute Entscheidung zu treffen.


Karl
 
Traurige Wahrheit

Ja, da kann man nur abraten. Wir haben für 180m2 6 Jahre gebraucht. Die anfängliche Hilfe ging dann schnell gegen Null. Frau war mit den 3 Kindern ausgelastet. Die Doppelbelastung aus normaler Immobilie plus dem "Projekt" ist die Hölle. Ich weiß nicht wie oft wir hinschmeißen wollten. 3 bis 4 mal sicher. Nun ist es fertig und wir waren selten stolzer als jetzt, wo es geschafft ist. Ich bin 10kg leichter. Habe keinerlei Rückenprobleme mehr. Bekannte von uns kochen und duschen immer noch im Wohnmobil vor ihrem "Projekt", obwohl sie finanziell weit besser dastehen.
 
Verputztes Fachwerkhaus (altes Gutshaus) Zustand Bewerten, worauf achten?

Vielen Dank für Eure Antworten.

@Gerd
Zu der Überzeugung bin ich mittlerweile auch gekommen. Auch wenn ich gehofft habe, anhand des Bildes der Putzrisse eine klare "Diagnose" zu bekommen, weiß ich natürlich auch, wie gewagt bzw. schwierig so etwas ist. Es hätte ja sein können, dass es sich um ein typisches Schadensmuster handelt, von dem sich eine Ursache klar ableiten lässt.

@Karl
Meine Kalkulation entspricht in etwa der Deinen. Da beim Kauf eines solchen Objektes Emotionen keinen Platz haben durften, kam ich zu dem Ergebnis, dass zumindest was mich betrifft, der Kaufpreis zu hoch angesetzt ist. Der "Einstieg" also. Allein der Gedanke, dass bei diesem Gebäude die Schwellen gewechselt werden müssten (ich sehe die vorgesetzte Schmuckfassade als ein Hauptproblem) lässt den angenommenen finanz. Rahmen von 600-800 Tsd. Gesamtkosten erheblich ansteigen. Ich habe daher Abstand von diesem Objekt genommen. Vielleicht ist alles garnicht so schlimm, aber ich will das Risiko nicht eingehen.

Vielen Dank Euch
Axel
 
ehrlich gesagt

Hallo Axel,

an Ihrer Stelle würde ich mich zunächst an etwas deutlich Kleineres ran wagen -es sei denn, sie haben eine ganze Fußballmannschaft von fleißigen und unentgeltlichen Helfern.

Es gibt vor allen Dingen auch Projekte die überschaubarer sind im Hinblick auf Größe und die notwendigen Arbeiten.

Dann haben sie ihr Gesellenstück und können entscheiden, ob sie auch den Meister machen wollen.

Man darf niemals vergessen, dass diese Herrenhäuser durch eine umfangreiche Landwirtschaft finanziert wurden - jedes Gutshaus hatte 10-20 Höfe, die entsprechende Abgaben leisten mussten. Ferner war das Personal schlecht oder gar nicht bezahlt - da konnte man sich leicht 5 oder 10 Bedienstete leisten.

Selbst als gute bezahlter oder verdienender Bürger ist der Unterhalt eines solchen Projektes (wenn man nicht vermietet oder andere Einnahmequellen hat) absoluter Luxus.

lg

Karl
 
etwas kleineres....

...würde mir tatsächlich (erstmal) ausreichen. Auch wenn das große Gebäude vermietet werden sollte (ich muss nicht herrschaftlich auf 400m² oder mehr wohnen) käme etwas kleineres mit dem nötigen Charme durchaus in Frage. Es ist nur leider im Moment kaum etwas im Angebot. Ich werde mich also so oder so gedulden müssen.

Lieben Gruß
Axel
 
Thema: Verputztes Fachwerkhaus (altes Gutshaus) Zustand Bewerten, worauf achten?

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