Fragen zu einem Volldenkmal (Baujahr 1898-1904)

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Chewie

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Hallo an die Community,

ich habe einige Fragen und hoffe, dass wir hier, von nicht-amtlicher Seite, ein paar Hints bekommen können - die amtliche Seite war nämlich bisher irgendwas zwischen höflich bemüht-überfordert und schlicht inkompetent.

Zur Situation:
Ehemalige Arztvilla, Bauzeit 1898-1904, mit damals revolutuionären Techniken, die heute ziemlich normal sind. War damals wohl das Modernste, dass in unserer Region stand. Unter Schutz gestellt in den 70er Jahren ohne Begründung. Dann knapp 30 Jahren als Asylantenheim genutzt worden, was dem Gebäude massive Schäden in allen Bereichen beschert hat.

Dann unsaniert wieder der nicht einheimischen Besitzerin übergeben worden, die fast einen Schlag bekommen hat, als sie das Gebäude nach Jahrzehnten nochmal sah.

Gemeinde sieht sich nicht in der Pflicht, Hauseigentümerin wollte das Gebäude nur noch schnell loswerden - wir suchten eine solche Immobilie, da waren wir uns schnell einig.

Auftritt Denkmalschutz Part I:
Wir kaufen das Haus in der schriftlichen Aussage begründet, dass das Haus ein Fassadendenkmal ist. Fünf Monate nach dem Kauf bekommen wir einen Zweizeiler der Gemeinde, dass bei "Durchsicht der Akten" festgestellt worden sein, dass es sich um ein Volldenkmal handelt. Das ist ja schon ein gewisser Unterschied. Dann haben wir weitere zwei Monate warten müssen, bis wir die Bescheid fürs Finanzamt bekamen. Zur Ehrenrettung des sehr freundlichen Beamten muss gesagt werden: Er ist alleine in einer 20.000 Einwohner Gemeinde und übernimmt gleichzeitig noch das Bauamt und Teile des Ordnungsamts.

Aber da er eigentlich "nur nebenbei den Denkmalschutz macht" wird in nahezu allen Belangen Münster als übergeordnete Behörde befragt, die aufgrund von vier (!) Wechseln des Ansprechpartners innerhalb von 2 1/2 Jahren nahezu nichts machen. Wir warten jetzt seit 2 1/2 Jahren auf eine Genehmigung zum Bauen und wohnen solange in einer Ruine. Auf unsere Fragen heißt es immer "Ja, da ist ein neuer Ansprechpartner und der muss sich erst einarbeiten und er hat noch soviele andere Denkmäler erst".

Wir haben drei kleine Kinder unter drei Jahren in einer Denkmalruine mit rissiger Fassade und undichten Wänden, würden gern sanieren und dürfen nicht, weil uns ein Baustop aus Münster verpasst wurde infolge nicht vorhandener Genehmigung.

Ich habe aus der nahe gelegenen Großstadt erfahren, dass es auch anders geht, aber die sind nun mal nicht für unsere kleine ländliche Gemeinde zuständig.

Wir würden jetzt gern zumindest die Böden machen und die ärgsten Fassadenlöcher schließen, mussten uns aber wieder anhören, dass wir "ohne Genehmigung aus Münster" überhaupt nicht machen dürften im Haus selber.

Jetzt wechselt der Ansprechpartner in Münster schon wieder ... Zum August soll der/die vierte Neue seit Dezember 2009 kommen.

Können wir uns da irgendwie gegen wehren? Wir wollen sanieren, gern auch mit Auflagen, aber wir kommen nicht einmal zu weit. Die von der unteren Denkmalschutzbehörde benannte Architektin haben wir beauftragt - deren Pläne und Liste liegen jetzt seit Monaten vor, ohne irgendeine Reaktion.

Müssen wir den Baustop und die Auflagen beachten, wenn wir gar keine Förderung wollen? Oder anders rum: Wenn wir auf die Förderung pfeifen würden, können wir dann endlich anfangen zu sanieren?

Müssen wir gesundheitliche und finanzielle Einschränkungen in Kauf nehmen, nur weil wir in einem Volldenkmal wohnen?

Wer bestimmt, was ein Volldenkmal, was ein Fassadendenkmal, was überhaupt ein Denkmal ist? Die Akte bei der unteren Denkmalschutzbehörde war nämlich leer außer einem Zettel "Irgendwann in den 70ern auf die Denkmalliste gesetzt.". Ich frage mich bis heute, wie sie aus den zwei Zeilen entnehmen, WAS für ein Denkmal unser Haus ist.

Was sind schriftliche und mündliche Abmachungen mit der oberen Denkmalschutzbehörde in Münster wert? Uns wurde gesagt, da die entsprechende Sachbearbeiterin gewechselt habe und es danach drei Nahcfolger(innen) gab, müssten wir mit jeweils diesen Nachfolger(innen) alles neu verhandeln. So wurden die eigentlich genehmigten Fensterrestaurierungen plötzlich wieder verboten und der Balkonanbau, obwohl wir dies durch zweu Ortsbegehungen unter Zeugen und schriftlich von der ersten Ansprechparterin erlaubt bekommen hatten, weil von der Straße uneinsehbar. Uns wurde sogar gedroht, dass die bereits erfolgten Fenstereinbauten rückgängig gemacht werden müssten, da die die neue Ansprechpartnerin damit nicht mehr einverstanden sei. Zum Glück wurde die nach zwei Wochen dann wieder durch jemanden neuen ersetzt, der aber wiederum nur vier Monate dort war und dann wieder ersetzt wurde, der jetzt wieder durch jemanden Neuen ersetzt wird ...

Ist das normal?

Lieben Gruß

*etwas demoralisiert*
Sven aka Chewie
 
Oh je

Da habe ich es dann ja noch ganz gut getroffen.
Hier ist meine Geschichte: http://community.fachwerk.de/index.cfm/ly/1/0/forum/a/listForumMitgliedFragen/11188$.cfm

Würde mir aber so etwas wiederfahren, dann würde ich wohl folgendermassen vorgehen:

- Alles genau dokumentieren (Schritflich, Fotos, Videos)

- Die notwendigen Arbeiten zu Papier bringen

- Das der oberen und unteren Denkmalschutzbehörde mitteilen und dazu erklären, dass ohne Reaktion 14 Tage später ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim zuständigen Verwaltungsgericht auf Aufhebung des Baustops gestellt wird, da die Bausubstanz nicht erhalten und die Pflicht zur Erhaltung eines Denkmals aufgrund des Baustops nicht erfüllt werden kann. Für jeden Tag der Zuwiderhandlung wird beantragt, ein Ordnungsgeld i.H.v. 250.000,-€ festzusetzen

- Wenn ein wohnen tatsächlich nicht möglich ist und Gesundheitsschäden zu befürchten sind, könnte man noch einen Anwalt aufsuchen und Klage auf Schadenersatz prüfen lassen. Der Schadenersatz könnte sich erstrecken auf Anmietung einer bewohnbaren Immobilie als auch Schaden aufgrund von Verfall der Bausubstanz, sowie 2 Umzüge und alle zusätzlichen Nebenkosten. Schadenersatzklagen sind aber immer kritisch und der Anwalt muss sich damit auskennen.
Solch eine Schadenersatzforderung habe ich bei meinem DS mal mündlich fallen lassen, nachdem eine Drohung auf Baustop kam, diese mit 500€ täglich beziffert und mit recht kreativen Argumenten untermauert.

Ansonsten gibt es immer mal wieder die Idee, einen Abrissantrag zu stellen.
Damit würde man aber dokumentieren, dass einem am Erhalt des Gebäudes nichts liegt.
Das sehe ich also auch etwas kritisch.

Aber ein Baustop kommt doch nicht von irgendwoher.
Habt Ihr wirklich einen Baustop (also so einen roten Zettel am Haus wo was von ganz viel Geld Strafe drauf steht, wenn der Zettel entfernt wird) oder hat das nur jemand gesagt?

Ich habe zwischenzeitlich an einem Tiefpunkt den Entschluss gefasst, ich arbeite durch bis zum Baustop, habe dabei aber vorher meine geplanten Arbeiten angekündigt.
Bisher habe ich noch keinen Zettel am Haus.
Zumindest bis gestern nicht.
 
Bescheid verlangen

Hallo,

Deutsche Ämter haben die Pflicht in angemessener Zeit zu reagieren. Meist sind dies 3 Monate. Interne Probleme wie Mitarbeiterwechsel etc. spielen keine rolle, da Sie als Bauherr ja nicht dafür verantwortlich gemacht werden können.

Ganz wichtig: Setzen Sie schriftlich eine angemessene Frist zur Reaktion, zum Beispiel 3 Wochen. Und verlangen Sie einen "rechtsmittelfähigen Bescheid". Meist reicht die Anfrage dafür schon aus, da der Gruppenleiter im Amt wirklich keine Lust hat ein Gerichtsverfahren zu führen das das Amt auf jeden Fall verlieren würde.

Danach sollte Ihre Akte relativ weit oben auf dem Stapel liegen und zügig bearbeitet werden.

Gruß
Christoph
 
Denkmal

Hallo,

ich geh mal davon aus, dass der Antrag Ihrer Architektin entscheidungsreif ist und schon lange war. Ab dem 90. Tag muss es dann einen Bescheid geben. Ich würde jetzt ohne weiteres zum Anwalt gehen.
Sollte tatsächlich Ihr Antrag nicht bearbeitet worden sein (abgelehnt ist was anderes), hätten Sie einen Anspruch auf Schadensersatz.

Grüße
 
Thema: Fragen zu einem Volldenkmal (Baujahr 1898-1904)
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