Innenputz eines Vollziegel-Altbaus (Bj. 1864) sanieren

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werkstatt

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Wir renovieren unser Haus (Bj. 1864, mit einem Zubau 1874; kein Fachwerk, sondern Vollziegel). Meine Frage bezieht sich auf die Innenwände: nachdem wir die Tapeten entfernt haben, sind mehrere Farbschichten zum Vorschein gekommen, die vermutlich bis zum Erbauungsdatum zurückreichen. Wir haben begonnen, diese Farbschichten zu entfernen; haben es mit Vibrationsschleifer (extremes Staubaufkommen), Elektrospachtel (sehr langwierig) probiert, und auch versucht, die Farbe einfach mit einem nassen Reibtuch abzuwaschen (die allermeisten Schichten scheinen gut wasserlöslich zu sein. Ist aber auch langwierig, da man den Fetzen sehr häufig auswaschen muss).

Der Putz, der darunter zum Vorschein kommt, ist natürlich alles andere als glatt und eben, haftet aber zumindest großteils noch gut; an einigen Stellen ist er allerdings rissig, an manchen anderen klingt er hohl. Wir möchten ihn -- natürlich auch aus Kostengründen -- nicht vollflächig abschlagen und durch neuen Putz ersetzen, sondern lieber ausbessern und glätten, um die Räume danach mit Dispersionsfarbe ausmalen zu können. (Wir mögen keine Tapeten, und von Gipskartonplatten als Trockenputz möchten wir auch lieber absehen.) Ich weiß leider nicht, welche Art von Putz bei der Erbauung verwendet wurden, tippe aber auf irgendetwas auf Kalkbasis.

Wie geht man hier am besten vor? Ich brauche in einem derartig alten Haus nicht unbedingt perfekt ebene Wände, aber einigermaßen glatt sollten sie wohl schon sein. Ist es sinnvoll, größere Risse mit Gittern zu überbrücken, größere hohl klingende Stellen abzustemmen und zu verfüllen (zB mit Grünband?), kleinere Löcher mit Füllspachtel zu füllen, die Wände dann mit Tiefengrund zu behandeln, und schließlich flächig zu verspachteln (Gelbband?)? Und ist es davor überhaupt nötig, die alten Farbreste zu entfernen? Ein hinzugezogener Helfer (der schon Erfahrung mit Sanierungen, allerdings vielleicht mit nicht ganz so alten Häusern hat) meint, nach der Tiefengrundierung sollten wir mit (Dünnbett-?)Kleber vollflächig so ein Putzträger-Netzgitter befestigen und erst danach (wiederum mit Gelbband) verspachteln, damit das Zeug auch wirklich über mehrere Jahre hält und keine Risse bildet oder gar wieder runterbröselt. Irgendwas in mir sträubt sich dagegen, aber vielleicht ist es angesichts der vielen kleinen Risse doch wirklich besser...
Aber ist zumindest eine dieser Varianten sinnvoll? Oder welche andere Art von Materialien/Technik sollte zum Einsatz kommen? Muss ich im Bereich der Elektroschlitze/einzugipsenden Schläuche etwas beachten (Putzträger darüber nötig?)? Und wie gehe ich an der Decke vor (Holzbalken, unten mit Lattung, Schilfrohrmatten, Putz, alte abplatzende Farbschichten), in der ich die Schläuche für die Decken-Lichtauslässe (nötigenfalls nur 16mm) verlegen möchte?

An zumindest einer Stelle ist schon früher etwas schiefgegangen: eine Außenmauer von 1864 wurde 1874 aufgrund eines Zubaus zu einer Innenmauer. Der Innenputz, der dabei auf die ehemalige Außenmauer aufgebracht wurde, hat in einem Zimmer praktisch vollflächig hohl geklungen, sodass ich ihn gänzlich entfernt habe (kam mir praktisch entgegen). Darunter ist die Außenwandbemalung von 1864 zum Vorschein gekommen. Ich vermute, dass aufgrund der wasserabweisenden Außenputz- oder Farbbeschaffenheit des Untergrunds sich der darauf aufgebrachte Innenputz nie richtig damit verbunden hat; diesen Fehler würde ich lieber nicht wiederholen. Diese Wand ist andererseits bis auf einige Stellen um einiges glatter als der Innenputz auf den anderen Wänden; würden Tiefengrund und Gelbband hier funktionieren?

An einer anderen Stelle wurde der ehemalige Außenputz nachträglich ziemlich glatt mit einer grauen Substanz (zementbasiert?) großflächig überputzt, was auch gut haftet; hier frage ich mich, ob ich die Zwischenräume ebenso verputzen soll und ob das Ganze schon geeignet ist, um danach Dispersionsfarbe aufzunehmen, oder ob man hier ebenfalls noch überspachteln müsste.

Ich bin online auf Hinweise gestoßen, dass man in einem solchen Altbau zB Zement generell vermeiden sollte (http://www.noe-gestalten.at/serien/serie_altbau.htm); zu meiner Überraschung wird dort aber auch Gips für tabu erklärt, ohne dass das weiter ausgeführt wird. Dabei haben wir schon begonnen, die neuen Elektrik-Schlitze zuzugipsen... Was ist von diesem Ratschlag zu halten?

Ich bin dankbar für jeden sachdienlichen Hinweis! :)
(Das hier ist zugegebenermaßen ein Cross-Posting von http://www.bauexpertenforum.de/showthread.php?69679-Innenputz-eines-Altbaus-(Bj-1864)-sanieren)
 
putz

ich würde den putz komplett runtermachen und neu mit kalkputz und fresco mit kalkfarbe bestreichen.
Ich denke das ist effektiver als mit verschiedenen untergründen rumzumachen.
 
Ich hatte eine ähnliche Situation in meinem Haus. Die leimfarbe habe ich komplett mit einer Giraffe abgeschliffen (mit Staubabsaugung), losen Putz entfernt, die Löcher dann mit Kalkputz verfüllen und über die gesamte Fläche nochmal drüberputzen lassen. An Stellen mit vielen Rissen im Altputz habe ich ein Netz einlegen lassen, ebenso an den Decken.
 
Kalkputz

Danke für die Antworten! Kalkputz klingt mir nach einem der Substanz angemesseneren Material. Da der Putz im großen und ganzen wie gesagt ganz ok aussieht, werde ich mich an ramonas Vorgehensweise orientieren.

Soll ich dann die Elektro-Schlitze lieber nicht mit Gips zumachen? Gibt's brauchbaren Kalkputz im Baumarkt? Schafft das Verputzen auch jemand, der bisher mit anderen Materialien verputzt hat, oder muss man hier etwas Besonderes beachten? Und kann man den mit Dispersionsfarbe malern?
 
Nachtrag

Hab zum Thema Kalkputz jetzt noch diesen Thread gefunden:
http://www.fachwerk.de/fachwerkhaus/wissen/maessig-putz-116794.html
Mein Bestandsputz sandet auch ein wenig, deswegen hatte ich ursprünglich auch an Tiefengrund gedacht, was sich mit neuem Kalkputz offenbar nicht wirklich vertragen würde. Was ist von dem letzten Vorschlag in dem Thread zu halten, den vorhandenen Putz mit Staubkalk zu reaktivieren und dann eine neue Schicht Kalkputz aufzutragen?
 
Putz

Es gibt technische Regeln, die sich seit der Zeit der klassischen Antike nicht verändert haben. Dazu gehört u.a. das der Putzgrund FEST und frei von losen Bestandteilen, Staub, Verunreinigungen usw. sein soll.
Was morsch und mürbe ist runter!

Viele Grüße
 
Hallo,

es kommt alles auch ein wenig auf den Gesamtumfang an. Ich würde an 1000 m² Putzflächen anders herangehen als an 100.
Aber zu allererst solten Sie sich eine Liste verbotener Baustoffe machen:
Gips, Gipskarton, Zement, Dispersionsfarbe.

Auf Kalk wird mit Staubkalk und Wasser grundiert. Also gibt es auch keine "Tiefengründe", seien sie silikatisch (Wasserglas) oder arcrylhaltig (im Falle eines Falles klebt Uhu wirklich alles).

Große Flächen würde ich komplett entfernen und Kalkputz maschinell antragen lassen. Kleine Flächen kann man im Mischer mischen. Wenn man noch nie mit Kalk gearbeitet hat, würde ich unbedingt zu Werkstrockenmischungen raten.


Grüße
 
Nochmals vielen Dank für die hilfreichen Antworten! Das deckt sich auch weitgehend mit meiner Intuition und Abneigung gegen Zement- oder kunststoffvergütete Gipsprodukte, aber hier vor Ort muss ich wohl noch ein wenig Überzeugungsarbeit leisten...

Mein Helfer will Kleber und Netz deswegen verwenden, weil sich im neuen Kalkputz sonst bald wieder (zB Setzungs-)Risse bilden würden. Was ist davon zu halten?

Insgesamt würd ich (auf zwei Geschoßen) wohl schon auf um die 1000m² Putzfläche kommen. Was den Zustand des Bestands betrifft, so tu ich mir etwas schwer mit der pauschalen Beurteilung. Wenn ich mit dem Finger fest über den Putz drüberstreiche, wird der jedenfalls staubig; an manchen Stellen sandet das Zug auch ab, an manchen aber wieder nicht. So wirklich flächig entgegen kommt mir das Zeug allerdings zum Glück noch nicht.
Ich häng ein weiteres Beispielfoto an, was nach dem mühseligen Abschaben der Tapete so zum Vorschein kommt...

Welche Methoden der Beurteilung der Festigkeit/Tragfähigkeit des Bestandsputzes kann ich als Laie noch anwenden? Oder brauch ich da einfach jemanden mit mehr fachlicher Erfahrung? Wen gibt es da im Raum Oberösterreich.

Das gänzliche Abschlagen des Bestandputzes und maschinelle Neuauftragen klingt für mich finanziell ziemlich horrend...
 
Hallo,

horrend... ist es eigentlich auch.
Bei diesen Sanierungen kommen große Materialmengen zusammen,die auch verarbeitet sein wollen. Also 1 Sack pro m² alles in allem, macht 30 Paletten oder 7.500 € an Material.
Sie brauchen 3 geübte Putzer und eine Maschine.
Darüberhinaus Gewebe und Eckschienen.
Lassen Sie sich gute Putzer aus Polen oder Tschechien nachweisen, dann zahlen Sie nochmal 5.000 € und alles ist fertig.

Aber weiter zum Ablauf: Nach dem ersten Putzgang kann man nass in nass (fescal) Glätte einarbeiten.Anschließend mind. 6 Wochen trocknen lassen,anheizen, Putz nacharbeiten.

Dieses nacharbeiten mit Glätte nach etwa 6 Wochen ist unbedingt erforderlich, weil der Putz selbstverständlich Risse zeigen wird, allerdings keine Setzrisse, sondern diverse Spannungsrisse,Schwindrisse, zwängungsrisse. Anchlüsse an einbindende und anstoßende Bauteile bitte elastisch ausführen.

Ich hab gerade so eine Maßnahme an einem Baudenkmal hinter mir, zusätzlich mit Innendämmung und Wandflächenheizung auf den Außenwänden. Es ist schon anspruchsvoll, lohnt sich aber in jeder Hinsicht !

Grüße
 
Nebenbei...

... viel preiswerter würde es auch unter Verwendung der ursprünglich erwähnten ...-band Produkte wohl nicht werden... das Zeugs ist rattenteuer... und wäre nur ein Kompromiss... ob der Anstrich dann, mit was auch immer, gelingt, sei auch mal dahingestellt...

Das Runterspechteln ist zunächst eine Fleißarbeit, Eigenleistung...

Mit ein bisschen Glück und Empfehlungen kommt man ja evt. auch zu einer Kolonne, die den Putz noch selber mischt... dann wird das Material deutlich billiger...

Kalkputz mit einem Helfer, der das noch nie gemacht hat, dürfte suboptimal sein...

MfG,
sh
 
Kalk-Zement-Putz?

Was würde sich am oben gesagten ändern, wenn es sich beim Bestand um Kalk-Zement-Putz handelt, wie mein Helfer meint (da er nicht reinweiß ist, sondern leicht gräulich)? Wie wird zB darauf grundiert?
 
Innenputz

Der Maler grundiert, nicht der Maurer/Putzer.
Ein zu glatter Putzgrund erhält eine Haftbrücke, Putzgrund mit unterschiedlichem Saugverhalten eine Aufbrennsperre.
 
Thema: Innenputz eines Vollziegel-Altbaus (Bj. 1864) sanieren
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