Ein Denkmal muss man nicht sehen können?

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futsch

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Hallo,
ich bin zum ersten Mal hier. Ich habe ein denkmalgeschütztes Haus in NRW, dass ich in den letzten Jahren umfangreich saniert habe und mich zentimetergenau an die denkmalschutzauflagen eingehalten. In diesem Jahr wird das Denkmal komplett zugebaut. Auf der einzig sichtbaren Seite, wo vor 5 J. ein Denkmal stand, dass rechtwidrig abgerissen wurde, wird ein Neubau mit eigenartiger Form wie ein Vorhang dicht heran gebaut. Damit wird ie historische Gesamtanlage verschandelt.

Seit 6 Monate weiss ich davon und versuche es mittels zahlreiche Briefe und Gespräche mit den Behörden zu verstehen.
Die Behörden sagen:
Es stand dort vor 5 J ein Haus, also darf dort selbstverständlich auch wieder eins hin.
Das Denkmal ist kein Schloss o.ä. und nicht wichtig genug.
Wir haben auch keine Zeit dafür, auch nicht für ausführliche Gespräche.
Das Denkmal wurde nicht gebaut um gesehen zu werden.
Ein Denkmal muss man gar nicht sehen können.
Eine Unterschutzstellungsbegründung gibt's nicht.
Eine Ortsbesichtigung ist nicht nötig.
Das Denkmal ist zwar Teil einer Gesamtanlage, die aber nicht wichtig genug ist für die Stadtgeschichte.(!!!)
Es darf dort aussehen wie 2016.
"Ich wohne in einem anderen Ort, mir ist völlig egal was dort passiert."
Verklagen Sie die Behörden doch!

Das gleichgültige Verhalten der Behörden gegenüber Denkmaleigentümer ist für mich völlig unverstandlich.

Nach jahrelanger Heimatforschung habe ich einiges über mein Denkmal und dem Stadtteil herausgefunden und habe gemerkt, dass die Behörden nichts darüber wissen.

Ich habe noch nicht so lange ein denkmalgeschütztes Haus und möchte gerne wissen, ob Jemand schon mal von einem ähnlichen Fall gehört hat?
Muss ein Denkmal nicht zumindest zum Teil für die Öffentlichkeit sichtbar bleiben?
Wieso darf eine Behörde so unzureichend arbeiten? Was kann ich dagegen unternehmen, wenn die Baugenehmigung durch ist?
 
Und wieso musste ich das Denkmal bis ins kleinste Detail denkmalgerecht sanieren, wenn die Stadt das angeblich "zu wenig repräsentative" alte Fachwerkhaus eh nicht mehr sehen will? Warum einen Lichtband im Dach einbauen, das so wenig Licht bringt, dass meine Kinder in dunklen Kinderzimmer sitzen müssen? Warum musste ich dann die bereits gemauerte Außenfassade wieder als Fachwerk herstellen? Warum nicht auch von außen dämmen und mit Wellbleche verkleiden, sowie in unmittelbarer Nachbarschaft? Das merkt doch eh keiner! Warum dann die 21 neue überteuerte vierflügelige Holzsprossenfenster einbauen, wenn es sowieso keiner mehr sehen kann? Glauben die ich wäre weniger glücklich mit einfachere Fenster? Wieso wohl wird von den Häusern, in der engbebauten Innenstadt, nur der sichtbare Giebel unter Denkmalschutz gestellt? Evtl weil man den vorderen Giebel sieht und den rückwärtigen nicht? Und wieso sollte ich in Zukunft wieder schöne Fensterläden dran machen? Das lasse ich dann auch mal schön sein.Das Denkmal soll vollständig von der Bildfläche verschwinden. Manche Leute dürfen offensichtlich den Denkmalschutzmit Füsse treten! Eins habe ich definitiv gelernt. Finger weg von einem Denkmal!
 
Danke Futsch für deinen tiefen Beitrag. Du hast völlig recht. Wieso muss ich das machen? Musst du nicht!
 
Nu mal langsam mit den jungen Pferden

Ich kann deine Verärgerung sehr gut verstehen. Vielleicht spielt hier, wie so häufig, auch die Politik oder Vitamin B in die neue Baugenehmigung hinein. Ärgerlich auf jeden Fall. Ich würde dies aber mal sachlich trennen von deinem Gebäude. Mit deinem Engagement bist du glaube ich stolz auf das was du kulturhistorisches für die Allgemeinheit geleistet hast und das ist toll. Sei Stolz darauf und genieße dein Gebäude.

Wenn das abgerissene Gebäude aus der Denkmalliste genommen wird, bleibt die Frage, stand es in einem Denkmalbereich. Ist auch das nicht der Fall kann die Untere Denkmalbehörde zwar ihre Erlaubnis zur Bebauung verweigern aber mit der Begründung "ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt." überstimmt werden. Hier hat die Politik also alle Möglichkeiten.

Welche Möglichkeiten hast du also noch ...
a.) Rücksprache mit dem Sachbearbeiter des zuständigen Landschaftsverband nehmen. Sich dort ggf. hochkämpfen bis zum Dezernenten.
b.) Oberste Denkmalbehörde ansprechen. Das ist das Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen. Ggf. herrscht hier eine andere Politische Richtung als in deiner Stadt. Ggf. gehört ja auch deine Stadt zur Liste der Historischen Stadt- und Ortskerne NRW. Das wäre ein zusätzliches Argument für dich.

Viel Glück und denke immer daran ... „Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“ Bertolt Brecht

Ingenieurbüro Bergisches Land - Markus Mattonet
 
Geh

auch noch zur Lokalzeitung und Oppositionspolitikern in der Stadtverwaltung mit der Sache, die können dir vielleicht helfen, die politischen Verknüpfungen zu ergründen!
 
Abstandsflächen prüfen

Du solltest prüfen oder prüfen lassen, ob alle Abstandsflächen durch den Neubau eingehalten werden. Abstandsflächen haben nachbarschützende Wirkung. Darauf muss die Baugenehmigungsbehörde grundsätzlich Rücksicht nehmen, auch wenn diese Abstandsflächen durch den Vorgängerbau nicht eingehalten wurden. Für einen Neubau gilt aber nicht der Bestandsschutz des Vorgängerbaus. Eventuell einen guten Fachanwalt zur Hilfe nehmen. Da kann ich auch eine Empfehlung geben.
 
Von Pontius nach Pilatus

Die uDb gibt die Entscheidung vollständig an das Denkmalpflegeamt ab. Diese gibt an völlig überlastet zu sein, wichtigeres zu tun zu haben und richtet sich nach der gleichgültige Meinung der uDb. Der gesamte Vorgang ist grob mangelhaft! Die Entscheidung über das zukünftige Erscheinungsbild unseres Ortsteil basiert lediglich auf wenige oberflächliche Informationen und das persönliche Empfinden zweier Beamten.

Da unser Ort zurzeit gründliche den Bach herunterfährt, bzw unsere Stadt pleite ist und der Stadtrat weitere überteuerte Fehlentscheidungen macht, wird die Priorität woanders gelegt. (Es gibt ja auch immer noch schlimmeres, wie z.B. Vernichtung von Stadtkulturerbe)

Das Denkmal liegt nicht im Ortskern, aber ist nachweislich Teil einer bedeutende Gesamtanlage, als besterhaltene in NRW. Da mein Denkmal nur ein Teil davon ist und nicht einzige Zeuge für die Gesamtanlage ist, darf es offensichtlich vom Erdboden verschwinden. (unter dem Motto: es ist nur eine kleine Amputation - da muss man durch, tut nur kurz weh....)

Aber Sie haben Recht, man muss kämpfen. Ich schreibe meine Finger wund und rede meinen Mund fusselig. Auch wenn ich mich manchmal wie Don Quijote vorkomme, werde ich erneut die Instanzen anschreiben. Auch wieder die höchsten. (das hatte ich zu Beginn schon gemacht, auf Empfehlung meines Architekten)

Das Problem ist, dass es sein kann, dass die Baugenehmigung schon erteilt wurde, dann ist alles verloren...
 
Man kann

eine Baugenehmigung anfechten!
 
Abstandsflächen werden eingehalten

Ich kenne den beauftragten Architekt. Er wird die Abstandsflächen einhalten(so gerade mal 6 m von Hauswand). Hier kann ich baurechtlich nichts dagegen machen. Hier geht es nur um Denkmalschutz.

Da die Denkmäler wie Zwillinge parallel sehr dicht aufeinander standen auf extrem (!) wenig Fläche, ist nur ein eigenartig langer, schmaler Neubau möglich, parallel in gleicher Länge und Höhe. Mein Architekt vermutet so ungefähr: 4 m breit, 10-12 lang, 10 hoch hoch (wie eine Mauer vor dem gesamten Denkmal also) Für etwas anders ist dort keinen Platz.

Betrifft Fachanwalt: ich war schon für Vorgespräche bei 4 Anwälte. Ohne über den Fall näheres zu wissen, wurde mir keine Hoffnung auf einer erfolgreiche Klage gegeben. Gegen die Entscheidung der Ämter komme ich nicht an. Alles nur reine Zeit- und Geldverschwendung, wurde mir gesagt (wenigstens waren die ehrlich und wollten mir nicht das Geld aus der Tasche ziehen). Sogar die Anwaltskammer und die Deutsche Stiftung für Denkmalschutz konnten mir nicht weiterhelfen.

Oder hat Jemand eigene Erfahrungen mit einem ähnlichen Fall und hat erfolgreich geklagt? Oder kann Jemand mir einen sehr guten Fachanwalt für Verwaltungsrecht, speziell für Denkmalschutzfälle empfehlen???
 
Muss denkmalgerecht sanieren

Michi, ich MUSS mich, bei einer Sanierung, an die Denkschutzrichtlinien halten, denn in der Erlaubnis wird schon im voraus mit Geldbuße (oder Gefängnisstrafe) gedroht. Mich nicht genau daran zu halten, sowie mein Nachbar (auch Denkmal), dafür habe ich nicht die gute Beziehung mit der uDb und nicht die Nerven.

Außerdem MÖCHTE ich ja auch mein Denkmal wieder authentisch herstellen.

Achso Michi, war das anders gemeint? Ja, dann haben Sie natürlich Recht, ich kann auch verkaufen oder besser noch: das elendige alte Ding vergammeln lassen, abreißen und Neubauen, wie nebenan gemacht wurde.
 
Lokalpresse hat bereits berichtet

Zwei Artikel gab es bereits in der Lokalpresse, aber im Moment wird die Stadt an die Wand gefahren. Es gibt also immer wichtigeres zu berichten.
 
Moin,

sicherlich ist die aktuelle Situation frustrierend und die Chancen im Kampf gegen Windmühlen stehen eher schlecht.
Aber was hat der Denkmalschutz des einen mit dem Neubau des anderen zu tun.
Wenn ich also in einem Denkmal wohne und es entsprechend der mir möglichen Mittel nach dem aktuellen Stand erhalte, habe ich doch erstmal alles richtig gemacht.
Und ja ein Denkmal muss man nicht sehen können, dem stimme ich zu. Die Erhaltung und Sanierung eines denkmalgeschützten Gebäudes bzw eines Denkmals im Allgemeinen sollte nicht davon abhängig sein ob man es sieht oder nicht, da dies ja auch nur ein kleiner Zeitabschnitt im Jetzt ist.
Wie sich nun die Genehmigung für den Neubau ergibt und dort Vitamin B geholfen hat oder vielleicht andere aktuelle wichtige wirtschaftliche Interessen der Stadt/Gemeinde wichtig sind entzieht sich meiner Kenntnis.
Und bei aller Liebe zum Denkmal, die Stadtentwicklung die ja zum täglichen Leben dazugehört darf darunter auch nicht leiden.
 
Bauplanung

Als Nachbar haben Sie das Recht die Bauplanung für den Neubau sich zeigen zu lassen. Wenn bauordnungsrechtlich und planungsrechtlich alles korrekt ist, dann gibt es da doch nichts auszusetzen oder Beziehungen zu vermuten. Und ob die Planung bauordnungsrechtlich und planungsrechtlich korrekt ist, dass kann hier ohne Pläne niemand beurteilen. Da kann Ihnen ein Fachanwalt genaue Auskunft geben, aber sicher nicht ohne genaue Kenntnis des konkreten Falls, so wie bei den vier von Ihnen aufgesuchten Anwälten. Neubauten wird es immer geben, auch solche, die neben oder vor einem Denkmal stehen. Vielleicht wird dieser Neubau ja in einigen Jahrzehnten wieder abgebrochen und Ihr Denkmal steht dann noch immer....
 
Gesamtanlage

Mal ganz simpel: Drei wichtige Denkmäler haben einen Zusammenhang, stehen deutlich erkennbar in einer Reihe an einem alten Weg (Pilgerweg, denkmalg.). Eines der zwei äußere D. wird durch einen Neubau davon abgeschnitten. Das Gesamtbild wird zerstört. Und ja, es bleibt hinter dem Neubau erhalten, wird nicht abgerissen, aber komplett verdeckt. Was soll das? Daneben ist genügend Platz frei.

Diese 3 historische Gebäude und der Weg sind die letzte sichtbare Zeitzeugen der Geschichte dieses Ortsteils.

Aber sch... was auf Heimatgeschichte. Wer braucht das schon. Es ist ja schließlich 2016. Man muss Denkmäler ja auch nicht sehen können, sondern man kann danach suchen gehen oder in Bücher darüber lesen, reicht doch auch.
 
Denkmalschutzrechlich alles korrekt?

Herr Haass, Sie schreiben:
"Wenn bauordnungsrechtlich und planungsrechtlich alles korrekt ist...." Was ist, wenn denkmalschutzrechtlich nicht alles korrekt ist? Warum bekomme ich von der uDb keine Unterschutzstellungsbegründung? Es gibt keine, nur eine kurze Beschreibung mit allgemeinen Schlagwörtern (könnte auf jedes Denkmal passen). Habe ich, als Denkmaleigentümer nicht das Recht auf ein aktuelles unabhängiges Gutachten. Ich wüsste doch sehr gern wie ein Experte die Situation beurteilen würde.

Und genau, unser Fachwerkhaus wird hoffentlich noch länger halten als der Neubau....

Für uns immer wieder ein Fachwerkhaus, aber NIE wieder ein Denkmal!
 
Denkmalbereich

Hier können Sie selber prüfen ob alles denkmalschutzrechtlich korrekt läuft bzw. gelaufen ist:

§ 5 DSchG
Unterschutzstellung von Denkmalbereichen

(1) Denkmalbereiche werden durch Satzung der Gemeinde, die der Genehmigung der Oberen Denkmalbehörde bedarf, unter Schutz gestellt. Mit der Unterschutzstellung unterliegt der Denkmalbereich den Vorschriften dieses Gesetzes.

(2) In der Satzung ist das Gebiet zu bezeichnen, in dem Maßnahmen gemäß § 9 erlaubnispflichtig sind. Es ist anzugeben, aus welchen Gründen das Gebiet als Denkmalbereich festgesetzt wird. Dabei sollen Pläne oder zeichnerische, photographische oder photogrammetrische Darstellungen der zu schützenden Silhouette, der baulichen Abfolge der Stadt- oder Ortsbilder, Gesamtanlagen oder Einzelbauten mit der für ihr Erscheinungsbild notwendigen Umgebung (Freiräume, Freiflächen, Sichtbezüge) beigefügt werden. Der Plan oder die Darstellung ist zum Bestandteil der Satzung zu erklären. Der Satzung ist das Gutachten des Landschaftsverbandes gemäß § 22 Abs. 3 nachrichtlich beizufügen.

(3) Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn

a) die Satzung nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist,

b) die Satzung diesem Gesetz, den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen oder sonstigen Rechtsvorschriften widerspricht oder

c) die Festlegungen zur Erfüllung der Ziele dieses Gesetzes nicht ausreichen.

(4) Erläßt die Gemeinde innerhalb eines angemessenen Zeitraumes keine entsprechende Satzung, so fordert die Obere Denkmalbehörde sie auf, die Satzung innerhalb von drei Monaten vorzulegen. Nach Ablauf der Frist kann die Obere Denkmalbehörde Denkmalbereiche durch ordnungsbehördliche Verordnung unter Schutz stellen. Die Verordnung ist aufzuheben, sobald eine rechtsverbindliche Satzung vorliegt.
 
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