Einseitige Betrachtungsweisen

Diskutiere Einseitige Betrachtungsweisen im Forum Fachwerkkonstruktion im Bereich - Mir scheint das Forum sehr einseitig zu sein. Alles was nicht nach alten Fachwerkregeln gebaut wird, wird hier erstmal zerrissen... Mein Haus...
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Steffen

Guest
Mir scheint das Forum sehr einseitig zu sein. Alles was nicht nach alten Fachwerkregeln gebaut wird, wird hier erstmal zerrissen...

Mein Haus steht schon seit 330 Jahren, und es wurde ständig was daran gebaut.
Die schlimmsten Vergehen wurden vor 60er Jahren begangen. Also dürfte das Haus in euren Augen eigentlich nicht mehr
stehen. Komisch!!! Siehe unten:

In den 60er Jahren:
-Das Fachwerk wurde mit einer Brettverschalung und Eternit-Schiefer verdeckt.(wird wieder entfernt)
-Das Haus wurde nachträglich zu 60% unterkellert.
-Auf vorhandene Lehmwickel-Decken wurden Beton- und Estrichschichten aufgetragen.
-Durch Nutzungsänderungen wurden Decken durch Stahlträger und Beton erneuert oder neu eingezogen.
-Es sind Wände in den 60ern mit Bimssteinen ausgemauert worden.
-Die Decke zwischen OG und DG wurde mit neuen Balken, Stahlträgern und Bimsbeton etwa 20cm angehoben um eine ausreichende Deckenhöhe im OG zu erreichen, dafür wurden die Haushohen Stützen einfach durchgesägt. Und die Decke mit Ziegel oder Bims untermauert. (Dieses wird im Zuge der aktuellen Umbauten wieder behoben)
-Wände Tür und Fensteröffnungen wurden wie man sich denken kann einfach so rausgenommen. (Auch dieses wird wieder berichtigt)

Aktuelle Baumaßnahmen:
-Ich habe den Keller 40cm tiefer gegraben, war dabei etwa 20cm unter dem Fundament. Ich hatte Schwierigkeiten mit 3 Wasseradern in dem Bereich, diese fliesen jetzt in einen Brunnen wobei der Wasserspiegel auf dem alten Niveau liegt, also 20cm über neuer Bodenplatte.
-Ich habe Decken rausgehauen um eine neues Treppenhaus aus Stahlbeton reinzugiessen(mit neuen Trag-Wänden).
-Der Dachstuhl wurde mit neuen Fetten verstärkt, dafür sind die alten Fetten rausgesägt worden.
-Die Außenwände wurden und werden, soweit es nötig ist, mit Ytong ausgemauert, und verputzt.
-Ich habe Wände rausgenommen oder versetzt(dann aber mit Eichenbalken neu ereichtet).
-Im Giebel wurde eine Wand kopiert(auch Eiche) und 2m nach Innen versetzt damit eine Loggia entstand.
-Ehemalige Treppenöffnungen wurden mit Balken und Balkenschuhen geschlossen.
-Rundum gibt es neue Kunststofffenster im alten Stil damit das auch zum Fachwerk passt.

etc.

Jetzt werde ich wahrscheinlich für verrückt erklärt und bin sicher auch kein vernünftiger Bauherr und das Haus hat nur noch Schrottwert, und ich werfe eine Menge Geld zum Fenster raus... Aber ist das wirklich so?
Vor 330 Jahren wurde auch schon improvisiert und die Materialien genommen die greifbar waren, warum darf man das heute nicht.
Also denkt mal drüber nach.
 
Kurzantwort

Jetzt werde ich wahrscheinlich für verrückt erklärt und bin sicher auch kein vernünftiger Bauherr und das Haus hat nur noch Schrottwert, und ich werfe eine Menge Geld zum Fenster raus... Aber ist das wirklich so?

Hm, wer weiß? Aber möglich wäre es.

Vor 330 Jahren wurde auch schon improvisiert und die Materialien genommen die greifbar waren, warum darf man das heute nicht.

Man darf schon.

Also denkt mal drüber nach.

Deshalb sind wir hier auf Fachwerk.de. Sie scheinen ja auch darüber nachzudenken, oder?

Aber, und das möchte ich ganz deutlich sagen, es ist Ihr Haus. Sie können in den rechtlich gesteckten Grenzen damit tun und lassen was Sie wollen.

Noch kurz zu den einseitigen Betrachtungsweisen:

Soweit ich das Beurteilen kann, wird hier zum Teil sehr heftig über den "richtigen" Weg gestritten. Einseitigkeit kann ich nicht erkennen. Das hier nicht mit Betondecken und Yton argumentiert wird, könnte jedoch mit dem, von Ihnen eingefordertem Nachdenken zu tun haben.

Nachdenkliche Grüße
Hartmut Stöpler
 
hihi

hihihi immer wieder lustig für was die leute sich zeit nehmen.

gruß peter
 
"des Menschen Wille ist sein Himmelreich" hat mein Opa

als Wahlspruch -er war Bürgermeister in meinem kleinen Heimatdorf- oftmals gesagt. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Glück bei Ihrem Sanierungsprojekt.
 
Interessant !

Zitat Steffen: Vor 330 Jahren wurde auch schon improvisiert und die Materialien genommen die greifbar waren, warum darf man das heute nicht.

"Improvisation" vor 330 Jahren :
greifbare Materialien = Eichenholz, vereinzelt auch Nadelholz für das Grundgerüst.
Desweiteren Lehm, je nach örtlichen Gegebenheiten auch Ziegel und Naturstein.
Kalk zum Verputzen.
Je nach Geldbörse Glas für die Fenster oder auch nicht.
Stroh aufs Dach, mit Glück Ziegel oder Schiefer.
Eisennägel, Beschläge, hier und da vielleicht eine Klammer zur Verstärkung.

Fertig. Sonst gab es nix.

Heute : 5 Baumärkte im Umkreis - greifbar ist einfach alles, was man sich nur vorstellen kann. Bauschaum, Styropor, dicke Kunstharzlacke, "vergütete" Edelputze, Plastikfenster, Silikon.....die Liste könnte man unendlich erweitern.

Improvisation aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten oder Zeitdruck kennen wir alle. Zur Not muß man sich mit dem Begnügen, was man hat. Das ist schon richtig.
Auch größere Umbauten hat jede Generation je nach persönlichem Geschmack und Bedarf getätigt. Das Haus ist schließlich für den Menschen da, nicht umgekehrt.

Aber die ungeeigneten Baumaterialien müssen ja erst gekauft und besorgt werden, die liegen ja nicht einfach so in der Gegend rum. Dann kann man doch auch gleich geeignete nehmen!

Übrigens : Brettverschalung und Eternitverkleidung ist zwar häßlich und teuer in der Entsorgung, darunter findet man aber meist intaktes Fachwerk, wenn nicht zusätzlich von innen mit Styropor gedämmt wurde.
Und Ausmauerung mit Bimssteinen ist gerade bei uns in der Gegend (Raum Limburg-Weilburg) nach 1900 sehr verbreitet gewesen und führt längst nicht zu gravierenden Schäden wie z.B. Ytongsteine......

Die Bausünden der früheren Jahre haben nicht so viel Schaden angerichtet wie die seit den 70er/80er Jahren !
 
Jo, genau aber

wenn ich so dran denke, mann, tun mir die Augen weh, wenn ich sowas angucken muss... ;o)

man kann sein Fachwerkhaus nämlich auch fliesen und mit hübschem Schwarzwaldbalkon versehen...

Glasbausteine nicht vergessen...

Wem's gefällt... jeder darf hier tun und lassen, was er will.
 
Wo wir hier alle mal nachdenken

muss ich meinen Vorrednern in fast allen Punkten recht geben. Nur mit dem Gedanken, jeder kann mit seinem Haus machen was er will, tue ich mich ab einem bestimmten Punkt schwer.

- Eigentum bringt immer auch eine Verpflichtung mit sich - und ich denke, diese beginnt nicht erst da, wo der Denkmalschutz mitspricht.

Im Übrigen schaden viele der "modernen Baustoffe" ja nicht nur alten Häusern, sondern genauso Neuen und vor allem den Bewohnern und Verarbeitern.
 
@Fred Heim

Die einzige Freiheit, die diesen Namen verdient, ist das Recht, unser Wohlergehen auf unserem eigenen Wege zu verfolgen, solange wir nicht anderen das ihrige verkümmern oder ihre darauf gerichteten Bemühungen durchkreuzen. John Stuart Mill
 
Wenn...

@ Annette

Wenn ich mal fertig bin mit der Fassade, werde ich hier mal ein paar Bilder einstellen, ich glaube nicht, das du enttäuscht sein wirst. Das Haus eures Nachbarn tut mir nämlich ähnlich in den Augen weh wie euch.
Gruß Steffen
 
Gute Idee,

ich freu mich schon auf ein Bild von den guten neuen Plastefenstern im alten Stil.
Viele Grüße, Johannes Prickarz
 
Die Rettung naht - von oben.

Zumindest, was die Gestaltung des äußeren Erscheinungsbildes angeht.

Den uneinsichtigen Bauherren, Architekten und Handwerkern stehen ja heute Gott sei Dank immer häufiger Gestaltungssatzungen hülfreich zur Seite. Diese sind auch oft mit wortreichen Begründungen versehen, für diejenigen, die meinen, dass es auch einfacher und billiger ginge. Und wer weiss schon auswendig, ab wieviel cm Fensterbreite ein Fenster zu unterteilen ist und wie breit Sprossen zu sein haben...

Zu befürchten ist allerdings, ob diese Satzungen nicht auch bald in den bundesdeutschen Neubaugebieten Einzug halten, den letzten Refugien des guten Geschmackes und moderner Stadtplanung.

- Eine Entmündigung des nicht mehr mündigen Bürgers, der scheinbar nicht mehr recht versteht, was wahr und schön ist?!
 
"... bundesdeutschen Neubaugebieten ..., den letzten Refugien des guten Geschmackes und moderner Stadtplanung."

Entschuldigung, aber das ist nun ein Satz, den kann ich überhaupt nicht unterschreiben. Die Neubaugebiete die ich kenne, sind ein wildes Durcheinander schlecht imitierter Baustile längst vergangener Zeiten, ohne Proportion auf viel zu kleinen Grundstücken. Und das ganze dann noch in Plastik, aus Beton imitiertes Kopfsteinpflaster, geflieste Fassaden, abwaschbare Dächer und 'Plastik'hecken im Garten, das Ganze eingezäunt mit Zäunen, dass es einen in den Fingern juckt Schilder mit der Aufschrift "Bitte nicht Füttern" anzuklemmen.

Natürlich alles zum Super- Sonder- Sparpreis, aber 180 m² Wohnfläche für eine ein-Kind-Familie muß es natürlich mindestens sein.

Aber vielleicht ist das ja nur in unsrer Region so :-((
 
super

Hallo Herr Heim..
ich schließe mich voll und ganz ihrer Meinung an .
Es müßten halt mal wieder vernünftige Architekten und Planer mit Weitsicht ans Werk gehen.

Gruß Peter
 
Moment...

... ein "guter Geschmack" hängt auch oft am Geldbeutel.

Wer heutzutage Kinder hat, der kann sich halt diese 1000-Euro pro Fenster Holzfenster nicht leisten, sogerne er sie vielleicht auch einbauen würde... (und bei 27 Fenster im Haus ist das schon ordentlich!)

Und ich wette, es würde gerne jeder (zumindest viele) ein großes Grundstück haben, die Kohle zwingt die Leute aber dazu, halt eben nur die Hälfte zu kaufen. Ein Haus dient ja auch der Alterssicherung. Und viele Neubauten haben Kinderzimmer, die sind so groß wie "Hasenkästen" ;o)...

Wie auch immer, jetzt macht mal halblang. Außerdem sind solche Sachen ja auch Geschmackssache - nicht jedem gefällt ein Fachwerkhaus, nicht jedem ein Schwarzwaldhaus und nicht jedem ein Fertighaus.

Kann doch jeder machen, wie er will. Der "nächste" reißt es wieder ab oder baut es um.

Jetzt urteilt mal nicht zu "schubladendenkig" ...

Meine Schwester greift sich an den Kopf, wenn sie mein Haus sieht (und viele andere auch) - mir geht es ebenso, wenn ich ihren sterilen Neubau (Metall und weißer Lack, bloß kein Holz, müsste man ja pflegen) sehe. Schön mal für ein Wochenende, weil dort alles soooooo sauber ist (im Gegensatz zu unserer Baustelle) - aber tauschen wollt ich nicht - sie auch nicht mit mir.

Jedem das seine!

Nicht jeder kann, wie er gerne würde. Alleine schon finanziell.

Grüße Annette
 
Hallo Annette,

nun ja. Das mit dem Geld und mit den Dingen, die man sich so leisten kann, das ist so eine Sache.
Man kauft nicht im Bioladen, weil die Sachen alle so teuer sind, aber wenn ich mir im Aldi die Einkaufswagen der anderen ansehe, kann ich nur sagen, dass ich auch nicht teurer lebe, bei all dem Zeug, das weder ich noch jemand anderes wirklich braucht. Wenn ich die Plastikfenster in den Häusern sehe, weil Holzfenster zu teuer sind, aber in der Doppelgarage steht das neueste BMW Model und das noch im Doppelpack und die Spritpreise spielen auch keine Rolle. Wenn ich sehe, dass der Lehmputz zu teuer ist, aber die Wohnung 180 m² hat und im Badezimmer eine Wanne von 1.500,00 € und ein Duschkopf von 700 € für das Wasserfallerlebnis eingebaut wird. Wenn ich die 8 lfdm. Einbauküche aus Plastik und Spanplatte sehe, wo 4 m Vollholz auch reichen würden. Wenn ich in den Kinderzimmern den 20 € Farbeimer aus dem Baustoffhandel sehe, mit all den Inhaltsstoffen die man sich besser nicht antut und im Wohnzimmer die Grastapete, für was weiß ich wieviel Geld. Wenn im Wohnzimmer der teure Hartholzboden liegt und als Ausgleich in den Kinderzimmern das billigste Laminat verlegt wird. .... Und so könnte ich fortfahren. Alles Dinge, die ich jeden Tag erlebe. Es ist in ganz vielen Fällen keine Frage des Geldes sondern der Prioritäten und die lassen sich diskutieren.

Natürlich kann ich deine Bemerkungen nicht ganz entkräften, aber ich bin doch immer wieder sehr erstaunt darüber was möglich ist, auch wenn Anfangs das Argument "das kann ich mir nicht leisten" im Raum steht.
Darüber hinaus kann ich die Ansicht, dass ein jeder ja nur für sich baut gar nicht teilen. Unsere gebaute Umwelt hat einen sehr großen Einfluß auf alle Menschen, die sich in diesem Umfeld bewegen, vor allem auf die Kinder. Dies ist allgemein bekannt und die schlechtesten Beispiele haben zu ganz gravierenden sozialen und gesundheitlichen Folgen geführt.

Aber ich will ja gar nicht predigen, ich denke nur, dass auf diese Dinge viel zu wenig hingewiesen wird und das sich viel zu wenig Bauleute und natürlich auch Kollegen von mir Gedanken über das machen, was sie für viel Geld in die Welt setzen.
 
Das hatte ich eigentlich nur ironisch gemeint...

das mit dem Geschmack, Herr Heim ;), das von Ihnen Geäußerte ist bundeseinheitlicher Standard.

Ich empfinde eine generelle "Armut", was das Empfinden für Formen und Proportionen oder Ästhetik im Allgemeinen angeht.

Dabei bin in überhaupt nicht der Meinung, dass hierbei der Geldbeutel die wesentliche Rolle spielt, das steckt im Kopf. Das äußert sich sowohl bei einem schmalem Buget, als auch beim Veranstalten von Oberammergauer Festspielen mit goldenen Wasserhähnen, deplazierten Erkerchen mit Wirlpool.

Früher schützte den unbedarften Bauherrn eventuell noch der Sachverstand und der Sinn fürs Bauen des Architekten und des Handwerkers - heute meist nicht mal diese teuer bezahlten Experten.

Die "Formen"sprache des Fotos von Annette könnte man endlos mit anderen Beispielen fortsetzen...
 
Vor allen Dingen

schützten unsere Vorfahren auch die damals vorhandenen technischen Möglichkeiten und die Auswahl an nutzbaren Baustoffen vor solchen Entgleisungen.
 
Warum?

Hat doch jeder seine Prioritäten:

Kunststoffenster sind ruckzuck geputzt und man muss sie nicht pflegen, sie sind immer tiptop - im Gegenteil zu den Holzfenstern mit ihren Sprossen und Rillen...

- die ja auch in den Neubauten nicht wirklich toll aussehen würden -

Ich finde, man sollte jedem seinen Geschmack lassen. Der eine findet halt nunmal Fliesen schick oder praktisch an seinem Haus, der andere halt nicht...

Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten... :eek:)

Schlimm finde ich die braunen Betonklotz-Glas-Teile a la 70 er Stil *würg* und trotzdem sind sie da und wir müssen mit ihnen leben...

Mir gefallen manche Sachen auch nicht - na und, ich bin ja nicht der einzigste Mensch hier... anderen gefällts oder hat es mal gefallen.

Übrigens reichen 4 Meter Küche nie im Leben... ;o)

Jetzt seid halt net so engstirnig :eek:). Wär ja blöd, wenn wir alle den selben Geschmack hätten. Die einen leben gerne auf dem Land, die anderen können nur mit der Stadt leben.

Und vielleicht denken manche auch, wir hätten einen seltsamen Geschmack?

Grüße Annette
 
Thema: Einseitige Betrachtungsweisen

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