Die Sache mit der statischen Scheibe (bei Dielenböden)

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Melanie G.

Guest
Liebe Experten,

ich habe den alten Dielenboden meines Dachgeschosses entfernt und neue Hobeldielen gelegt.
(Leider erst) nach meiner Aktion habe ich von der statischen Funktion von alten Dielenböden gelesen. Man baut ja immer zweimal … ;-)

So wie der alte Boden verlegt war hatte er in der Tat die Funktion einer Scheibe, d.h. eine aussteifende Wirkung.
Um die leicht gebogenen Balken auszugleichen, habe ich auf die Balken bis zu max. 1,5 cm Holzfaserweichplatten („Ökolit“) gelegt und dann die neuen Dielen verdeckt (also durch die Feder) auf die Balken verschraubt.
Damit ist also die Scheibenfunktion hin.

Nun meine Fragen:

1) Würde es etwas bringen (wenn man unterstellt, dass ich die Scheibe brauche), wenn ich zusätzlich zur verdeckten Schraubung doch noch zwei Schrauben pro Diele und Balken von oben durchschraube?

2) Müssen die Dielen bei Scheibenfunktion wirklich direkt auf dem Balken liegen oder ist ein kleiner Zwischenraum akzeptabel? Es wird ja meines Wissens nach nur eine kraftschlüssige und keine formschlüssige Verbindung gefordert, oder?

Mit Frage 2 ziele ich darauf ab, dass – selbst wenn nun kein Dämmstreifen zwischen Dielung und Balken angebraucht wird, die Hobeldielen heutzutage auf der Unterseite meist streifenförmige Aussparungen von bis zu 1 cm haben. Damit entsteht also bei vielen Verschraubungen (oder Vernagelungen) ohnehin ein Luftraum zwischen Balken und Diele.

Über fachlich fundierte Hinweise freue ich mich sehr. Bitte, bitte keine Nebendiskussionen über Schallschutz, andere Konstruktionen und warum man überhaupt alte Dielen rausnimmt. ;)

Vielen Dank und ruhige Feiertage wünscht

Melanie
 
Kleine Korrektur

Das ist etwas missverständlich ausgedrückt:

" die Hobeldielen heutzutage auf der Unterseite meist streifenförmige Aussparungen von bis zu 1 cm haben. Damit entsteht also bei vielen Verschraubungen (oder Vernagelungen) ohnehin ein Luftraum zwischen Balken und Diele."

Gemeint war, dass bei solchen Aussparungen ohnehin ein kleiner Teil der Schraube (oder des Nagels) in der Luft hängt..
Ist vielleicht immer noch nicht klar ausgedrückt. Im Zweifel also Frage 2 einfach ignorieren ;-)

Danke
Melanie G
 
Holzbalkendecken

Hallo Melanie,
das mit der Scheibenwirkung bei Holzbalkendecken stimmt so nicht.
Gerechnet werden bzw. wurden sie nicht als Scheibe, da eine Dielung statisch nicht als aussteifendes Element (Platte) gilt. Das funktioniert nur mit Plattenwerkstoffen (OSB, Sperrholz...)
In der Praxis ist so eine Wirkung bis zu einem gewissen Grad natürlich vorhanden. Die Aussteifung im Dachgeschoss übernimmt normalerweise das Dachtragwerk.
Das mit dem Unterfüttern war keine gute Idee, aber nicht wegen der Aussteifung. Falls eine Nutzung als Wohraum erfolgen soll wird die Dielung knarzen und sich verformen.
 
Keine Scheibenwirkung?

Hallo Herr Böttcher,

vielen Dank für Ihre Antwort.

Aber jetzt bin ich etwas verwirrt.

Die Scheibenwirkung von Dielenböden wurde hier ja bereits häufig diskutiert und festgestellt, siehe u.a.

http://www.fachwerk.de/fachwerkhaus/wissen/balken-dielen-18542.html

Häufig wird auf diesen Artikel verwiesen:


http://www.bauingenieur24.de/fachbe...alkendecken-im-mauerwerksbau-teil-1-4/233.htm
http://www.bauingenieur24.de/fachbe...alkendecken-im-mauerwerksbau-teil-2-4/234.htm
http://www.bauingenieur24.de/fachbe...alkendecken-im-mauerwerksbau-teil-3-4/235.htm
http://www.bauingenieur24.de/fachbe...alkendecken-im-mauerwerksbau-teil-4-4/236.htm

Zu der Unterfütterung:
Wieso ist hier mit einer Verformung der Dielen zu rechnen? Sie meinen aufgrund des relativ weichen Materials? Ich habe die Dielen beim Verschrauben stark angedrückt, so dass das Material hoffentlich nicht mehr nachgibt....

Hätten Sie einen Tipp was zum Unterfüttern besser geeignet ist? Kork oder Holzstreifen?

Danke nochmals

Melanie G
 
Scheibenwirkung

Da steht genau das drin als was ich ihnen in meinem Beitrag geschrieben habe. Lesen und verstehen müssen Sie schon selber.
Wenn Sie mir nicht glauben was das knarzen betrifft: you consider the blancmange by eating.
 
OK.....Herr Böttcher....

....verstanden habe ich es jetzt.

Die Dielung hat also die Kriterien einer "aussteifenden Holzbalkendecke" erfüllt, nicht jedoch die einer Scheibe.

Bleibt für mich Frage Nr. 1 (s.o.) bestehen:

Kann ich durch ein nachträgliches Verschrauben der Dielenbretter von oben (zusätzlich zur verdeckten Schraubung durch die Feder) die aussteifende Wirkung erhöhen, obwohl ich zwischen Dielen und Balken noch ca. 1,5 cm Unterfütterung aus Holzfaserplatten habe? Oder ist das völlig wirkungslos?

Zu dem Knarzen: Das glaube ich Ihnen natürlich. Daher die Frage: Hätten Sie einen Tipp was zum Unterfüttern besser geeignet ist (z.B. Kork oder Massivholz?)?

Danke!

Melanie G
 
Deckenscheibe

Nein.
Nicht die Dielung ist aussteifend im Sinne einer Scheibe sondern die Verankerungen der Holzbalken an den Außenwänden in beiden Achsen.
Die Dielung verteilt nur die Verkehrslast des Feldes zwischen jeweils zwei Balken und nimmt etwas Druck quer zur Balkenlage auf.
Die unterseitige Sparschalung verteilt Verkehrs- und Eigenlasten über mehrere Balken, sie ist so etwas wie eine Unterspannung aber quer zur Balkenlage. Zug- und Druckkräfte werden in der Längsachse nur von den Balken übernommen, die Bretter bzw. Dielen verteilen nur Einzellasten!
 
Danke...

... dann werde ich mir das mit dem Verschrauben schenken!

Was ist denn eine unterseitige "Sparschalung".

In der Decke waren viele Schwartenbretter. Auf den Schwartenbrettern lag eine Schlackeschüttung.

Unterseite war die Decke waren verputzte Schilfmatten.
Die Schlacke habe ich rausgenommen und durch leichtere Hanfdämmmatten ersetzt. Die Schwartenbretter habe ich dringelassen.

Den verputzten Schilf habe ich weggenommen und durch eine Abhängig mit Rigipsplatten ersetzt....


Grüße
Melanie G
 
Decke

Hallo Melanie,
die verputzten Schilfmatten sind üblicherweise bei einer klassischen Einschubdecke an einer Bretter- bzw. Lattenlage befestigt. Diese Bretterlage ist die unterseitige Sparschalung, quer auf die Balkenunterseite genagelt.
Die Einschubbretter tragen nur die Füllung der Decke. Wenn die direkt auf der Sparschalung liegen würde werden die Nägel auf Zug belastet und können sich langsam herausziehen, außerdem würde jedes Loch was in die Decke gebohrt wird dazu führen die Füllung herausrieselt.
Die Füllung hat 4 wichtige Funktionen:
1. Brandschutz
2. Schallschutz
3. (in Grenzen) Wärmeschutz
4. Masse.
Masse einbringen bedeutet die Decke vorzuspannen weil sonst jede kleine Verkehrslast die Decke zum Schwingen bringen würde: Wenn jemand aufsteht und zur Tür geht wackelt unten der Kronleuchter und oben klirren die Gläser im Schrank.
Die verputzte Unterseite ist luft- bzw. winddicht; wenn die GK- Unterhangdecke diese Kriterien nicht erfüllt gelangt warme, feuchte Innenluft in den Deckenaufbau und kann dort kondensieren wenn oben ein unbeheizter Dachboden ist.

Eine Einschubdecke ist das Ergebnis einer langen Optimierung; jedes Bauteil, jedes Material hat seine Funktion.
 
Deckenscheibe

Guten Morgen Melanie, hallo Herr Böttcher,
Ich möchte zu diesem Thema ein paar Anmerkungen machen.
Herr Böttcher hat Recht, wenn er sagt, dass nach der heute geltenden Holzbau DIN für die Aussteifung von Gebäuden und damit die Scheibenwirkung von Holzbalkendecken über Holzwerkstoffplatten zu regeln ist. Dies führt zu 2 Feststellungen.
1. Die Aussteifung über Deckenscheiben ist erforderlich! (nicht immer in einer Kehlbalkenlage, dies müsste im Einzelfalle überprüft werden.)
2. In der heute geltenden Holzbau-DIN wird die Aussteifung über Beplankungen mit Dielen nicht mehr behandelt. Es gibt aber keine Aussage darüber, dass eine solche Konstruktion nicht mehr erlaubt ist. So wurden meine Nachfragen jedenfalls in entsprechenden Veranstaltungen beantwortet.

Darüber hinaus befinden wir uns hier im Altbaubereich. Dort sollten alte DIN- Normen und alte Konstruktionsweisen auch weiter Bestand haben.

Drei Quellen möchte ich stellvertretend für viele andere hier nennen.
1. Für den Mauerwerksbau: EGH-Bericht Informationsdienst Holz: Aussteifende Holzbalkendecken im Mauerwerksbau.
2. Für den Holzrahmenbau: Holzrahmenbau vom Bund deutscher Zimmermeister, mit Bemessungstabellen und Ausführungshinweisen
3. Fachwerkgebäude: Fachwerkinstandsetzung nach WTA VIII: Tragverhalten von Fachwerkgebäuden. Zitat: Die Geschossdecken ... haben eine große Bedeutung für die Gesamtstandsicherheit des Gebäudes ... Die Scheibenwirkung der Decken kann in folgenden Varianten erfolgen: 1. Dielenbretter, direkt auf den Balken, kraftschlüssig mit den Balken verbunden...

Natürlich ist es so, dass die Scheibenwirkung bei Plattenware eine größere ist.
Eine Holzfaserplatte zwischen Dielung und Balkenlage macht die statische Funktion von Dielenbelägen unwirksam und entspricht nicht den an mehreren Stellen empfohlenen Konstruktionen.
Die Verschraubung oder Nagelung darf nicht in den unterseitigen Ausfräsungen der Dielenbretter erfolgen, sondern an den Stellen an denen das volle Holz vorhanden ist.
 
Lieber Herr Böttcher, lieber Herr Heim,

....vielen Dank für Ihre Ausführungen!

Das hat mir geholfen.
Auch wenn ich da noch eine kleine Differenz sehe hinsichtlich Ihrer Aussagen, dass mittels Dielen eine Scheibenwirkung erzielbar ist oder halt nicht.

Plattenware kam für mich aus Prinzip nicht in Frage.

Für mich bedeutet das in Summe:
Ich gehe auf Nummer "Sicher" und werde die Dielen wieder aufnehmen und jede Diele 2x von oben durchschrauben.

Dennoch bleibt für mich eine einzige Frage bestehen: Die der Unterfütterung zum Höhenausgleich.

Mein (hoffentlich) gesunder Menschenverstand sagt mir, dass ich dann mit 0,5-1 cm dicken Holzplättchen unterfüttere.

1) Damit hätte ich Formstablilität (Thema "Knarzen") und

2) gleichzeitig sollte die statische Funktion weiterhin gegeben sein (OK, Herr Heim?).

Danke nochmals!

Melanie G.
 
Scheibenwirkung

Liebe Melanie,
SIE BRAUCHEN KEINE SCHEIBENWIRKUNG!
Ich dachte das sollte jetzt klar sein, oder wollen Sie einen rechnerischen Tragfähigkeitsnachweis für Ihre alte Decke führen?
Achten Sie lieber darauf das die Balkenlage ordentlich mit den Wänden verankert ist, DAS zählt und nicht ob Sie ein oder zwei Schrauben reindrehen (was aber nicht verkehrt ist).
 
Ufff...

...dann gebe ich jetzt auf.

Zwei Experten, zwei gegensätzliche Meinungen.

Das begegnet mir leider ständig....ändert aber nichts an meinen Dank, dass Sie sich mit dem Thema beschäftigt haben.

LG
Melanie
 
Stopp

an der Stelle mal wirklich STOPP. Georg, egal ob rechnerich wirksam oder intuitiv in anno dunnemals seinerzeit einfach so gemacht, die Scheibenwirkung der bisheriden Decke lässt sich nicht wegreden, entsprechender Anschluss sei gegeben... ob sie nun "rechnerisch notwendig" ist, ist wiederum ein anderes Thema.

MfG,
Sebastian Hausleithner
 
Jenseits der Scheibenwirkung...

sei nochmal betont, daß weiche Materialien aller Art zum Höhenausgleich unter Dielung nie geeignet sind. Der Boden wird auf kurz oder lang knarren, und das ist auch nicht grundhaft durch zusätzliches Verschrauben von oben zu beseitigen.

Es wäre besser gewesen, die Frage vor dem Bauen zu stellen.

Grüße

Thomas
 
Herr Böhme...

....kein Mensch hat hier behauptet, dass das Knarzen durch Verschrauben von oben zu vermeiden ist. Um bei Ihrer Formulierung zu bleiben: Es wäre besser gewesen die Diskussion vor dem Schreiben zu lesen.

Aber zur Sache: Ihre Aussage würde ja bedeuten, dass ich Dielen auch grundsätzlich nicht direkt auf den holzbalken verschrauben kann, ohne dass ein Knarzen zu erwarten ist.

Ein gut mit Holz aufgefütterter Balken ist ja wie ein massiver Holzbalken zu sehen....
 
Bevor Sie...

hier weiter Maulschellen austeilen, an jemanden, der sich mit Ihrer verfehlten Bastelei gratis auseinandersetzt: Ich gehe selbstredend vom IST - Zustand aus, also von Holzweichfaserplattenschnipselchen unter den Dielen. Und ebendeswegen ist Ihre Schlußfolgerung ("Aber zur Sache: Ihre Aussage würde ja bedeuten, dass ich Dielen auch grundsätzlich nicht direkt auf den holzbalken verschrauben kann, ohne dass ein Knarzen zu erwarten ist.") haltlos.

In dieser Situation bringt nur das zusätzliche Verschrauben von oben keinerlei Vorteile, weder schreibentechnisch, noch akkustisch.

Nirgendwo habe ich geschrieben, daß mit Holz kein korrekter Ausgleich zu machen wäre.

Weiterhin große Erfolge wünscht

Thomas
 
Scheibenwirkung

Liebe Melanie,
ich weiß nicht warum sich dieser Begriff "statische Scheibe" so in Ihr Gehirn eingebrannt hat.
Wenn Sie alle Beiträge richtig lesen würden werden Sie feststellen das:
1. Ich die in Grenzen vorhandene Scheibenwirkung von Holzdielung nie bestritten habe.
2. Es deshalb keine gegensätzliche Expertenmeinung gibt, diesen Gegensatz sehen nur Sie.
3. Das bei Bestandsdecken ein Nachweis bzw. die Annahme einer Scheibenwirkung nicht gefordert wird (Bestandsschutz) und damit nicht erforderlich ist.
4. Auch darüber gibt es keine "gegensätzliche Expertenmeinung".
Es bringt Ihnen nichts wenn Sie meine Beiträge versuchen so zu interpretieren das Sie in Ihr Weltbid von der Scheibe passen.
 
Herr Böhme,

ich muss mich bei Ihnen entschuldigen.

Ich habe schlichtweg das Wort "weiche" in Ihren Ausführungen überlesen. Daher die Konfusion.
 
Zu Punkt 3 Bestandsschutz

Bestandschutz gibt es immer nur für einen vorhandenen Bestand!
Werden die Bretter ausgebaut, gibt es keinen Bestand und somit auch keinen Schutz mehr. Streng genommen müsste ein neuer Nachweis erfolgen. Ich kenne durchaus Behörden, die das fordern würden.
Wird keine neue Beurteilung vorgenommen, sollte der alte Zustand (vorausgesetzt der alte Zustand war wirklich alt), oder durch Ausgleichsmaßnahmen eine vergleichbare Situation hergestellt werden.
 
Thema: Die Sache mit der statischen Scheibe (bei Dielenböden)
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