Balkentausch

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Bobbelsche

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Liebe Forumsgemeinde,

mich quält eine Frage zu einem ca. 150 Jahre alten recht ruinösen Fachwerkhaus. Es geht um die "Rohbausubstanz" und die Frage Abriss oder Wiederherstellung.

Zu diesem Haus kam ich wie die Jungfrau zum Kinde. Als ich ein anderes Haus neueren Baujahres erworben hatte, gab es dieses "Häuschen" quasi gratis dazu. Es stand mit auf dem Grundstück und ist schon viele Jahre leer stehend. Um es vorweg zu sagen: Dieses Haus hat keinen klassischen Fachwerkflair und dieses Haus ist nicht zum selber bewohnen gedacht - es soll vermietet werden. Ich würde es gerne kernsanieren und eine hochwertige Innenausstattung hineinpacken - was die Kosten des Innenausbaus betrifft und wie das zu bewerkstelligen ist, das habe ich nunmehr nach dem dritten sanierten Haus gelernt. Dafür habe ich auch die passenden Handwerker an der Hand.

Ich treffe jetzt nur auf eine mir gänzlich unbekannte Bausubstanz: Fachwerk mit all Ihren Besonderheiten.

Und wenn da nicht die Holzbalken wären: Jemand hat vor 20 Jahren zur Schaffung eines Stellplatzes Erde an eine ganzen Hausseite entlang angeworfen und der Schwellenbalken dahinter ist Humus, die Feuchtigkeit ist offensichtlich auch an einer Innenwand durch einen Schwellenbalken gezogen und hat dort einiges morsch gemacht. Auch an einer andere Seite zeigen sich üble Schäden an den Schwellenbalken. Technisch ist es sicher möglich diese Balken tauschen zu lassen, was natürlich auch zur Bauwerkssicherung zeitnah durchgeführt werden muss. Hinzu kommt: Von außen wurden die Balken mit irgendeiner Farbe ( Lack, Bitumen, Paste, Dickschichtlasur ) dick schwarz eingepinselt. Dieser Belag bildet einen dichten Film ( mit Sicherheit wasserdampfundurchlässig ). Die Ausfachungen wurden mit Zement verputzt - auch die Innenseite der Wände wurden vollflächig mit Zement ( nicht mit Kalkmörtel ) verputzt.

Jetzt meine Frage: Gibt es Richtwerte für den lfd. meter Schwellenbalken bzw. Ständerbalken im Austausch, an dem man sich orientieren kann? Im Forum standen mal Werte von 130 - 180 Euro. Ist das realistisch? Wenn ich davon ausginge, dass auch viele Ständer betroffen sind und auch versteckte Balken in den Innenwänden und von 100 m auszutauschender Konstruktion ausginge wären dies 18.000 Euro. Dieser Preis erscheint mir gefühlsmäßig doch ein wenig zu gering. Dieser Kostenpunkt ist jedoch für alle anderen Entscheidungen ( Abriss oder Wiederherstellung ) aboslut maßgebend.

2. Reicht Lärchenholz oder muss es die etwas teurere Eiche sein?

3. Bestehen statische Bedenken gegen Metallverbinder oder müssen es Zapfenverbindungen sein ?

4. Kann diese Arbeit grundsätzlich jeder Zimmermann aus der Gegend machen oder solle man wegen der Besonderheiten des Fachwerkbaus eine Fachfirma für die Restaurierung von Fachwerkhäusern ansprechen ( eine Firma in Wuppertal ist hier öfters im Gespräch )?

5. Ich würde nach einer Instandsetzung der Balken von außen alles ( incl. der Balken ) mit Luftkalkmörtel verputzen lassen. Dies soll dem Beregnungsschutz dienen und den Feuchteeintrag in die Zwischenräumen zwischen Balken und Ausfachung verhindern. Kann ein Luftkalkmörtel einen ausreichenden Regenschutz darstellen? Die Schlagregenseite ist schieferverkleidet.

Vielen Dank an den Leser, der bis hier hin durchgehalten hat. Vielleicht kann mir der eine oder andere helfen ein altes Häuschen zu erhalten und ein paar Tipps geben es von den Kosten überschaubar instand zu setzen. Vielen Dank und Grüße aus dem Rheinland
 
Balkentausch

Hallo Herr Bobbelsche,
I Zum Preis der Balkenerneuerung.Die 130-180€/m kommen mir nicht zu gering vor. Es kommt allerdings drauf an,ob Abstützungsmaßnahmen und Abrißarbeiten da drin schon enthalten sind. Ich halte es immer so, dass ich die Schwellen als Laufende Meter und die Stielflicks als Stückpreis berechne.
II Eiche sollte mit Eiche, Lärche mit Lärche geflickt werden. Schwellen in Eiche sind immer besser und ihr Geld wert. Im Verhältnis zu den Arbeitskosten halte ich den Aufpreis für Eiche vernachlässigbar.
III Die meisten Statiker bevorzugen Stahlverbindungen. Statiker mit Altbauerfahrung lassen auch Holzverbindungen zu. Eisen rostet und reagiert mit der Gerbsäure in Eiche und Lärche. Außerdem kann da Feuchtigkeit dran kondensieren. Aber nicht dogmatisch sein: Ein Bolzen an einem Schwellenblatt ist meiner Meinung nach noch vertretbar.
IIII Ich würde es nicht jeder Zimmerei zutrauen. Reverenzobjekte zeigen lassen.
V Ist es nicht schade, das restaurierte Fachwerk wieder zuzuputzen? Ich bin im Bergischen Land unterwegs gewesen und fand die dortige Fachwerkarchitektur sehr schön. Schiefer an der Wetterseite macht Sinn. Aber ansonsten: Wenn das Fachwerk und die Gefache ordentlich gemacht werden würde ich mir um Schlagregenschäden in den Fugen keine Sorgen machen.
Gruß aus Nordvorpommern
Ralph Schneidewind
P.S.:Neo, ein Forumsmitglied hat Bilder hier reingestellt wie es gemacht werden kann.
 
Balkentausch

Ich schließe mich den Ratschlägen von Herrn Schneidewind an.
Stahlverbindungen (Winkel) sind zu vermeiden, da sie eine relativ große Fläche zur Kondensation von Feuchte im Bauteil bieten und die verwendeten Kammnägel oder Schrauben naicht tief genug in´s Holz reichen um eventuelle Bewegungen des FAchwerkes aufzunehmen. Ein Abriss der Schraubenköpfe oder ein Auszug der Kammnägel ist nicht unwahrscheinlich. Bolzenverbindungen sind tolerabel. Überputzen würde ich das FAchwerk nicht wegen der Rissgefahr, dann eher traditionell und regional hinterlüftet verkleiden. Ich rechne hier in der Voreifel mit € 80-100/lfm
Balken bei fachgerechtem Austausch, allerdings ohne Sicherungsaufwand bzw. pauschal, als 1. Kostenkennwert, mit € 3.000,-/m3 Fachwerk im Komplettaustausch in Eiche inkl. Ausbau/Sicherungsmaßnahmen/Abbund + Aufstellen inkl.fachgerechte Anschlüsse. Ich würde auch nur Firmen mit Referenzen in Betracht ziehen, da für die fachgerechten Anschlüsse z.B. spezielle Werkzeugmaschinen benötigt werden, die nicht jeder Betrieb hat. Und nicht jeder Anschluß lässt sich sauber mit der Kettensäge "modellieren".
Am besten wäre es, wenn Sie in einer Art Leistungsverzeichnis die notwendigen Arbeiten möglichst exakt beschreiben, mit Massen/Flächen/Laufmetern Material, allem Drum + Dran bis zum letzten Handschlag und sich 2-3 Angebote dazu einholen. Viel Erfolg.
 
Balkentausch

Erst einmal vielen Dank an die Herren Schneidewind und Pickartz,

Wenn ich das richtig verstanden habe, dann kann ich kaufmännisch mal 180 Euro als realistische HausNr. für den Meter Balkentauschen in Eiche mit taditioneller ( und langlebigerer ) Verbindungsmethode im Hinterkopf behalten. Wenn sich das bei einem Angebot vor Ort bestätigen ließe, dann bekommt das Häuschen eine Chance auf die nächsten 150 Jahre :) Was ich allerdings nicht verstanden habe war der Hinweis auf 3000 Euro pro m3 ? Sollen das Materialkosten für einen Qubikmeter verbaubarem Eichenholz sein incl. Arbeitslohn "am Holz" ohne Nebenarbeiten wie Ausfachung ausbrechen und erneuern, Sicherungen etc...?

Zu Ihrer Nachfrage wegen des Außenputzes: Es ist wie gesagt kein Haus mit Fachwerkflair, das jemand sieht und in das er sich verliebt. Ich mag Fachwerk grundsätzlich, aber dieses ist eher unschön. Von Zierfachwerk kann schon gar keine Rede sein. Es wurde auch mal ein kleiner Anbau massiv errichtet und verputzt, teilweise waren auch wohl schon mal Balken getauscht worden - es sieht sehr uneinheitlich aus. Auch die alten Sprossenfenster sind nicht mehr vorhanden, sondern die in moderneren Gebäuden üblichen Holzrahmenfenster. In der gesamten Gegend gibt es auch kein anderes Sichtfachwerk mehr. Daher der Wunsch nach einer einheitlichen - zum teilweise vorhanden Schiefer passenden Fassadengesaltung. Und da war eben der Putz - mit dem Zusatzeffekt des Beregnungsschutzes im Übergang zwischen Balken und Ausfachungen. Hinsichtlich der Rissgefahr hatte man mir einige Tipps zum Überspannen der Balken mit Drahtgewebe und einer Entkopplung ( aus Papier - wohl aus Gründen des Feuchtetransports vom Balken weg in den Kalkputz ) gegeben. Schiefer kommt absolut nicht in Frage. Es ist traditionell, sehr guter Regenschutz ( ohne Frage ), hinterlüftete Fassade ( auch sehr sinnvoll bei Fachwerk ) und viele mögen es optisch. Aber ein ganz und gar schwarzes Haus geht für meinen Geschmack überhaupt nicht. Andere Lösungen für eine anders beplankte Fassade mit Hinterlüftung habe ich nicht gefunden. Ausnahme: die Firma Duratherm bietet eine Putzträgerplatte aus Holzfaser an, die auch direkt auf das Mauerwerk aber auch als hinterlüftete Putzfassade verwendet werden könnte. Zudem führt jede hinterlüftete Fassade ja auch zu tiefern Fensterlaibungen und Lichteinfallsverlust. Die Fenster sind eh klein und daher ein klares nein zum Verschiefern.

Aber eine neue Frage wurde in Ihren Antworten aufgeworfen, die mich stutzig macht. Es wurde von einem Statiker gesprochen, der die eine oder andere Verbindungsmethode "zuläßt". Bisher bin ich davon ausgegangen, dass es sich um "Austauscharbeiten im Bestand" handelt. Es wird bestehendes ( schadhaftes ) gegen gleiches ( neuwertiges ) ausgetauscht. Muss dafür ein Statiker an den Bau ? Bin davon ausgegangen, dass ein Meisterbetrieb der Zimmermannszunft hierfür ausreichend befugt bzw. befähigt ist, die statischen Gegebenheiten zu beurteilen. Muss für das Austauschen solcher Balken ggf. sogar eine Baugenehmigung eingeholt werden? Ich hoffe nicht. Grds. komme ich ja mit jedem gut zurecht und streite mich auch nicht gerne - aber irgendwie haben das Bauamt und ich nie zueinander gefunden.

Mittlerweile habe ich ja doch recht motiviert, mich in dieses Thema Fachwerkhaus hineinzuknien. Vielen Dank noch mal für die Hilfe.
 
Balkentausch

Hallo Herr Bobbelsche.
Ich habe schon dutzende solche Arbeiten ohne Baugenehmigung gemacht. Soweit ich weiß war das alles legal. Es gilt als Reparaturarbeit.
Ein Zimmerer sollte sowas hinkriegen. Ein guter Zimmerer weiß auch wo seine Grenzen sind und schlägt in kniffligen Situationen von sich aus die hinzuziehung eines Statikers vor. So kompliziert hat sich Ihr Bauvorhaben aber nicht angehört.
Zu den begangenen Änderungen am Bestand: Anhand der alten noch vorhandenen Zapfenlöcher lassen sich die urspünglichen Positionen der Stiele und Streben meistens nachvollziehen. Und die Riegelhöhen aus den Höhen der alten noch vorhandenen Höhen von unveränderten Details. Wenn die Wand sowieso in die Hand genommen wird, lässt sich das auch wieder ohne viel/gar keinen Mehraufwand zurückverändern. Vielleicht kommt dann doch noch was Schmuckes dabei heraus.
Ansonsten: Wenns nicht sichtbar wird: Die Zimmerer freuen sich wenn sie Arbeit haben, die Maurer aber auch. Und gemauert wirds wahrscheinlich billiger.
MfG
Ralph Schneidewind
 
Balkentausch

Hallo Herr Schneidewind,

Dann wird jetzt mein nächster Schritt sein mal ein Angebot von einer Zimmerei mit Erfahrung im Bereich Fachwerksanierung einzuholen. In Wuppertal war die Firma Mertens hier im Forum mal im Gespräch. Irgendwann habe cih den Namen einer Zimmerei in Remscheid gelesen - Name ist mir aber entfallen. Kennt jemand vielleicht im Bereich Wuppertal, Solingen, Leverkusen, Köln, Düsseldorf weitere Ansprechpartner ?

Zumindest haben Sie mit Ihrer letzten Antwort Lust an der Kreativität geweckt. Was die Veränderungen des Holzskeletts hin zu einem schönen Sichtfachwerk angeht, da ist natürlich was dran - wenn so oder so einer den Balken in der Hand hat... Hatte überlegt, die Fensteröffnungen in zwei Räumen, die enorm dunkel sind vergrößern zu lassen bzw. ein neues Fenster einfügen zu lassen. Vielleicht lässt sich da was kombinieren.. und vielleicht bleibt das Fachwerk doch noch sichtbar. Werde mal eine Nacht drüber schlafen.

das mit dem Austausch von Fachwerkwänden gegen Mauerwerk klingt auf den ersten Blick verlockend aber ich denke erstens, man sollte dem Thema des Hauses treu bleiben - ( falsch ) geflickschusterst wurde schon genug an dem Häuschen.

Zum anderen nehmen Mauern meines Wissens keine waagerechten Zugkräfte auf - Sockelbalken hingegen schon was m.E. für den Fall des Mauerns auf jeden Fall den Einsatz eines Statikers, das Gießen eines Fundaments, Ringankers etc. etc. zur Folge hat / haben könnte.

Zudem kommt ein Neubau der Außenwände in Massivbauweise nicht in Betracht, da ich sonst Probleme mit der EnEV sehe. Solange ich im Bereich von Fachwerk bleibe und alles unter "Reparatur" laufen lasse bin ich auch aus den meiner Meinung nach ziemlich undifferenzierten Zwängen der EnEV raus. Wenn ich ganze Wände ( also mehr als 10 - 20 % eines Bauteils ) durch Mauerwerk tauschen lasse, bin ich hoch offziell genötigt, den ganzen Bau auf Neubaubasis zu dämmen. Und dann gehen die Probleme und Kosten im verbleibenden Fachwerkteil erst richtig los. Diesbezüglcih ist mein Plan: Das Dach wird massiv gedämmt, Gasbrennwertheizung und ein dezentraler Pelletofen kommen rein, Doppelverglasung an den wenigen Fenstern, die noch einfachverglast sind. Das muss reichen. ich möchte mir nicht noch Gedanken zur Holzfaser-Lehmverputz-Dämmung machen - was ich dann ggf. müsste.

Ohne je einen Zimmermann bei so einer Arbeit live erlebt zu haben, denke ich - sofern die Zimmerleut´ Wand für Wand vorgehen sollten - dass eine solche Wand am Abend ( zumindest was das Holzskelett angeht - auch neu errichtet wieder da stehen kann. Damit ist in kürzester Zeit der statisch tragende Teil von Fachleuten ausgetauscht und ich kann deutlich ruhiger schlafen.
Dreiecksleisten einnageln und das Ausmauern erfolgt in Eigenleistung - so kann ich mich auch noch ein wenig selber einbringen.

Nochmals vielen Dank und ich werde dann auch mal eine Empfehlung hier einbringen, wenn ich eine Zimmerei finde mit der man gut zusammen arbeiten kann, die kostentreu bleiben und gute Arbeit abliefern.
 
Thema: Balkentausch

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