"Luftumspülte" Balkenköpfe
Zunächst einmal muss gesagt werden, dass es für die Ausbildung eines Deckenbalkenauflagers im Mauerwerk keine Eierlegende Wollmilchsau gibt. Hier greifen Statik, Holzschutz, Brandschutz und Schallschutz ineinander und in mindestens einer Kategorie müssen Abstriche gemacht werden.
Unstrittig ist, dass der Balkenkopf nicht mit Bitumenpappe o.ä. eingepackt werden sollte. "Luftumspült" ist daher die Devise. Dieses geht sowieso nur vierseitig (Flanken, Kopf und oberseitig), es sei denn sie hängen den Balken an nen Haken.
Ich favorisiere auch das Unterlegen einer Trennschicht, da ich schon zu viele unterseitig angefaulte Köpfe gesehen habe. Der Vergleich mit einem Außenfachwerk hinkt etwas, da wir es bei der Auflagersituation Balken/Mauerwerk neben der direkten Befeuchtung durch das Mauerwerk vor allem mit Tauwasser durch Dampfkonvektion im Bereich der Wandschwächung zu tun haben. Beim Fachwerk sollte bei richtiger Ausbildung keine feuchtwarme Luft an den Köpfen nach draußen strömen.
Ich sehe eine Trennschicht nicht als unbedingtes Muss, eher als eine Art "Angsteisen" für alle Eventualitäten (zusätzliche Befeuchtung durch defekte Dach, Sanierungsstau beim Außenputz oder der Verfugung des Sichtmauerwerks, etc.). Wird der Kopf dann doch direkt befeuchtet, kann er über 4 von 5 Seiten wieder abtrocknen. Eine Trennlage entfällt sowieso, wenn die Balkenköpfe auf einer Mauerlatte aufliegen. Wenn wie hier sogar Eichenholz verwendet werden soll, kann auf eine Trennlage verzichtet werden. Dann aber bitte das Splintholz nicht nach unten.
Elastomerlager finde ich interessant, bezweifle aber, ob eine gleichmäßige Flächenpressung wirklich notwendig ist, da die Balken im Bestand für die Auflagerkräfte in der Regel überdimensioniert sind. Meine Empfehlung: hochdichte Polyethylenplatten (HDPE-Platte). Sind leicht zu bearbeiten, dauerhaft und stanzen (Innenkante Auflager) nicht durch. Eine Holzscheibe aus dauerhaftem Laubholz (z.B. Robinie oder Eiche) wäre auch denkbar.
Nun zur Luftumspülung: Da Tauwasser am Balkenkopf vermieden werden muss, darf dort eigentlich nichts umspült werden. Folgendes Szenario aus dem condetti-Teil der Zeitschrift Holzbau 04/2009: Auflager mit viel Aufwand innenseitig im Fußleistenbereich sowie an der Fassade mit Lüftungsöffnungen versehen. Im Winter wird auf der Leeseite (windabgewandten Seite) des Gebäudes durch den entstehenden Sog feuchtwarme Luft nach außen befördert. Resultat: Raumluft kondensiert am kalten Auflager.
Folglich: nicht luftumspült sondern vielmehr die Ausbildung einer stehenden Luftschicht, evtl. sogar mit einer Kopfdämmung im Bereich der geschwächten Außenwand erscheint das Optimum zu sein. Hieraus ergeben sich natürlich Schwachpunkte beim Schallschutz und Brandschutz (Rauchgase). Hier gibt es verschiedene Ansätze, wie diese Probleme abgeschwächt werden können. Zur Vermeidung von Dampfkonvektion kann z.B. der Balkenkopf umseitig mit einputzbarem Klebeband innenseitig abgedichtet werden. Korkstreifen umseitig auf den ersten paar Zentimeter kann der Schallentkopplung dienen. Hier ist ein Neopreen- oder Elastomerauflager gegenüber der HDPE-Platte wieder schalltechnisch im Vorteil.
Und wenn man dann noch einen Schritt weiter gehen will, kann der Kopfbereich noch vorbeugend chemisch geschützt werden, da zumindest der Verdacht auf die Gefährdungsklasse 2 besteht. Bei einer Schwammsanierung ist zusätzlich ein Tiefenschutz notwendig. Bei Eichenkernholz kann dies natürlich entfallen, da der Tiefenschutz sozusagen schon mit eingebaut ist.
Gruß
Boris Blenn
PS:
Hat jemand Verbesserungsvorschläge oder aktuelle Literaturquellen zur Balkenkopfproblematik?