Fußböden im EG und der Pluralismus der Sanierungsvorschläge

Diskutiere Fußböden im EG und der Pluralismus der Sanierungsvorschläge im Forum Statik, Aufbau & Konstruktion im Bereich - Liebe Mitglieder, ich habe gestern wieder einmal, da mein neu erworbenes Haus versteckte Erkrankungen preisgibt, viele Stunden im Forum...
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Frank Ramsthaler

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Liebe Mitglieder,

ich habe gestern wieder einmal, da mein neu erworbenes Haus versteckte Erkrankungen preisgibt, viele Stunden im Forum geblättert und wieder einmal gesehen, dass es ein guter Ort für Leute wie mich ist...

Unter meinem Dielenboden im EG einer Hofreite (EG massiv Sandstein/teilweise Ziegel Reichsformat, OG Fachwerk) sind die Aufliegekanthölzer an dauerhafter Feuchtigkeit und nachfolgendem Schimmelbefall verstorben; der Boden gibt nach. Sie lagen in einem ansich trocken wirkenden Asche-Sandgemisch wie eingebettet und zerbröselten mir in der Hand. An den Aufliegestellen sind auch die Dielen teilweise modrig-feucht und angegriffen. Vor unserem Erwerb hat hier nach Angaben der Vorbesitzer 30 Jahre lang ein Linoliumfußboden mit (!!!) Holzmuster gelegen. Kurzum die Dielen müssen raus- ein neuer Fußboden muss her. Unterhalb der Schüttung findet sich in einem Teil ein Keller mit preussischer Kappendecke aus Ziegelwerk, der Rest geht nahtlos ins Erdreich über. Die Sockel der Sandsteinwände sind machmal feucht (Haus liegt im Tal-Grundwasser 3 m, im Keller ist ein Hausbrunnen).

Ich habe die vielen Gesundheitstips und Therapieansätze im Forum gelesen. Das Problem ist nur, dass sowohl die Argumente derjenigen, die eine Sperrschicht und Beton-Estrich Aufbau empfehlen, also auch diejenigen die entweder ganz difussionsoffen oder aber als Kompromiss einen (auch preiswerten) Schichtaufbau mit Kies-Teerpappe-Balkenlage-Schüttung bevorzugen, insich nachvollziehbar sind. Lediglich dem "machs wie es früher gewesen ist", stehe ich skeptisch gegenüber. Die Folge ist, dass ich hin-und her gerissen bin, dennoch folgende Kur favorisiere:

Drainage am Haus.

1. Erdberührender Bereich: Wandheizung in das Gemäuer hinein (Heizungsrohre in sockelnahe Schlitze, Rücklauf in 150 m Höhe) an den nach außen gerichteten Wänden. Bisherige Schüttung entsorgen. 10 cm "gewaschene" Kiesschicht, anschließend sperren mit Baufolie, Aufliege-Balken auf flache Ziegel lagern, querverankern, leichte Schüttung dazwischen, Dielenböden drauf (Holz ohne Nut&Feder, Lärche)
2. Unterkellerter Bereich: Heizung wie oben in die Wand, auf Kappendecke Baufolie- mit Betonschicht ausgleichen der nach oben gerichteten Kappenbögen-Dämmschicht- 5 cm Estrich-Schicht, Fußbodenheizung, Fliesenbelag

Bei biologischen Materialien (Holzschnitzel, Strohmagerung bei Lehmböden usw.) habe ich ein ungutes Gefühl, den ein Teil der von unten und seitlich einströmenden Feuchtigkeit wird unvermeidbar sein und ich habe nicht das Geld, das ganze Haus ringsherum horizontal durch Injektionen oder mechanisch abzusprerren. (die Mauer ist dick!)

Eine kurze Bemerkung noch zu dem immer wieder vorgebrachten Argument, der unsinnige Gebrauch "moderne" Baustoffe fördere oft die Schimmelbildung und macht- wie auch die zunehmende Zahl von Rechtsstreitigkeiten zeigt, Krankheiten an Haus & Mensch. Da gebe ich allen Protagonisten natürlicher Baustoffe Recht. Ich bitte jedoch zu bedenken, dass es zumindest in der anthropologischen Geschichtsforschung unumstritten ist, dass ein großer Teil der früher häufiger vorkommenden Erkrankungen wie Rheumatismus, Lungenkrankheiten, Schädlingsbefall usw. auch (natürlich nicht nur, vorallem Hygiene und Armut) mit den Wohnverhältnissen im Zusammenhang gesehen werden muss.
Ich erinnere mich sehr gut daran, dass z.B. zu DDR-Zeiten innenstädtische Fachwerkbuden als dunkel, feucht und modrig galten. Als ich in eben so einer Wohnung zu Gast war, konnte ich bestätigen, dass es sich nicht um ein Vorurteil handelte. Ob nun die alten Stoffe immer und in jedem Fall die besseren sind, nur weil man sie früher verwendete, das wage ich zu bezwifeln. Die vielen Häuser, die auf Grund von Bauschäden trotz Verwendung von Lehm und Holz zu Grunde gegangen sind, stehen nicht mehr oder wurden repariert. Bleiverseuchte Hausratsgefäße haben die Zähne ausfallen lassen, schlechte Feurstellen gerust und zu Lungenerkrankungen geführt. Der Schimmel und dem Boden die Leute ebenfalls krank gemacht. Lichtmangel (kleine oder keine Fenster) bei gleichzeitigen Nahrungsmangel zu Skorbut usw. geführt. Die Ratten haben mit ihren Flöhen die Pest gebracht und Keime z.B. aus infiziertem Wasser oder am Krankenbett(Ruhr, Cholera) haben sich in den gestampfeten Lehmböden erhalten und es war defacto unmöglich diese einigermaßen vernünftig zu beseitigen. (Es gab eben noch keinen Semmelweis und keinen Robert Koch)
Ich gehöre zu denjenigen, die auch dazu neigen, die Bescheidenheit und Beschaulichkeit der Vergangenheit zu romantisieren, wenn man im Alltag im Streß der Postmoderne steht. Genauer betrachtet, erscheint mir das Gemix aus alten und modernen Techniken, gepaart mit unserem (wenn auch abnehmenden) Wohlstand die Herrlichkeit im Fachwerk erst herstellt.

Ich bitte um Eure Ansichten und freue mich auf alle Beiträge, Ironie ist bei mir erlaubt.

Gruss an alle
 
Die gesunde Mischung macht es !!!

Ein interessanter Beitrag . Ich denke mal eine gesunde Mischung alter und neuer Bauweisen , Baustoffe gepaart mit dem Wissen von Damals und Heute sind der Weg zu einer erfolgreichen Sanierung .
Ich ertappe mich oft selbst fast alle alten Dinge ,Regel hochzuloben , lasse mich dann aber auch mit begründeten und nachgewiesenen Argumenten von Neuem überzeugen solange ich es nach vollziehen kann und ein gutes Gefühl dabei habe .
Im übrigen hilft das Forum viele von anderen Mitgliedern genmachte Fehler zu vermeiden.
Eine schöne Woche allen Opfern und Freunden historischer Bauwerke .

Guido
 
Wasserschloss oder was?

Hallo Herr Ramsthaler,
nun weiss ich mehr über entstehung einiger krankheiten,der bauweise der ddr als über ihr zukünftiges domizil.
schicken Sie bitte mehr info.
ich beteilige mich gerne hier im forum.
Mit freundlichen Grüssen
Klepac Mladen
 
Hallo Frank,
ist es nicht toll, dass ich Dir auch noch nen Vorschlag machen kann ??? Habe selbst Probleme mit Wasser, ein Bach fliest direkt an der Aussenwand des EG entlang, sehr beruhigendes plätschern zum einschlafen, aber sehr beunruhigend für Konstruktionshölzer Fussboden..... Hab mir scheis viel arbeit gemacht und hab das EG (115m²) 50cm mit Schippe und Schubkarre ausgebuddelt um 10cm Raumhöhe zu gewinnen und trockenen Warmen Fusses zu Wohnen. Schau dir mal mein Bildchen an. Am Tag des offenen Denkmals (12.09.) ist das Thema übrigens Wasser, u.a. auch die Zerstörung von Denkmälern durch Wasser.
Viel Spass und Erfolg an deinem Haus.
 
Die gute alte Zeit

Hallo Frank,

wirklich ein schöner Beitrag. Natürlich war es früher nicht wirklich besser. Wir dürfen nur nicht den Fehler machen, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Baustoffe und Konstruktionen sind weder generell gut, noch sind sie schlecht, bloß weil sie alt oder neu sind. Wenn wir uns auf die reine Konstruktion und die verwendeten Baumaterialien konzentrieren und die Hygiene und sozialen Rahmenbedingungen außen vor lassen, so kann man - glaube ich zumindest - jedoch festhalten, dass natürliche Baustoffe in den seltensten Fällen die Ursache von Krankheiten waren. Hier ist der Problemkreis, den wir beleuchten müssen.

Wenn ein Haus aus sich heraus krank macht, weil es vollgestopft ist mit krebseregenden, allergiefördernden und ausgasenden Schadstoffen, dann ist etwas in der Entwicklung des "Lebensraums" Haus falsch gelaufen. Wenn ein Haus luftdicht abgeschlossen und als Wohnraumkondom gefördert wird, dann ist etwas falsch gelaufen.

Keiner will wieder mit 15 Personen in einer kleinen, feuchten Kate leben. In einem Laboratiorium aber wohl auch nicht. Was nicht heißen soll, dass alle modernen Baustoffe schlecht sind, aber das sagt ja auch keiner.

Ach ja, hier ein netter Link, der zeigt, wie relativ unsere Baugeschichte betrachtet werden kann:
Rekonstruktionen keltischer Wohnanlagen und warum ich nicht an sie glaube
 
Sperrfolie?

Guten Tag Frank,
Erdreich ist kälter als Wohnraum, die Wasserdampfdiffusion geht also nach unten, Feuchtigkeit aus dem Wohnraum würde sich auf! der Baufolie sammeln. Diesen Aufbau würde ich zumindest mit einer Lüftung zwischen den Lagerhölzern versehen.
Für mein Haus würde ich auf die Folie verzichten, nur zwischen Ziegelstein und Lagerholz eine Sperrpappe legen und darauf achten, daß die Lagerhölzer nirgendwo den Untergrund berühren, Deshalb auch eine Schüttung zwischen diesen Balken vermeiden.
 
Auskoffern & Bodenaufbau

Zunächst vielen Dank für die Hinweise und Vorschläge...
Habe heute den ganzen Tag ausgekoffert und einen Container mit alter Schüttung befüllt. Komisch, sie ist brottrocken und dennoch waren die Lagerhölzer zergangen...warum??? (Ausschließlich wegen der Linoliumböden, die sozusagen die Dielen schwitzen ließen?, Warum aber dann in erster Linie die Lagerhölzer und nicht die Dielen?)
Die zweite Frage, die sich anschließt ist, ob es überhaupt erforderlich ist, die Schüttung, die aus Ausche/Kies/Sandgemisch besteht, da trocken, raus muss, wenn anschließend wieder eine kapillarsperrende Neuschicht (z.B. Kies) reingefahren werden soll. Unterhalb der Schüttung kommt nun ein lehmiger (feuchter), vermutlich kalkreicher Boden zu Tage.

Mein Handwerker sagt: Kies (10 cm)- Folie - Dämmung (Styrodur) - armierte Estrichschicht 5 cm reicht aus. Hmmm?

Danke für jeden Kommentar. Ziggi: was kostet Sperrbeton?
 
>>framstha>Komisch, sie ist brottrocken und dennoch waren die Lagerhölzer zergangen...warum??? (Ausschließlich wegen der Linoliumböden, die sozusagen die Dielen schwitzen ließen?, Warum aber dann in erster Linie die Lagerhölzer und nicht die Dielen?)<<<
Möglichkeiten wären:
1. Brottrocken heißt nicht "ohne Feuchtigkeit" - halten sie mal ein Hygrometer rein ... ;-)
2. Auch Feuchtigkeit unterliegt, auskondensiert, der Schwerkraft.
3. Evtl. Feuchtigkeit von unten. Oder unten kalt, oben warm - die Feuchtigkeit, die oben gerade noch - trotz Linolium- entweichen kann, kondensiert unten aus und hält das Holz feucht. Ideale Bedinguingen für alles Mögliche ...
4. Keine Ventilation dort, wo die Lagerbalken von der Schüttung umgeben waren.
Wahrscheinlich: Alle Kombinationen und/oder zu jeder Jahreszeit was anderes.
Frohes Schaffen ! ;-))
 
OH, erkläre mir jemand die negative Bewertung meines letzten Beitrages. Was habe ich vergessen ?
 
Thema: Fußböden im EG und der Pluralismus der Sanierungsvorschläge
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