Denkmalgeschütztes Fachwerk!

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Uwe Hertwig

Guest
Hallo,
ich saniere gerade ein altes Fachwerk, die wiederherzustellende Originalfarbfassung(Ziegelrot) mit Hilfe von Kalkfarbe. Leider ist eine so intensive Farbmischung im Kalksystem nicht möglich, da zuviel Pigment beigefügt werden muss.
Wer kann mir dazu eine Alternative vorschlagen?

Die Farbfassung erstreckt sich über Balkenwerk, sowie Gefache und sollte daher ein und dasselbe System sein.

Dank im Vorraus Uwe!
 
funktioniert nicht !

Sorry, aber die eierlegende Wollmilchsau gibt es in diesem Bereich nicht !

Zumindest dann nicht, wenn die Farbe auf beiden Untergründen gleichmäßig halten, die Diffusionsfähigkeit nicht nachhaltig eingeschränkt und das Ganze auch noch möglichst lange halten soll.

Pigmentierte Leinölfassung auf dem von Fremdbeschichtungen gereinigten Fachwerk - JA!
und pigmentierte Sumpfkalkschlämme auf den von Fremdbeschichtungen gereinigten Gefachen - JA !

Alles Andere wäre meiner Auffassung nach der übliche Farbplunder der chemischen Industrie, der unseren Fachwerkhäusern bisher auch schon so erfolgreich übern Jordan geholfen hat.

Herzliche Grüße aus Wolfenbüttel

Stefan
 
Kalkfarbe

Dag ok. Mal gucken im Forum 17492 ein paar Foren vor diesem. Vieleicht ist da was bei. Na denn man to.
 
Irgendwie auch Chemie....

Silikatchemie nämlich, erfunden auf der Suche nach dem "Stein der Weisen": KEIMsche Farben.
www.keim.de
Ich kenne kein Haus, das daran kaputtgegeangen wäre.

Gruß
 
Antwort für Stefan Haar, Eintrag ganz oben.

Hallo Stefan, hier muß ich ernsthaft die Notbremse ziehen und Dir aus denkmalpflegerischem Grund widersprechen. Das kann ich aber jetzt nicht innerhalb von zehn Minuten. Ich melde mich nochmals genau zu diesem Thema.
Herr Hertwig muß das hinkriegen. Auch wenn er möglicherweise über seine Fassade hinterher etwas unglücklich ist.
... bis in Kürze
Ditmar
 
Ok, ok !! :eek:)

... ich ziehe mich erst nochmal zur Beratung zurück ... :eek:) ... man lernt halt nie aus. Silikatfarbe findet meines Wissens auf Holz keine echte Bindung wegen der fehlenden Quarzbestandteile. Muß dann wohl ein anderes Bindemittel im Spiel sein. Zumindest habe ich gegen KEIM-Farben bislang nichts Negatives zu sagen.

Aber die Ursprungsfassung (vom Material her) dürfte der Silikatanstrich doch wohl kaum sein - oder kann mich jemand vom Gegenteil überzeugen? - Für sachliche Argumente, die in nachvollziehen kann, war ich schon immer offen ... :eek:)
 
Versuch einer Erklärung

Hallo Uwe Hertwig, ich melde mich noch einmal - auch als Antwort auf den Eintrag von Stefan Haar, siehe ganz oben.

Diese Entscheidung oder Vorgabe des konsequent einfarbigen Anstrichs beruht sicher auf eine restauratorische Befundvorgabe, von der Denkmalpflege verlangt.(?) Ursprünglich hatte (fast) jedes Fachwerk noch keinen ästhetisch-gestalterischen Anspruch und die Wände wurden insgesamt einheitlich einfarbig gestrichen: In einem Zug hinweg über die Balken und Ausfachungen, alles mit derselben Farbe.!
- Also muß es ein sehr altes Haus sein, Herr Hertwig.(?)

Ich weiß, daß es bei ähnlichen Entscheidungen und Vorgaben immer wieder sehr heftige Reaktionen nicht nur bei Bauherren, auch in der Bevölkerung gibt, nach dem Motto: Die Denkmalpflege macht unser ganzes schönes Stadtbild kaputt.!
Der Hell-Dunkel-Kontrast, zwischen Ausfachung und Balken ist doch viel schöner.!! Aber was ist Denkmalpflege ? Was will die amtliche Denkmalpflege ?
In Ihrem Fall, Herr Hertwig, soll sicher auch "nur" der frühestmögliche Befund, also der älteste, der Erstanstrich gezeigt, sprich rekonstruiert werden.
Genaueste histochemische Tests, was denn so alles an Bindemitteln noch in den alten Anstrichen seit Jahrhunderten drin enthalten ist, wurde bei Fassadenanstrichen bisher wohl kaum gemacht. Die Fachleute Denkmalpflege sind in der Regel schon zufrieden, wenn der Farbton stimmt. Doch exakt 100-%ig weiß das auch niemand, weil sich Farben immer wieder verändern: Manche dunkeln nach, manche hellen sich auf. Es gibt allein schon enorme Unterschiede beim selben Anstrich zwischen Wetterseite und Nordseite.

Doch zurück zur Frage von Uwe Hertwig:
Ich kann aus eigener Erfahrung bisher nicht sagen (und da muß ich Stefan Haar - siehe oben - möglicherweise Recht geben), daß der einheitliche originale Anstrich nicht einfach nur ein reiner Kalkanstrich war. Daß Holz und Putz sehr unterschiedlich reagieren ist ja bekannt. Und Dampfdiffusion kannte man damals noch nicht und es hielt trotzdem sehr lange. Man hat in früheren Jahrhunderten vieles aus dem Bauch heraus gemacht, aber mit enorm tiefgründigen Erfahrungen.!
Mein Vater (Dekorationsmaler, Ende der 1920er Jahre gelernt) hat z. B. bei Kalkanstrichen immer einen "Schuß Milch oder Molke" in den Kalkeimer gekippt und somit zumindest anteilig einen Kaseineffekt erzeugt. Das wurde und blieb wischfest. Von anderen Kalk-Anstreichern weiß ich, die haben gleich mal in den Kalkeimer gepinkelt. (Salzausblühungen danach sind mir nicht bekannt.) Jedenfalls ist der Anstrich immer wischfest geblieben.

Nun ist, Herr Hertwig, "ziegelrot" nicht gleich Ziegelrot.
Frage: Hat Ihnen jemand (Denkmalpfleger oder Restaurator) einen speziellen Farbton vorgegeben? Bei Befundungen werde ich in der Regel einen ganz konkreten NCS-Farbton, machmal auch RAL, angeben. Das macht(e) für alle Beteiligten die Entscheidung leichter, weil man sich immer auf diesen genormten Farbton dann berufen kann..

Kalk selber hat wirklich kein starkes Färbevermögen. somit kann ich mir gut vorstellen, daß Ziegelrot allein durch Pigmente noch nicht erreicht werden kann. Eine Möglichkeit ist noch, Seifenwasser hinzuzugeben und dadurch den Kalkanteil verringern zu können. Dann reicht die Kraft der roten Pigmente in jedem Fall.!

Die ältesten Fachwerke bis zur Barockzeit sind einfach nur mit dem Klabbatsch (Deckenbürste) "übergeschmiert" worden. Selbst bei den Fensterrahmen hatte man sich kaum Gedanken gemacht. Es wurde alles zugetüncht.
Freilich kann man immer wieder die Frage stellen: Was ist Denkmalpflege? Wie kosequent geht man vor? Selbst die "wissenschaftlichen Erkenntnisse" im Bezug auf historische Farben und -anstriche ändern sich immer wieder und haben enorm viel mit dem subjektiven Geschmack der Denkmalpfleger (und Restauratoren, Chemikern usw.) zu tun.
Auch der Vorschlag von Dietmar Beckmann, siehe oben, Keimfarben oder Beeck´sche Farben zu nehmen, dürfte heute legitim sein und von der staatlichen Denkmalpflege "abgesegnet" werden.
Am Ende soll das Haus eine innere Harmonie, eine Gefälligkeit an sich erhalten, mit dem die meisten zufrieden sein können. Sie schaffen das, Herr Hertwig!
Geben Ihnen als den "Leidtragenden" die Denkmalpfleger eigentlich konkrete Hilfestellungen, wie Sie als Laie zum Ziel kommen sollen. (Es ist keineswegs zynisch gemeint: Meistens wissen sie auch nicht mehr.)

Restauratoren-Grüße
Dietmar
 
Wohl wahr

Ich weiß, daß es bei ähnlichen Entscheidungen und Vorgaben immer wieder sehr heftige Reaktionen nicht nur bei Bauherren, auch in der Bevölkerung gibt, nach dem Motto: Die Denkmalpflege macht unser ganzes schönes Stadtbild kaputt.!

In den letzten Jahren ist der Harz in weiten Teilen ergraut. Anscheinend ist man der Meinung (das meine ich wörtlich - der Meinung -) das alle Häuser grau waren und deshalb es auch wieder sein müssen. Ich gestatte mir eine andere - Meinung -.
 
... doch noch

... einen kleinen Schuß von meinem "Senf" dazu.

Dietmar, ich weiß nicht, wann bei Dir ein Haus anfängt, alt genug für einen vollflächigen Anstrich zu sein - und wir müssen hier sicher immer wieder mit starken regionalen Unterschieden rechnen. Aber in meiner Region waren zumindest im ländlichen Raum die Häuser vielfach komplett "überputzet" - und zwar mit aufgespachteltem Kalkhaarmörtel. Dafür gibt es historische Beschreibungen und ich habe in diesem Zusammenhang auch Originalbefunde hinter Holzwolleleichtbauplatten im Außenbereich freilegen können (Baujahr 1789). Von Farbe aber in diesem Fall keine Spur.

Das das heute so beliebte kontrastreiche Fachwerk wird möglicherweise eher die Ausnahme gewesen sein - zumindest solange die Gefache mit Lehm verputzt wurden. Aber dafür wird man heute kaum jemanden begeistern können ... dafür müssen wir uns immer wieder mit der Fugenproblematik auseinandersetzten ...
 
Hallo Stefan,

das eine widerspricht garnicht dem anderen. Deshalb auch meine Frage an Herrn Hertwig und an die Runde: Was will die Denkmalpflege.? (Wer auch immer das sein mag.) Soll nur ein Farbton wieder erzeugt, rekonstruiert werden? In diesem Fall Ziegelrot. Oder soll exakt die alte Substanz "nachempfunden" werden.
Gerade bei Kalk gibt es eben auch einen nicht ganz eindeutigen Übergang zwischen Farbe und Putz. Farbe kann man aufspachteln. Und Putze kann man auch mit der Bürste auftragen. Der Farbe und dem Putz kann man alles zusetzen. Hauptsache, es hält.
Früher haben die Bauern (und Handwerker) einfach ihr Haus möglichst schnell dicht gemacht. Und wir machen heute eine Wissenschaft daraus. Weil uns die Erfahrungen fehlen - oder verloren gingen.
Freilich gibt es regionale Unterschiede - nicht nur in den Bauformen, auch in den verwendeten Materialien. Je nachdem was man hatte und finden bzw. nutzen konnte.

....... wieder ein typisches IGB-Hausforscherthema.
Sorry, wenn wir im falschen Forum sind.

D.
 
Zurückruder :) Was überhaupt nicht klar ist, ...

ist warum diese Farbe gewählt werden soll.

Ist es überhaupt eine Auflage? Oder vom Bauherren gewünscht? Gibt es eine Orts-Gestaltungssatzung, die es vorschreibt?

Um auch Dietmars Gedanken noch einmal aufzugreifen:

Wiederherstellung eines Zustandes, der mit heutigen Mitteln nicht mehr darzustellen ist, kann nicht die vorrangige Aufgabe sein, siehe z. B. Haus Tanzwerder, wo bei einer Tür die unterschiedlichen Farbgebungen über die Jahrhunderte dargestellt werden, aber das Gesamtkonzept auch notwendige moderne Baustoffe einschliesst (für den Brandschutz z. B).

Ich bin Laie, Lerndende und habe mit meinem (Bördekreis) Denkmalamt nur gute Erfahrungen, traf immer auf Gesprächsbereitschaft und Kompromissbereitschaft. Denn auch den Herren hier ist bewusst, nur ein nutzungsfähiges Denkmal wird der Besitzer erhalten!
Vielmehr ist doch das Problem in der mangelnden Kommunikation zu suchen, vom Amt und zum Amt und auch umgekehrt vom Besitzer zum Amt usw.

Gegen jeden Bescheid gibt es eine Widerspruchmöglichkeit, gegen jede verschleppte Entscheidung den Weg der Untätigkeitsklage (vor dem Verwaltungsgericht9, vorher sollte man allerdings immer alle Gesprächsangebote nutzen), hilflos/mittellos ist man deshalb nicht!

Ich bin kein Rechtsanwalt, aer Verwaltungsakte sind keine endgültigen Urteile über engagierte Bürger

Heide, die jetzt alles Wissen preisgegeben hat
 
Hallo alle miteinander!

Erst einmal danke für die vielen Beiträge!

Soweit mir bekannt ist, gibt es nicht wirklich handfeste Denkmalauflagen für diesen Farbton - es geht eher um die Rekonstruktion des ersten Farbanstrichs - dieser zieht sich vom Balken bis zu drei Zentimeter aufs Gefache.
Der Bauherr hat bereits drei Seiten seines Hauses mit einer Holzverkleidung auf dem Fachwerk versehen, um den weiteren Bestand des Fachwerks zu sichern. Nur bei der Gibelseite(Ostseite) soll eine Rekonstruktion erfolgen.
Da in Sachsen nur sehr wenige dieser farbig gefassten Winzerhäuser vorhanden, geschweige denn erhalten und rekonstruiert sind, soll diese Seite als Präsentation erhalten bleiben.

Ich habe mich dafür entschlossen, eine Kalk - Kasein - Malerei anzuwenden, wobei der Kalkanteil eher für den leicht deckenden Anteil beigemischt wird, das reine Kasein als Bindemittel fungiert und nur in einer sehr dünnen Lage aufgestrichen wird.
Ich bin mir durchaus der heftigen Oberflächenspannung bewußt(daher auch nur der sehr dünne fast lasurähnliche Auftrag) und hoffe das ich das richtige Mischungsverhältnis getroffen habe.
Ich hatte überlegt ob ich die Balken kalke um die Haftfähigkeit herzustellen für einen folgenden Silikatanstrich, fand jedoch die gesamte Farbschichtauflage zu dick und entschied mich daher für die oben beschriebene Variante.
Soweit mir bekannt ist, ist dies auch eine alte
Maltechnik.

Ich danke noch einmal allen für die unerwartet vielen und interessanten Beiträge - wirklich ein gutes Forum hier!

Uwe!
 
Thema: Denkmalgeschütztes Fachwerk!
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