Fachwerkhaus nach ENEV Sanieren und mit Wärmepumpe betreiben.

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portl

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Hallo,

ich habe schon lange im Forum mitgelesen und wollte jetzt gerne EURE Meinung zu meinem Konzept der Sanierung eines Fachwerkhauses, welches ich gekauft habe, hören.

Zu mir, ich bin 33 Jahre, gelernter Zimmermann und studiere gerade in Braunschweig mit den Schwerpunkten Bauwerkserhaltung und regenerative Energien.

1. Das Haus ist Baujahr 1900 und in einem recht guten Zustand. Es ist inzwischen fast entkernt, beschädigtes Holz wurde getauscht, bzw. wird noch getauscht. Nutzfläche sind 200 m², umbauter Raum ohne Spitzboden ca. 400m³. Die Nordfassade soll als sichtbares Fachwerk bestehen bleiben, die anderen Bereiche werden verkleidet.

2. geplanter Aufbau der Bauteile

2.1 gegen Erdreich, 50mm Sauberkeitsschicht, 50mm Schaumglasschotter, Feuchtigkeitssperre, 100mm Schaumglasschotter, 40mm Schaumglasplatten (evtl. auch xps, Estrich incl. Fußbodenheizung. u-Wert 0,34

2.2 Außenwände
2.2.1 Innendämmung
Fachwerkwand (Lehmwickel)140mm, Lehmputz 10-30mm (Ausglich und zum flächigem Anschluss der Dämmung) 100mm Holzfaserdämmplatten, 30mm Lehmputz incl. Wandflächenheizung, 10mm Oberputz. U-Wert 0,34

2.2.2 Außendämmung

Hinterlüftete Fassade (Eiche 20mm, Bodendeckelschalung) 20mm ruhende Luftschicht, Holzfaserdämmung 140mm,Dampfbremse (z.B. pro clima intello)Fachwerkwand 140mm, Unterputz incl. Wandheizung, Oberputz
U-Wert 0,24

2.3 Decke zum unbeheizten Spitzboden

Deckenputz 30mm, Decke(Lehmschüttung) 140mm, Dampfbremse (z.B. pro clima intello, Holzfaserdämmung 100mm, Rauhspund 20mm U-Wert 0,3.

2.4 Fenster /Türen

Fenster und Außentüren werden alle im Niedrigenergiehausstandard, evtl. sogar Passivhausstandard ausgeführt (U-Wert 0,7 - 1,1)

3.0 Heizsystem
Durch den Einsatz der Flächenheizung habe ich nun überlegt eine Wärmepumpe zu nutzen. Beflügelt wurde diese Idee dadurch, dass auf der Scheune eine PV- Anlage installiert ist und somit die Strompreise auf lange Zeit konstant bleiben werden.

Die Absicht ist es nun eine Sole-Wasser WP zu installieren, die durch ca. 12 qm Solarkollektoren unterstütz wird, im Optimalfall sogar mit thermischer Soleanhebung, weiterhin soll im Wohnzimmer ein wasserführender Kamin installiert werden, der auch mit dem System gekoppelt wird. Aufgrund dieses sehr hohen Anteils an regenerativen Energien habe ich die Hoffnung in einen Bereich zu kommen, den die KFW auch angemessen unterstützt ;-).

Weiterhin soll noch eine raumlufttechnische Anlage installiert werden, so dass überschüssige Luftfeuchtigkeit nicht zu einer Beeinträchtigung des Raumklimas führt.


Nun habe ich die Pläne dargelegt und hoffe auf viel Kritik und Diskussionen, so dass ich das Konzept verbessern kann.
 
Sanierungskonzept

Hallo Portwich,
viel hilft nicht immer viel.

Ihr geplanter Wandaufbau ist dafür ein gutes Beispiel.
Im Einzelnen:
Die Nordseite soll keine Verkleidung erhalten. Sichtfachwerk an einer Wetterseite kann Probleme verursachen, wenn kein ausreichender Schutz vor Schlagregen vorhanden ist.
Wie wollen Sie den Anschluß/Übergang der anderen, gedämmten Wände zum Sichtfachwerk ausführen? Immerhin werden Ihre gedämmten Außenwände außen 180 mm dicker. Wie wollen Sie die Probleme mit dem dann fehlenden Dachüberstand lösen?
Was ist mit der Eingangstreppe?
Was ist bei Grenzbebauung, z.B. an einem Fußweg?
Was passiert mit Ihren Fensterlaibungen, den Fensterbrettern?
Zur Innendämmung: Anscheinend war das Thema noch nicht bei Ihnen im Studium dran. Dann wüßten Sie, das zuviel Innendämmung die Rücktrocknungseigenschaften von Sichtfachwerk negativ beeinflußt. Ihre freiliegende Nordseite wird von dem grenzwertigen Dämmpaket vom inneren Wärmenachschub getrennt, damit verschlechtert sich die Rücktrocknung des Sichtfachwerkes erheblich. Ob das durch den Wärmeabfluß aus der Wandheizung bei der Dämmschichtdicke kompensiert werden kann bleibt abzuwarten.
60 oder 80 mm Dämmdicke halte ich hier für sicherer.
Bei der Ausführung dieser Maßnahmen sind die Fensteranschlüsse ein Detail mit hohem Fehlerpotential, ebenso die Decken- und Innenwandanschlüsse.
Dazu kommt noch die drastisch verringerte Lichtausbeute Ihrer supergedämmten Fenster bei der bis zu einem halben Meter dicken Wand.

Zur Decke DG:
Die Dampfbremse halte ich an der Stelle für überflüssig, wenn nicht kontraproduktiv.
Eine Dampfbremse bzw. Sperre sollte nur in hochfeuchtebelasteten Räumen an der Deckenunterseite eingesetzt werden, z.B. im Bad. Da Sie eine Belüftungsanlage einbauen wollen, sehe ich die Gefahr von Kondenswasserschäden in der Decke ohnehin nicht gegeben.

Zum Fußboden EG:
Eine recht seltsame Zusammenstellung.
In Ordnung ist die Sauberkeitsschicht. Was dann die 50 mm Glasschaumgranulat (GSS) sollen ist mir ein Rätsel. Versuchen Sie die mal in der Höhe einzubauen!
Darauf dann eine Feuchtigkeitssperre. Die 50 mm GSS werden zuverlässig dafür sorgen, das jede Art Sperre funktionslos wird. Jede Folie oder Schweißbahn wird beim Darüberlaufen durch die GSS- Stücken darunter perforiert. Warum zum Teufel ordnen Sie die Abdichtung nicht da an wo sie hingehört, auf die Sauberkeitsschicht? Immerhin wurde Sie dafür eingebaut. Warum Sie zwei verschiedene Dämmstoffarten (GSS), Foamglas) einsetzen wollen ist für mich ebenfalls nicht nachvollziehbar. Warum verwenden Sie nicht bewährte Aufbauten für dieses Bauteil? Dazu brauchen Sie nur in die Kataloge der Markenhersteller zu schauen. Dort finden Sie geprüfte, gerechnete und in der Praxis bewährte Aufbauten.
Wie wärs damit:
Sauberkeitsschicht, Abdichtung, Dämmlage (Styrodur/Styropor), Schrenzlage, Heizestrich
Oder etewas teurer:
Sauberkeitsschicht, Foamglsdämmung in Heißbitumen eingeschwommen, Schrenzlage, Heizestrich
Oder:
Foamglasboards in Feinsandausgleich, Folienabdichtung, Styrodur, Schrenzlage, Heizestrich
usw.
Denken Sie daran das Ihr geplanter Kamin mit der Lüftungsanlage und den dichten Fenstern in Konflikt geraten wird, wenn es hier keine Berücksichtigung in der anlagentechnischen Auslegung gibt.
Über eine kostenseitige Betrachtung Ihrer Ideen lasse ich mich nicht weiter aus. Auch hier ist noch eine Menge zu verbessern.

Viele Grüße
Georg Böttcher
 
Ui - Viel hilft viel!

Hallo

Das ist dicker Tobak!

Doppelt gemoppelt, bei jedem nur möglichen Teilchen eine "Verbesserung" erreichen wollen; die Luft versperren, Technik einbauen vom teuersten; ...

Mit Elan und Wissensdurst an die Aufgabe gehen.

Ein Tipp: Machen Sie aus Ihrem Konzept eine Diplom- Bachelor- Master- oder Doktorarbeit am "realen" Objekt und dokumentieren Sie über 10 Jahre den Sanierungsbedarf, die Nebenbeikosten, die Reparaturkosten, Verbrauskosten, etc.
Dann sehen Sie den realen Vergleich zu: Denken in Vorschrift und Möglichkeiten und der daraus resultierenden Kostenrealität.

Ich wünsche Ihnen Weitsicht und gutes Gelingen.

FK
 
Danke

Danke für die ersten Meinungen und guten Ratschläge und Anregungen.

zu Georg Bötcher:

Das gesamte Haus besteht seit 110 Jahren im Sichtfachwerk. Daher ist auch die Nordseite dank ausreichender Dachüberstände geschützt.
Die Anschlüsse von Außendämmung und Innendämmung stellen tatsächlich ein Problem dar, denn es muss ein Anschluss ausgeführt werden, welcher wärmebrückenfrei ist. Die Eingangstreppe befindet sich hinter einer Toreinfahrt, die im Rahmen der Sanierung erneuert werden muss. Probleme mit evtl. Grenzbebauung bekomme ich nicht. Bei der Innendämmung habe ich mich sehr von der ENEV leiten lassen, ich gebe es zu. die Dämmschicht sollte zweischichtig ausgeführt werden (erste Schicht HFD mit niedriger Dichte 60mm, zwei Schicht 40mm höhere Dichte) so dass Unterputz aufgebracht werden kann. Ich werde mich aber nochmal mit einer niedrigeren Dämmungsstärke auseinandersetzten.
Die Lichtausbeute wird auf jeden Fall geringer sein als im unsanierten Objekt, das ist mir bewusst, doch hat dies nichts mit dem Dämmwert des Fensters zu tun.

Mit der Dampfbremse im Deckenbereich habe ich auch etwas gehadert und war mir nicht sicher, ob diese wirklich von Nöten ist. Dasselbe gilt auch für die Dampfbremse in der Außendämmung.

Zum Boden gegen Erdreich. Ich habe auf Schaumglasschotter zurückgegriffen, da ich es in der Anwendung als praktikabel halte. Das Haus bleibt ja auf den alten Bruchsteinfundamenten stehen, und mit einer trittfesten Schüttung habe ich einen recht einfachen Weg gesucht, einen Dämmungsaufbau zu realisieren. Auch Styrodur bietet diese Trittfestigkeit, nur bin ich mir noch nicht sicher, ob ich dieses Produkt verbauen möchte, da es sich bei Schaumglas ja um recyceltes Material handelt. Ansonsten finde ich den Aufbau des vorgeschlagenen Bodens sehr gut.

Der Kamin wird im Lüftungskonzept berücksichtigt.

Da Sie schon sehr ausführlich geantwortet haben, kann ich verstehen, dass sie die kostenseitige Betrachtung außen vor lassen. Aber auch diese Aspekte finde ich mehr als beachtenswert. Würde mich also über weitere Anregungen freuen.

zu Florian Kurz

Leider kann ich mit diesen Aussagen nur wenig anfangen. Ich betrachte dieses Objekt im Rahmen einer Studienarbeit. Leider habe ich nicht die Zeit einen 10jährigen Feldversuch an diesem Objekt durchzuführen, obwohl es sicherlich interessant wäre. Die Weitsicht probiere ich in das Projekt einfließen zu lassen, indem ich auf ökologische Baustoffe zurückgreife und probiere, dass das Gebäude autark betrieben werden kann. Aber auch in diesem Bereich stehe ich weiteren kritischen Anmerkungen sehr offen gegenüber.

Michael Portwich
 
Weitsicht oder Kurzsicht

Hallo

Sie schreiben:
Die Weitsicht probiere ich in das Projekt einfließen zu lassen, indem ich auf ökologische Baustoffe zurückgreife und probiere, dass das Gebäude autark betrieben werden kann.

Diese Baustoffe haben doch keine Erfahrung auf dem Buckel und alles was bis dato an modernen Baustoffen eingebaut wurde kam über kurz oder lang wieder runter und richtete auf Dauer mehr Schaden als nutzen an.

Die Baukonstruktionen die man früher angewendet hatte, waren aus Erfahrung heraus tradiert worden und nicht das Ergebnis von "Berechnungen", die aus Annahmen, Theorien und Verordnungen resultierten.

Ich will Ihnen auch kein Rezept an die Hand geben sondern zum Hinterfragen anregen.

Wenn Sie von Ihrem Konzept überzeugt sind, machen Sie es so und es wird ein Feldversuch, ob Sie wollen oder nicht - ob er gelingt oder nicht!

Damals war man "autark"! Heute ist man abhängig!
So sehe ich das.

gutes Gelingen

FK
 
Hinterfragen

Danke, genau das machen Sie nämlich. Sie regen mich dazu an, dass von mir erstellte Konzept zu hinterfragen. Wenn ich das nicht wollte, wäre ich in diesem Forum verkehrt aufgehoben.

Ich gebe Ihnen zu 100% Recht, wenn Sie sagen, dass die traditionellen Bauweisen auf Erfahrungen beruhen. Dies habe ich selber kennen und schätzen gelernt. Doch leider leben wir im Zeitalter von Abhängigkeiten und Auflagen. Wenn ich nun probiere, diese Abhängigkeit etwas zu verringern, komme ich für mich persönlich ein Stück weiter.

Mein Anliegen ist es, in diesem Forum auf gravierende Mängel in meinen Anschauungen und Ideen hingewiesen zu werden, so dass ich mir selbst keine zukünftigen Bauschäden einbaue.
 
Thema: Fachwerkhaus nach ENEV Sanieren und mit Wärmepumpe betreiben.
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