Viel zu langer Text
eigentlich wollte ich nur diese gute literaturliste hinzufuegen.......
http://web.uni-bamberg.de/~ba5am1/listen/hauslit.htm
auf die Gefahr das sich Abschnitte wiederholen ...
Die Hamburger Stadthaeuser der Kaufleute, also einer speziellen Einwohnergruppe, stammen vermutlich nicht in gerader Linie von den voll ausgebildeten gleichzeitigen (Mittelalter!)Bauernhaeusern ab. Genausowenig wie die meisten Kaufleute wohl kaum von den Bauern der Umgebung abstammten. Wie die Kaufleute-Siedler stammt die Grundform eher von schon entwickelten Stadthausformen der weiter suedlich oder westlich schon seit langem bestehenden staedtischen Siedlungen ab. Gewiss gibt es hier gemeinsamme Wurzeln, die liegen aber sicherlich noch weiter zurueck.
Die ersten Kaufmannshaeuser waren vermutlich Giebelstaendige rechteckige Bauten mit keiner oder sehr rudimentaeren Binnenstruktur. Das wichtigste war das sichere verwahren von Waren, Wohnen war zweitrangig, eben Wohnspeicherbauten. Wenn die Bauten in die Hoehe wuchsen so wurden lange durchgehende Staender mit Ankerbalken mit Zapfenschloss eingefuegt. Solche Konstruktionen, wenn auch aus spaeterer Zeit, sind meines Wissens z.B. in Quedlinburg und Braunschweig-Magniviertel erhalten. In Bad Oldesloe (Staedtisch wohl seit dem 12.Jh.) hat man in der naehe des Marktes Bauten nachweisen koennen die noch im 16.Jh. im Vorderhaus nichts weiter an Binnenstruktur hatten als ein fast mittig gelegenen offenen Feuerplatz. Wobei man nie vergessen darf, das die Verbreitung, ich betone: nicht die Entwicklung, etwa in Adelssitzen, sondern die weite Verbreitung von Feuerungstechniken den Hausbau stark beeinflusst hat. Neben anderen Faktoren ist z.B. sicherlich der Uebergang von offenen Herden zu zusaetzlichen Ofenheizungen ueberhaupt erst fuer die Entstehung des Kammerfaches verantwortlich.
Die Ausgrabungen suedlich der St.Martinskirche in Braunschweig haben fuer das 10.Jh. einen solchen Saalartigen Haustyp mit anschliessendem Steinwerk oder Kementate als einzigen beheizbaren Raum nachgewiesen. Dies aehnelt auffallend den Funden in Minden. In Luebeck hat man aehnliche Bauten, nun allerdings in Bohlenbauweise, fuer die Gruendungszeit, also 12.Jh. ausgegraben. Eben zu dieser Zeit scheint auch der Uebergang erfolgt zu sein vom eingraben der Staender zum aufsetzen auf einen Schwellenrahmen/kranz. Erst jetzt beginnt also im Norddeutschen Raum der eigentliche Fachwerkbau im heutigen Sinne.
Es wird diese Entwicklungslinie gewesen sein die zu den bekannten beruehmten Kaufmannshaesern der Hansestadte gefuehrt hat, ob nun aus Stein oder Holz, ob nun in Hamburg, Luebeck oder anderen Staedten entlang der Ostseekueste oder im Hinterland.
Anders das Ackerbuergerhaus! Hier hat es sicherlich Uebergaenge gegeben von Siedlungsformen in denen etwa Zweistaenderhallenhaeuser Giebelstaendig auf einen offenen Platz ausgerichtet waren. Im Gegensatz aber zu den Formen vor der Voelkerwanderung also etwa zu der Zeit der roemischen Kaiser (z.B. in Feddersen Wierde Krs.Cuxhafen), waren die Haeuser mit dem Wirtschaftsgiebel zum Platz gerichtet, waehrend der Wohnbereich eher zum Garten "hinter" dem Haus zeigte. Diese Form mag man sich aehnlich der ueberkommenen "Rundlinge" vorstellen. Allerdings auch in Rechteckigen Formen wie etwa auf Fehmarn. Die Verdichtung des Raumes fuehrte hier zu den heutigen Formen. Ebenso wie der Wunsch am Geschehen auf der Strasse teilzunehmen wohnfaehige Raeume seit der Renaissance zur Strasse wandern lies, bis hin zu hervorrstehenden Formen wie Utluchten usw.
Ob es tatsaechlich "bewuste" Entwicklungen vom Mitteldeutschen Ernhaus zum Norddeutschen Stadthaus gegeben hat sei dahingestellt. Spaetestens seit dem 10.Jh. gibt es im Staedtischen Raum Bauten die aus einem weiten Wirtschaftsteil bestand der es ermoeglichte von der Strasse bis auf den Hof durchzugehen. Seitlich davon abgetrennt gab es einen Wohnraum, eine Kammer. In einigen Bereichen blieb der Herd und die spaetere Kueche im "Durchgang", bei anderen Typen wanderte die Kueche auf die Kammerseite. Gibt es auf der anderen Seite des Flures, sei es durch Abtrennung oder Anbau, einen groesseren Wirtschaftsbereich, sind wir schon nah am Ernhaus und seiner Verwandtschaft, dem Streckhof und dem Querdielnhaus z.B.
In Bad Segeberg gibt es in der Luebeckerstrasse 15 einen Bau dessen Kern wohl von um 1550 stammt. Urspruenglich ein gedrungener Giebelstaendiger Bau. Eine grosse durchgehende Diele wurde auf einer Seite von schmalen Raeumen begleitet dessen hinterster einen Herd hatte (vergl.Fehmarn, Wagrien u.Elbmarschen etwa bei Konrad Bedal). Spaeter wurde die Diele laengst geteilt und der aeussere Teil in weitere Raeume unterteilt. Jetzt gab es also einen durchgehenden mittleren Flur mit je links und rechts zwei Raeumen. (Diese Aufteilung entspricht dem Nordamerikanischem I-Haus - gleiche Quelle? oder zufaellig aehnliche Entwicklung?) Spaeter wurden dem Haus am strassenabgewandten Giebel zwei weiter Kammern angefuegt.
In Heiligenhafen Achterstrasse 34 gibt es ein Haus das vor der Fassadenrenovierung am ehesten wie ein Neubau aus den sechziger Jahren aussah. Neben einer Durchfahrt zur Schlachterei(?) auf dem Hinterhof gab es zwei grosse laengstrecheckige Fenster mit Tuer dazwischen, darueber eine zweite Etage mit Genstern und das Ganze unter einem Traufseitigem Dach. Urspruenglich handelte es sich hier um ein schmaleres Vierstaenderhaus mit einseitiger Zimmerflucht. Aehnlich dem Beispiel aus Segeberg entwickelte es sich zu einem laengeren Haus mit Mittelflur und Raeumen links und rechts. Als Hinten weitere Kammern angefuegt wurden, knickte man den Flur zur Durchfahrtsseite ab. Die Durchfahrt wurde schon frueh ueberdacht und das Haus erhiehlt ein gemeinsammes grosses Satteldach mit Strassenseitigem Giebel. Erst in den 70gern wurde die Strassenfront mit durchgehender zweiten Etage versehen und der First im vorderen Bereich gedreht.
Diese Grundform: Eine Diele mit einer Flucht von zwei Kammern auf der einen Seite findet sich im ganzen Norddeutschen Raum. Diese Ausgangsform duerfte den Hauptbestand der kleineren Staedte und der Nebenstrassen der grossen Staedte gebildet haben. Zweistaender Bauten mit Abseiten lassen sich Nachweisen, durchgesetzt haben sich aber wohl Formen, die Techniken des Vierstaenderbaus aehneln. Wohl nach den Durchfahrtshaeusern haben sich die Formen mit Wirtschaftsteil neben dem Wohnteil und eigenem Tor entwickelt. Bestanden haben sie sicherlich bis zur Neuzeit nebeneinander und nicht einander ausschliessend. Ebenso moegen die Uebergaenge fliessend gewesen sein, denn auch Saalgeschosshaeuser entwickelten sich durch spaetere Unterteilung zum Mittelflur Grundriss (etwa ab dem ende der Gotik bis im Rokoko vorherschend?).
Vielleicht kammen ueber mehrere Geschosse durchgehende Staender an den Traufseiten von der Saalgeschosshaus Familie, waehrend sich die Stockweise Abzimmerung, die das Auskragen beguenstigte, im Norden eher aus der laendlichen Welt entwickelte. Dies duerfte aber wohl kaum im Mittleren und Suedlichen Deutschland zutreffen und letztendlich duerfte diese Technik vielleicht gerade im Mitteldeutschen Raum sich von den Staedten auf das Land ausgebreitet haben. Das Beduerfniss groessere Bergeraeume zu haben um die Ernte zu lagern, entwickelte sicherlich erst mit dem Aufkommen der Staedte und ihren Absatzmaerkten die Dimensionen, die einen Techniksprung auf dem Land durchsetzten (z.B. tragende Aussenwaende).
Eine Stockweise Abzimmerung allerdings mit Bohlenwaenden ist in Luebeck schon fuer das 12.Jh. postuliert (oder inzwischen nachgewiesen). Dies wurde aber zunaechst bei den Speicherbauten verwendet, die meist nicht Strassenseitig standen, sondern hinter einem in der Fruehzeit oft hallenartigem mit Staenderreihen in Schiffe geteiltem Vorbau, spaeter aber zumeist stuetzenfreien eher hohen saalartigem Vorbau, der erst ab etwa 1250 zunehmend versteinte, wobei die Traufwaende oft den Giebelwaenden vorangingen.
Zur Verdeutlichung vielleicht folgendes Beispiel:
Der Mensch stammt auf keinem Fall vom Schimpansen ab. Wohl haben wir gemeinsame Vorfahren aber auch der heutige Schimpanse ist das Ergebnis einer Entwicklung und entspricht nicht unserem gemeinsamen Vorfahren.
Zusaetzlich muesste man sich Vorstellen das viele Zwischenstufen sich vermischten und wieder gemeinsame Nachkommen hatten.
Der gemeinsame Vorfahr wird eine rechteckige Huette mit mittigem Feuerplatz (damit nichts anbrennt) gewesen sein. Schon in der Bronzezeit gab es Tueren die an dem Feuer vorbei fuehrten. Eine grosse Gruppe hatte gegenueberliegende Tueren. Die Seite mit der Feuerstelle wurde zum Wohnbereich die andere wurde der Wirtschaftsbereich. Hier kann man leicht die Grundform des Ernhauses erkennen. Wenn man im Wirtschaftsteil Vieh aufstallte konnte man ihnen einen eigenen Zugang geben. Entweder auf der Traufseite (Ernhausfamilie) oder auf der abgewandten Giebelseite (Norddeutsches Hallenhaus). Um schmale Grundstuecke zu erschliessen nutzte man den Durchgangsflur des Ernhauses oder Die Durchgangsdiele spaeterer Fachhallenhaeuser. Beides fuehrte letztendlich zu aehnlichen Grundrissen.
Ein Beispiel fuer Grundrisse, die sich kaum von fruehen Norddeutschen Hallenhaeusern unterscheiden bieten auch die suedwest Englischen Longhouses, allerdings ohne das grosse Giebelseitige Tor! Die Mehrschiffigkeit und Aufstallung des Viehs in den Abseiten hat sich also wahrscheinlich vor der Giebeltuer entwickelt, den das englische Longhouse geht sicherlich auf Bauten der angelsaechsischen Einwanderer zurueck. Ebenso haben das Wealden und Pendean House grosse Aehnlichkeiten mit unseren fruehen Hallenbauten. Interessant mag hier sein das in seiner spaeteren Ausformung (seit dem 15.Jh.?) die hohe mittlere Halle links und rechts von je zweistoeckigen Kammerbereichen flankiert wird, die in der Regel auskragen. Diese Kammern entstanden durch Abteilung und Einziehen von Zwischenboeden. Erst spaeter verwendete man Zimmerungstechniken, die das Auskragen ermoeglichten. Techniken, welche man vielleicht erst nach der Entwicklung der Grundform aus Nordfrankreich importierte.
Wie Das Beispiel von Bad Oldesloe und die Fruehen Bauten in Luebeck nahelegen wird diese Rechteckhuette mit der mittigen Feuerstelle auch dem Saalgeschossbau der mittelalterlichen Haendler vorangegangen sein. Hier muss man spaeter unbedingt trennen zwischen Bauten von Fernhaendlern und dem von Ackerbuergern oder regionalen Kleinhaendlern und Handwerkern. Hier gibt es sicherlich mindestens drei oder mehr Quellen die die einzelnen Bautraditionen beeinflussen. Zusaetzlich zu den staendigen Querbeeinflussungen zu allen Zeiten.
Spinnt man die Idee von dem Urrechteck mit mittiger Feuerstelle weiter koennte man behaupten das in Blockbauweise errichtet diese Bauten die unterste Schicht im slawischen Raum etwa wie in Nowgorod ausgegraben bilden. Im 10.Jh. began man damit den Eingang mit Vorraeumen zu schuetzen. Im Winter sicherlich ein Gewinn. Eine weitere Kammer auf der anderen Seite des Vorraums wurde bald Ueblich und wenn man den hinteren Bereich des Vorraums mit einer zusaetlichen Kammer versieht haben wir ein Dalarna Haus aus Mittelschweden oder zumindest im Grundriss ein "Central service Room House" aus England. In Russland haben die Bauern im Norden bald auch den Bereich zwischen Wohnhaus und einer paralellen Wirtschaftsbautenreihe ueberdacht. Unter einem gemeinsammen grossen Satteldach entstand so das spaetere Nordrussische Bauernhaus mit gewissen Ahnlichkeiten im Grundriss zu Norddeutschen Durchgangsdielen Bauten.
Man koennte noch mehr Spekulieren!
Schon in der Bronzezeit wurde die mittige Feuerstelle mancherorts von vier Staendern umstellt. Dies fuehrte mit der Verlaengerung und den gegenueberliegenden Tueren an den Traufseiten an der Nordsee zum Germarnischen Hallenhaus. Verlegt man aber einen Haupteingang an eine Giebelseite und verschaft ihm einen kleinen Vorbau sind wir ganz schnell beim Aegaeischem Megaron! Laesst man hingegen den Vorbau sein und fuegt lieber an der einen Seite eine oder zwei Kammern an sind wir beim griechischem Oikos, dem Ursprung vieler griechischen Haustypen. Eine Form die, wie oben beschrieben, auch in Norddeutschen Staedten anzutreffen ist allerdings mehr als tausend Jahre spaeter.
Die geschuetzte Feuerstelle erscheint logisch als eine Bauform die sich in kaelteren Regionen entwickelt hat. Ein Beispiel aus waermeren Regionen zeigt wie wenig Grundrissvergleiche leider beweisen, bzw. wie vorsichtig man sein muss.
Die Etrusker haben eine Hausform entwickelt in der drei etwa gleich grosse Raeume nebeneinander lagen. Alle Raeume wurden ueber einen ueber die ganze Breite ueberdachten Vorbereich erschlossen. Dies duerfte auch der Kern des spaeteren Roemischen Atriumhauses gewesen sein, in dem zu beiden Seiten eines mittleren Hofes Kammern aufgereiht und der "Veranda" vorgesetzt wurden. Jedenfalls gibt es in Mittelamerika, bei Mayas und Atzteken genau diese Hausform. Drei nebeneinander liegende Raeume, erschlossen durch eine davor liegenden Veranda. Kaum jemand wird behaupten das die eine Bautradition von der Anderen abstammt. Aus aehnlichen Bedingungen (z.B. keine Lagerung von Ernteprodukten in oder am Wohnbereich, vorliebe fuer Dreigliederung und T-foermige Erschliessung) haben sich, auch in der spaeteren weiteren Entwicklung verblueffend aehnliche Loesungen ergeben.
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Ausstellung? das hoert sich spannend an! Vielleicht koennte man das ab Mitte Januar vertiefen? Obwohl ich da was Fachwerk betrifft nicht der Riesenexperte bin. Mein Hauptinteresse gilt eher dem fruehen Backsteinbauten.
t.woelk at web dot de