Innendämmung bei Klinkerfassade

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Mathias

Guest
Hallo Community,

wie ist euere Meinung zum vorgesehenen Wandaufbau für eine Innenwanddämmung mit (Stroh-)Leichtlehm 300-400kg/m³ vor einer Ziegel-Außenwand mit Klinkervorsatzschale ohne Hinterlüftung?

Bestandsmauerwerk (denkmalgeschützte Außenfassade)
11,5 cm Klinkerfassade, neu Verfugt und Restauriert
36,5 cm Ziegelmauerwerk im EG,
bzw.
24,5 cm Ziegelmauerwerk im OG, gemauert mit Lehmmörtel (sehr sandig)

neue Ziegeleinhangdecken wurden eingebaut, alle Holzbauteile in den Außenwänden wurden entfernt, neue Holzfenster werden eingebaut,
Fußbodenheizung mit Gastherme wird eingebaut (wird leider nicht anders vorgesehen, bitte nicht diskutieren)

im OG (und ggf auch EG) soll mit einer Vorsatzschale aus 15 cm Stroh-Leichtlehm 300-400 kg/m² (einschl. Lehm-Innenputz) die Wärmedämmung und das Raumklima verbessert werden

meine Gedanken drehen sich vorerst um:

Taupunktverschiebung im Wandaufbau. Eventueller Tauwasseranfall durch monolithischen Aufbau und die Baustoffeigenschaften ehr unbedenklich - oder nicht?
Denn der Wasserdampftransport geht in Richtung Außenseite, welcher aber durch die Klinkerfassade dann wieder behindert wird!
Durch den Wandaufbau dürfte aber eine Abgabe von überschüssiger Feuchte an die Innenräume (bei entsprechender Lüftung) kein Problem darstellen?

Im Vergleich zu einer Innendämmung mit Holzweichfasserplatten, halte ich diesen Aufbau für weniger anfällig gegen Feuchte. Platzverlust durch den Wandaufbau spielt keine Rolle, ehr die Kosten, die durch Eigenleistung bei der Vorsatzschale geringer ausfallen dürften. Auch von Schilfrohrmatten wurde aus Kostengründen abgesehen.
Die Entscheidung für Stroh statt Hackschnitzen auf Grund der besseren Dämmung des Strohes, bei einem Raumgewicht von 300-400kg/m³

Für weiterführende Gedanken oder andere Lösung danke ich,
Grüße Mathias
 
Nunja

persönlich halte ich zur Zeit nicht viel von Innenwärmedämmung. Ich hatte bei mir in einigen Räumen Sauerkrautplatten, verputzt und mit Ölfarbe überpinselt an den Wänden.
Nun ist diese Kombination was ganz anderes als eine atmende Lehmisolierung aber bei mir war der Taupunkt voll nach innen gewandert bei den 36cm Ziegelwänden.
Die Ziegel hatten eine Feuchte von bis zu 33% und zerfielen, wenn man sie nur anfasste.
Einzig die 60cm Ziegelwände mit Hohlraum waren mehr oder weniger trocken.
Wenn ich an eine Wärmeisolierung denke, werde ich erstmal einen Winter lang ausprobieren und sehen, was im Frühjahr draus geworden ist und ggf auch wieder abreissen, wenn es wieder nass wird.
 
Hallo Klaus,

kann es an der Ölfarbe gelegen haben? Zement oder Magnesit gebundene Platten? Welche Stärke? Wie sahen die Anschlüsse aus? Gab es Hohlräume hinter den Platten? ... Bei Innendämmung sollte man schon genau wissen was man da macht!

Gruß aus Berlin,
 
Sauerkrautplatten

Diese sind zu DDR Zeiten und nicht von mir angebracht worden.
Ganz sicher wird es massgeblich an der Ölfarbe gelegen haben. Hohlräume gab es nicht und die Platten waren so..naja, normale, würde schätzen so ca 20mm dick.
 
Die eigentliche Thematik scheint nicht so herausfordernd zu sein. Schade, dass sich Niemand an eine Einschätzung des Wandaufbaues heranwagt.
@Klaus, trotzdem Danke für Deinen Erfahrungsbericht.

Grüße Mathias
 
Innendämmung

Hallo Mathias,
Hier mal was aus meinem Fundus:

Bei der energetischen Sanierung von Bestandsbauten muss man die Gebäude immer ganzheitlich betrachten.
Das gilt besonders für Fachwerkhäuser.
Je besser ein Bauteil gedämmt wird , desto größer wird der Unterschied zum „Nachbarbauteil“.
Die warme, gesättigte Raumluft sucht sich dann immer die kälteste Stelle im Raum um zu kondensieren.
Gefahr von Schimmelbildung.

Innendämmung der Aussenwände

Die energetische Aufwertung von Gebäuden richtet den Focus immer stärker auf den Bestand.
Insbesondere bei denkmalgeschützten Fachwerkhäusern kann in der Regel nur von innen gedämmt werden.
Eine sehr gute Möglichkeit ist die kapillaraktive Innendämmung.
Stand der Technik ist aber auch noch die diffusionsbremsende Methode mit konventionellen Dämmstoffen.
Hier ist aber 120% Ausführungsqualität gefragt??

Geeignete Materialien

Leichtlehmvorsatzschalen mit den verschiedensten Zuschlagstoffen: zb Holzhackschnitzel, Holzspäne, Perlite, Liapor, Stroh, Kork usw.
In Lehm eingebettete Schilfrohrmatten .
Holzweichfaserplatten , Korkplatten
Magesitgebundene Holzwolle-Leichtbauplatten.
Calziumsilikatplatten
Platten aus gepresster Perlite
Mineralschaumplatten, hydrophil eingestellt

Verarbeitungsgrundsätze

Beim Einbau der Materialien ist darauf zu achten, dass keine HOHLRÄUME eingebaut werden.
Kapillare Anbindung ist der Fachbegriff.
In Hohlräumen würde ein „Kleinklima“ entstehen. (Nebel, Wassertropfen ungebunden)
Die Systemhersteller bieten einen Kleber an ,der einen größeren Diffusionswiderstand hat als die Platten: kontrollierte Kondensationsebene.

Beschreibung der Wirkung

Wandkonstruktionen bedürfen laut DIN 4108-3 eines Feuchteschutznachweises zur Begrenzung des Tauwasserausfalls innerhalb der Konstruktion.
Für den rechnerichen Nachweis bedient man sich des „Glaserverfahrens“.
Das ist aber ein vereinfachtes Verfahren, das nur Wärmeleitung und Dampfdiffusion unter stationären Randbedingungen berücksichtigt.
Wärme- und Feuchtespeicherung werden ebenso vernachlässigt, wie der Flüssig-und Kapillartransport.

Wirkweise der kapillaraktiven Innendämmung

Das Glaserverfahren ist für die Berechnung kapillaraktiver Innendämmungen ungeeignet!!
Geeignet sind nummerische Simulationsverfahren, die von der DIN 4108-3 ausdrücklich zugelassen werden.
Weil dieser Nachweis rechnerich kompliziert ist, versuche ich es mal mit einer „philosophischen“ Betrachtungsweise:
Aufgrund des Dampfdruckgefälles will die warme gesättigte Luft immer auf die kalte Seite.
Der „Motor“ ist die Temperaturdifferenz.
Irgendwann trifft sie auf die „kalte Wand“ und es kommt zur Wasserdampfkondensation.

Es entsteht Wasser in flüssiger „Tröpfchenform“ und es entsteht WÄRME.
Dieser „Nebel“ wird von den diffussionsoffenen, kapillaraktiven Dämmstoffen schadensfrei eingelagert.
Das ist der erste Feuchtefluss. Siehe Kühlakku.
Der zweite Feuchtefluss beruht auf Kapillarität und verläuft genau entgegengesetzt. Siehe Zuckerstein und Kaffee.
Die Feuchtigkeit verdunstet nach innen und es entsteht KÄLTE.
Da im Winter immer etwas Kondensat in der Dämmung verbleibt, gibt es im Winter einen „latenten“ Wärmegewinn.

Im Sommer verdunstet das „Restkondensat“ und es entsteht Verdunstungskälte.
Bei kritischen Einbausituationen kann man die Verdunstung beschleunigen, indem man eine Wandheizung einbaut.
Fazit
Diffusionsoffene, kapillaraktive Dämmsysteme haben den Vorteil dass sie das Raumklima aufgrund ihrer Feuchtepuffereigenschaften positiv beeinflussen können.
Bei richtiger Ausführung sind sie als fehlertolerant zu bezeichnen.

viele Grüße
 
Hallo Herr Göbel,

danke für diese fachliche und verständliche Ausführung der Grundlagen.
Auf die geplante Konstruktion kann ich also ableiten, dass diese korrekt ausgeführt, (ohne Hohlräume etc) ziemlich schadfrei bleiben dürfte. Denn, dies bei ungünstigem Klimaverhältnis anfallende Tauwasser in der Konstruktion, wird durch die Baustoffeigenschaften aufgefangen und wieder an die Raumluft abgegeben. Tauwasserabfall wäre, laut Temperaturverlaufsdiagramm genau im Bestandsmauerwerk. Der Ziegel gibt wieder relativ gut Wasser ab, der davor eingebaute Lehm nimmt Wasser im Verhältnis noch schneller auf und leitet es weiter, bzw. kann Spitzen puffern. Einzig das Stroh im Lehm könnte ein Schwachpunkt darstellen, obwohl Stroh bis 70%igen Feuchtegehalt noch frei von Schimmelwachstum bleibt (bleiben soll).
Wenn ich richtig Schlussfolgere, dann findet (im Winter) einerseits ein Feuchteeintrag (Tauwasseranfall) durch das Dampfdruckgefälle „in die Wand“ satt und gleichzeitig, durch die Kapillarität der Baustoffe wieder ein Abtransport der Feuchtigkeit zurück in das Hausinnere.
Zudem ist durch den Lehm-Innenputz die Gefahr von oberflächigem Tauwasseranfall an besonders gefährdeten Stellen, wie Raumecken, über Fenstern, Leibungen etc, ehr auszuschließen. Denn die Kapillarität des Baustoffes sorgt immer für einen verteilenden Wassertransport ins Baustoffinnere (Konzentrationsausgleich).
Werden die Räume (wie Küche, Schlafzimmer) regelmäßig Stoß-Gelüftet, dürfte auch der relative Luftfeuchtegehalt positiv beeinflusst sein.
 
Innendämmung

Hallo Mathias,
Soll die Leichtlehm- Vorsatzschale selbst gemischt werden?
Wie soll die Mischung aussehen?
Welche Trockenzeiten haben Sie kalkuliert----- bei 15 cm schätze ich mal 2 Jahre.
Soll eine "verlorene Schalung" verwendet werden?

Spontan würde ich Ihnen zu einer Liapor- Leichtlehm- Mischung hinter einer verlorenen Schalung raten.

Wenn Sie unbedingt mit Stroh arbeiten wollen, verwenden sie Roggenstroh aus einem wenig gedüngten Anbau.

viele Grüße
 
Hallo Herr Göbel,
ja, die Mischung soll selbst hergestellt werden. Angedacht ist eine Rohdichte 300-400kg/m³, Lehmschlämme herstellen (fetter Lehm), Stroh auf Länge schneiden (15cm) und beides von Hand mischen (große Wannebecken oder ähnliches). Probewand und Probewürfel herstellen, um Dichte, Trockenzeit etc prüfen zu können. Allerdings macht mir die Trockenzeit auch schon Bedenken, Literatur und Erfahrungsbereichte halten da viele Szenarien bereit.
Es würde eine Gleitschalung verwendet werden, die Trocknung soll ja nicht noch zusätzlich behindert werden. Beginn im Frühjahr und im Sommer Trockenzeit.
Alternativ hab ich schon die Herstellung von großen Stroh-Lehmsteinen erwogen, welche dann vollflächig an der Wand vermauert würden.
Blähton ist eine sichere Alternative, aber gerne hätte ich - den Baustoff mit geringster Herstellungsenergie.
 
Thema: Innendämmung bei Klinkerfassade

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