Putz anwerfen - warum werfen?

Diskutiere Putz anwerfen - warum werfen? im Forum Farben & Stuck im Bereich - Hallo miteinander, ich habe mal eine technische Frage. Und zwar geht es um's Putz "anwerfen" und Spritzbewurf. Ich möchte jetzt keine Aussagen...
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Lukejack

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Hallo miteinander,
ich habe mal eine technische Frage. Und zwar geht es um's Putz "anwerfen" und Spritzbewurf.

Ich möchte jetzt keine Aussagen provozieren wie "das macht jeder Maurer so" oder "jeder Fachmann ist so am schnellsten", sondern einfach mal die Frage in den Raum stellen, warum man eben allgemein Putz an die Wand wirft.

Welchen Vorteil hat genau das "Anwerfen" im Vergleich zum "Aufspachteln"?
Unabhängig davon, welche Vorgehensweise nun professioneller oder schneller ist.

Ich habe in meinem Haus ca. 250 m² Wände mit Luftkalkmörtel verputzt und den Putz dabei in sagen wir mal einer Mischung aus Werfen und Spachteln an die Wand gebracht. Also eher mit dem Glätter aufgezogen.
Ich konnte dabei keine Qualitätsprobleme des fertigen Putzes feststellen.

In meinem Fokus lag dabei die Tatsache, dass das "Aufziehen" wesentlich sauberer von der Hand geht als das Anwerfen.
Spritzbewurf habe ich bspw. dadurch hergestellt, in dem ich die dünner eingestellte Mischung mit einem Schwammbrett an die Wand geklatscht habe.
Zieht man das Schwammbrett wieder von der Wand ab ohne eine Wischbewegung durchzuführen, erhält man eine raue Oberfläche. Auch hier habe ich bisher keine Probleme festgestellt.

Bisher konnte ich herausfinden, dass beim Anwerfen wohl ein gewisser Anpressdruck des Putzes an die Wand erzeugt wird, der eben auch dafür sorgt, dass der Putz bei Unebenheiten keine Hohlräume besitzt.
Diesen Anpressdruck kann ich jedoch auch beim Aufziehen herstellen (wenn man es nicht zu zaghaft macht).
Ich werfe den Putz ja auch nicht mit voller Wucht an die Wand.

Gibt es noch andere physikalische Gründe?

Und was machen die Profis eigentlich bei schwierigen Stellen?
In meinem Hausanschlussraum bspw. muss ich teilweise hinter bereits vorhandener Verrohrung verputzen.
Da kann man nichts anwerfen.

Beste Grüße aus dem Bergischen Land
 
Der Grund für das Anwerfen...

... besteht in der mechanischen Arbeit, die Lufteinschlüsse minimieren soll; beim Anwerfen werden diese weitgehend "automatisch" nach außen verpresst; der abschließende Glättvorgang sorgt dann für eine homogene Oberfläche...
Ein Profi schafft damit mehr Fläche, als mit "Spachteln"...
Natürlich ist auch das "Spachteln" oder "Aufziehen" eine Option, wenn es sorgsam getan wird, aber es geht halt um die Fläche pro Zeit bei minimierten Lufteinschlüssen...

Gutes Gelingen & LG,
Sebastian Hausleithner
 
Der Vorteil...

...ist also eher praktischer als physikalischer Art?

Sehe ich die Frage vielleicht etwas zu wissenschaftlich?

Manchmal helfen praktische Experimente.
Beispielsweise war ich bisher immer sehr gründlich, was das Vornässen trockener Untergründe angeht (gerade bei Kalkputz auf Lochziegel oder Ytong, da die diese ja saumäßig saugen).
Jetzt im Sommer habe ich einfach mal etwas herum experimentiert.
Ich hatte noch etwas SP50 Luftkalkmörtel übrig und außerdem ein paar Lochziegel.
Also beides nach draußen in die Sonne verfrachtet.
Die Ziegel waren furztrocken. Den Mörtel einfach mit der Kelle an meine kleine Testwand geschmiert (4-5cm an manchen Stellen).
Das hätte ich an einer Wohnwand nicht getestet.
Tja, was soll ich sagen. Trotz fehlendem Vornässen und praller Sonne, ohne Spritzbewurf und auch nur angespachtelt. Das Zeug hält, und zwar verdammt gut, keine Hohlstellen oder Risse (ok, die Fläche war < 1 m²).
Aber das hätte ich dem Putz nicht zugetraut.
Praktische Erfahrung eben...
 
Boaheheee...

... hast Du Zeit ;-)
Natürlich ist das ganze eher akademisch heutzutage... aber im Endeffekt geht das wirklich schneller mit dem Anwerfen...

Gutes Gelingen & LG,
Sebastian Hausleithner
 
Hehe, Zeit,...

...der ist gut. Habe ich in einer Schaffenspause gemacht... :) quasi beim Essen...

Offtopic:
Ich wollte nebenbei mal schauen, wie sich der SP50 im Aussenbereich verhält.

Ich habe noch einen unverputzten Haussockel (nachträgliche Installation einer Horizontalsperre).

Meine Handwerkerfreunde raten natürlich alle zu einem hydrophoben Sockelputz mit Abdichtung, Bitumen, etc.

Da das Haus jedoch nicht unterkellert ist und es nur um den Bereich um die Horizontalsperre herum geht (bis 20cm unter Erdniveau), bin ich mir noch nicht so ganz sicher...
 
Kalk

Hallo!!

Wenn Sie den Luftkalkmörtel in die Sonne gestellt haben und weder vorgenäßt, noch nachbehandelt haben, so wird dieser nur minderwertige Güte aufweisen, evtl. bald das zeitliche segnen.
So wie sie das beschreiben kann das ohnehin kein reiner Kalkmörtel, sondern muß bestimmt ein mit Zement o.ä. modifizierter Putz sein.
Ein Kalkmörtel braucht aufgrund eines komplexeren und länger dauernden Erhärtungsprozesses, der Karbonatisierung:
WASSER- WASSER- WASSER.

Zum Anwerfen:

Reine Luftkalkmörtel in Eigenmischung sind grundsätzlich anzuwerfen und nicht aufzuspachteln.
Da wie oben der Erhärtungsprozeß wesentlich länger als beim Zementputz dauert, ist der Kalkputz auf eine adhäsive Haftung angewiesen, bis eine Ansteifung durch Verdunstung eines Teils des Wassers geschieht.
Dies wird durch krätiges anwerfen erzeugt.
Der Putz sollte permanent Feucht gehalten werden um genügend Kohlensäure für die Erhärtung anzubieten.

Grüße
 
außerdem

werden beim Spachteln größere Luftblasen eingeschlossen, die sich beim wiederholten Überspachteln aus dem Putz lösen oder hole Stellen hinterlassen.

Geklebte Schuhe halten auch und doch wird ein guter Schuster auf den Faden vorziehen. An engen Stellen helfen auch mal kleiner Kellen, etwas Geschick und zur NOT aus das andrücken - aber die Fläche wird verputzt. Und die Spritzer an Decke und Nachbarwand lassen mit der Übung auch nach :)
 
Der SP50 von Solubel,

den ich im Außenbereich getestet habe, ist, das muss man fairerweise sagen, vergütet.
Ohne Zement, doch mit anderen Zusatzstoffen.
Ein reiner Luftkalkmörtel wäre vermutlich verbrannt, das denke ich auch.
Dennoch hätte ich das Ergebnis nicht erwartet.
Der Putz haftet nach wie vor sehr gut, zeigt keine Hohlstellen und eine ordnungsgemäße Festigkeit.

Trotzdem spreche ich nach diesem Experiment für die Vorgehensweise keine Empfehlung aus. Ich wollte nur mal schauen, was der Putz aushält.

Im Grunde ist das A und O also die blasenfreie Anbringung der Putzschicht, also die Vermeidung von Hohlstellen.
Wie dies geschieht, sei jetzt mal dahin gestellt.
Offensichtlich hat sich ja die Methode des Anwerfens im Laufe der Zeit bewährt.

Es gibt allerdings Stellen, bei denen diese Methode nicht abrufbar ist. Bspw. in meinem Hausanschlussraum.
Dort laufen mit ca. 10cm Abstand zur Ziegelwand Installationsrohre inklusive Ventilen, Druckminderern usw..
Auch ein Profi wird hier nichts anwerfen können, da man kaum einen Winkel findet, um Putz hinter die Installation zu werfen.
Was dann? Hier hier hilft dann wohl nur die Spachteltechnik, oder?
 
hinter

den Rohren - ja. Wichtig ist ja doch das Ergebnis und nicht die Überlegung, was man alles probieren könnte. Solche Fragestellungen habe ich bisher immer nur bei Lehrerm und Rechtsanwälten kennengelernt. Herr, schütze mich vor solchen Kunden ....... :) ...
 
Wahrlich,

das Ergebnis ist letztlich entscheidend.
Dennoch betrachte ich diesen Gedankenaustausch als willkommene Horizonterweiterung.
Ich habe Handwerker kennengelernt, denen es wohl gut tun würde, hier im Forum zumindest lesend teilzunehmen.
Letzten Endes kann man ja immer nur das eigene Wissen anwenden.
Ich habe mich selbst schon dabei ertappt, gewissen Vorgehensweisen aus Gewohnheitsgründen immer wieder nach zu gehen.
Durch Zufall gelangt man dann zur Kenntnis, dass es anders besser geht. Wie in jeder Lebenslage ist Wissen eben durch nichts zu ersetzen...


So, genug geschwafelt und zurück an die Arbeit...
 
Mein Resümee:

Nach Abschluss der Verputzarbeiten muss ich feststellen, dass sich

a) Kalkputz hervorragend mit dem Glätter aufziehen lässt, auch bei größeren Schichtstärken, und nur selten angeworfen werden muss

b) Lehmputz bei geringen Schichtstärken ebenfalls mit dem Glätter verputzt werden kann, bei Schichtstärken > 2 cm jedoch besser angeworfen werden sollte

c) Kalk-Zementputz bei Schichtstärken > 1 cm angeworfen werden sollte; hier besteht tatsächlich und noch deutlicher als bei Lehmputz die Gefahr, Hohlstellen in die Putzschicht zu ziehen;

Nach meinen Erfahrungen eignet sich Kalkputz also am ehesten zur Verarbeitung ohne Anwerfen. Da ich fast ausschließlich mit Luftkalkmörtel gearbeitet habe, ist mir dieser Umstand nicht so bewusst gewesen.
 
Na denn...

... bis zum nächsten mal...

Gutes Gelingen & LG,
Sebastian Hausleithner
 
Thema: Putz anwerfen - warum werfen?

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