Fehlboden in mittelalterlichem Fachwerkhaus

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gemm

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In einem mittelalterlichen Haus (ca. 16.Jahrh., Franken) ist derzeit wegen Sanierung der Boden offen. Es handelt sich um bauzeitlichen Fehlboden mit Inhalt aus Sand/Schlacke. Mich interessiert die Zusammensetzung dieser Füllung - gibt es dazu irgendwelche Untersuchungen ? Ich vemute, dass Schlacke vermutlich nicht der richtige Ausdruck ist - aber was ist das Zeug dann ?
 
Foto wäre hilfreich

Stell mal ein Foto ein.
Es gibt in Franken (FÜ/NEA/ER/ERH/N)öfter mal Schlacke in den Fehlböden bzw. zwischen den Ausgleichshölzern in den Fußböden. Teilweise stammen die Schlacken von Gießereien, Schmieden oder auch aus Heizkraftwerken (ehemals Franken II - Frauenaurach)bei neuzeitlichen Schüttungen.
 
Deckenfüllung

Schlacken ("Coacsasche") sind typische Materialien des 19.Jhr, dem Zeitalter der Dampfmaschinen und der Kesselschlacken.
Im 16. Jahrhundert waren Windelböden, mit Strohlehm umwickelte Holzscheite die in Nuten zwischen die Balken geklemmt wurden, zeittypisch. Darauf wurde ein Lehmverstrich aufgebracht.
 
Hallo,

es kann gut sein , das ihre Böden in den vergangenen Jahrhunderten schonmal geöffnet wurden und die Füllung ausgetauscht oder ergänzt wurde.
Neben dem, wie Hr. Böttcher schrieb, lagen die Lehmstrohwickel auch auf den Deckenbalken, darauf dann mehr oder minder dicker Lehmverstrich. Über dem Lehmverstrich dann Gipsestrich alternativ auch Sandfüllung mit Lagerhölzern und Dielung. Nut und Feder gab es auch schon im 17.Jhd. oft wurden aber unterschiedlich breite Breter aneinandergeleimt und vernagelt. Bei uns fand sich im Sand und auch im Lehm alles mögliche von Unmengen an Knochen, Glasstückchen, Schaufeln, Tonpfeifen, Kinderschuhe etc.
 
Der Boden bzw. die Decke besteht wie richtig angemerkt wurde aus Lehmwickeln; darüber die Sand/Dreckschicht und darüber dann Bretter. Darüber dann wieder Dreck/Schlacke und wieder Bretter. Also ein quasi ein doppelter Fehlboden. Die obere Schicht ist natürlich deutlich neuer, aber die untere Schicht ist vermutlich bauzeitlich. Dort liegen die typischen "Fundstücke" drin; z.B. alte, handgemalte Spielkarten aber auch tote Mäuse und Pflanzenmaterial. In der später angebrachten, oberen Schicht fand sich z.B. ein flacher Zinnsoldat, ein Stück Zirkel usw.

Intetessant wäre eben zu wissen, was das für ein Füllmaterial in der unteren Schicht über den Lehmwickeln ist. Für reinen Sand ist es zu dreckig und Hochofenschlacke gab es damals noch nicht. Die Bretter der unteren Schicht werden noch dendrochronologisch datiert, aber wegen der Fundstücke gehe ich davon aus, dass es tatsächlich nicht ausgetauscht wurde.
 
Wenn Fundstücke in der Schüttung verteilt sind und diese nicht nur über den Wandanschluß oder Ritzen hineingeraten sein können , ist naheliegend, dass die Schüttung in Zweitverwendung eingebaut, bzw. der Boden mal aufgenomen wurde. Alter und Lage der Fundstücke lassen auch auf das Einbau- oder Veränderungsdatum des Fußbodens schließen. Gute Indikatoren sind auch Reste von Tonpfeifen. Diese kamen mit dem 30jährigen Krieg ins Gebiet des späteren Deutschlands. Jeder Pfeiffenmacher baute seine eigene "Wiedererkennbare" Pfeife und meist nur solange seine Werkstatt existierte. Weit verbreitet waren im Barock die holländischen Tonpfeifen und gut zuzuordnen. Findet man mehrere Stücke davon räumlich zusammenhängend, kann man daraus leicht auf den Bau/Reparaturzeitraum schließen.
Häufig findet sich in der Schüttung Reste von Gipsestrich. Gipsestrich war ein verbreiteter Bodenbelag auf Lehm oder Sand. Die Haltbarkeit war begrenzt. War dieser abgenutzt und zerbrochen, wurden die Reste oft zum Mauern oder, mehr oder minder kleingehauen als Füllmaterial neben Sand, zum Bodenausgleich verwendet.

Haben sie Fotos?

Welche Formate haben denn die Fußbodenbretter der unteren Schicht? N+F oder stumpf verleimt? Gibt es grobe Hobelspuren quer zur Faser? Wie befestigt? Geschmiedete Nägel? Indizien gibt es meist genug, das Lesen dieser ist meist kniffelig.

Genau wie heute, wurde auch früher gern gepfuscht bzw. mußte es einfach nur billig sein. War ein Boden verschlissen oder zu schief infolge von Setzungen etc., blieb dieser auch schonmal drin und es wurde einfach ein neuer draufgelegt. So kommt es , das im Laufe der Jahrhunderte locker 5 Lagen Fußboden übereinanderliegen und z.B. aus vielleicht ursprünglich 230cm Deckenhöhe nur noch 170cm übrig bleiben. Der aktuelle Bewohner im 21.Jhd. wundert sich dann über die vermeintlich niedrigen Deckenhöhen der alten Häuser :)

Gruß
Selle
 
Thema: Fehlboden in mittelalterlichem Fachwerkhaus

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