Dielenboden deckend mit Ochsenblut lackieren

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Tina1

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Hallo,
entgegen scheinbar aller hier eingestellten Anfragen wollen wir unseren mit "Ochsenblut" lackierten alten Dielenboden erneut in dieser Farbe deckend lackieren. Leider finden wir nirgendwo Hinweise darauf, aus welchen Inhaltsstoffen dieser Lack eigentlich zusammengesetzt ist und ob man sowas wohl selbst herstellen kann. Malerbedarf etc. konnten uns nur die Verwendung von eingefärbten PU-Lacken vorschlagen, was aber nicht so ganz unsrern Vorstellungen entspricht. Hat jemand einen Tip, was zu tun ist und vor allem, wie die vorhandene Lackschicht vorbereitet werden muss. Ich hoffe Wchsschicht abschrubben und anschleifen reicht aus.
Vielen Dank
Tina
 
Der Anschliff...

...reicht dann nicht aus, wenn zwischen den Farbschichten auch Wachs (Bohnerwachs) ist. Dann ist die Haftung nicht immer gegeben. Wachs ist nahezu immer mit an Bord.

Bei einem oberflächlichen Anschliff wird das Wachs nur breitgeschmiert. Die gründliche Variante wäre: Abbrennen bzw. Ablaugen, Anschleifen. Dann eine Standölfarbe von Kreidezeit mehrfach dünn auftragen (und zukünftig auf wachshaltige Pflegemittel verzichten).

Von historischen Rezepten würde ich absehen, das wird eine Exprimentiererei mit ungewissem Ausgang, die Haltbarkeit wird jedenfalls geringer sein.

Grüße

Thomas
 
Hallo,

die Angaben bei Wikipedia hatte ich auch schon entdeckt, war mir aber unsicher, ob das/die dort angegebenen "Rezepte" eine realistische Heransgehensweise an das Thema sein kann. Der Hinweis mit dem Standöl klingt ganz interessant, nachdem ich aber nun bei Kreidezeit nachgeschaut habe, konnte ich keinen Hinweis finden, dass diese Art des Anstrichs auch für Fussböden geeignet ist. Wie sieht es denn mit der Abriebfestigkeit, Dauerhaftigkeit etc. von Standölanstrichen aus? Außerdem hatte ich an anderer Stelle gelesen, dass es unter Umständen sehr lange dauert bis der Anstrich getrocknet ist und nicht mehr klebt.
Hat jemand nähere Infos hierzu?
Womit kann der Boden denn angelaugt werden?
Danke
Tina
 
Lange klebrig?

deshalb die Empfehlung: Mehrfach dünn auftragen, Trockenzeiten einhalten. Dicke Ölanstriche brauchen tatsächlich sehr lange.

Standölfarben verspröden nicht, sie sind also immer überstreichbar. Freilich sind sie weicher als Kunstharzfarben. Vielleich ein kleineres Zimmer zur Testfläche erklären?

Ablaugen: Im Handel gibt es zahlreiche fertige Ablauger. Zuerst die auf Wasserbasis versuchen, lösemittelhaltige sollten bei solch großen Flächen nur bedingt genutzt werden.

Die preiswerte "Hardcore" - Variante wäre eine Paste aus Natriumhydroxid, Kreide als Füllstoff, und Wasser. Mischungsverhältnis durch Versuche ermitteln, ich würde von 20 Masseprozenten Natriumhydroxid ausgehen.

Wichtig: Natriumhydroxid in das Wasser geben, nie umgedreht. Handschuhe, Schutzbrille, alte Sachen.

Viel Aufwand! Nicht ganz einfach, aber möglich wäre auch das saubere Schleifen des Bodens, und der Einsatz von pigmentierten Ölen. Damit bekommt Ihr Eueren roten Farbton, und das Holz bleibt sichtbar. Dazu hätte ich auch noch ein paar Tips in der Kiste.

Grüße

Thomas
 
Blut ist dicker als Farbe

sagt ein Sprichwort :))

Zum Ochsenblut schrieb Herr Hüttman in „Neuer Schauplatz der Künste und Handwerke“ im Jahre 1842.

Acht Pfund unverdichteter pulverisierter und durch ein Sieb geschlagener Kalk (Staubkalk) und zwei Pfund pulverisierte Farbe, die dem Kalk die gewünschte Färbung gibt, werden mit sechs bis sieben Berliner Quart Blutwasser (Serum) angemacht. Das Serum erhält man, indem man das Blut der geschlachteten Tiere in ganz sauberen Behältern auffängt und diese für vier bis fünf Stunden an einen kühlen Ort stellt. Danach hat sich das farblose Serum vom Blutkuchen getrennt und kann vorsichtig abgegossen werden. Man kann das Verhältnis des Kalks vermehren; aber das Gewicht der pulverisierten Farbe darf nicht mehr als ein Viertel des Kalkgewichtes betragen. Das Pulverisieren des Kalks kann entfallen, wenn man den Kalk mit so wenig Wasser als möglich frisch löscht und durch ein Sieb schlägt. 
Die Dauerhaftigkeit einer angesetzten Mischung wird durch das Serum bestimmt. Angemachte Farbe muß am selben Tag verarbeitet werden. 
Da die Mischung aus Kalk und Serum während des Anstreichens oft eine zu dicke Konsistenz erhält, muß stets Serum zur Verdünnung vorhanden sein. 
Nach ein bis drei Anstrichen und nachfolgender Trocknung kann die Farbe weder durch Reibung noch durch Abwaschen mit Wasser entfernt werden. 
Diese Anstrichart erfordert die größte Reinheit bei allen Teilen. Pinsel und Gefäße müssen jeden Tag gereinigt werden.

Gruß aus Wiesbaden,

Christoph Kornmayer
 
Hier ist denn auch sehr schön herausgestellt,

das die "Ochsenblutfarbe" ihren Farbton gar nicht vom Ochsenblut bekommt, sondern das Serum nur als Bindemittel wirkt.

Trotz meiner umfangreichen Rezeptbuchsammlung, diese Quelle kannte ich noch nicht. Gibts das als Reprint?

Grüße

Thomas
 
Hallo Herr Böhme,

„ Schauplatz der Künste und Handwerke“ erschien 1762-1808, „ Neuer Schauplatz der Künste und Handwerke“ als Fortsetzung zwischen 1817 bis 1905. Das waren so etwa 180 Bände. Reprints gibt es Auszugsweise so weit ich weiß, am bekanntesten sind allerdings die Bilder zu den verschiedenen Berufen.

Gruß aus Wiesbaden,

Christoph Kornmayer
 
Hallo,

vielen Dank für die ausführlichen Infos.
Herr Kornmayer: Haben Sie einen solchen Ochsenblutanstrich schon einmal selber ausprobiert? Wissen Sie, ob man als Kalk Wiesskalkhydrat benutzen kann oder ob es ungelöschter Kalk sein muss(der wäre ja etwas schwieriger zu handhaben).Haben Sie Erfahrungen mit welchen Pigmenten man am Besten einfärben sollte, wenn man den alten roten Frabton erhalten will? Oftmals ist ja die Rede von Eisenoxid, mir ist aber nicht klar, ob sich das in der Realität eignet und wo man das kaufen kann.
Ich gehe davon aus, dass die Vorbereitung des Untergrundes trotzdem wie von Herrn Böhme beschrieben erfolgen sollte.
Gäbe es eigentlich auch ein anderes Bindemittel als das "Serum", dass sich zur Verwendung eignet. Serum besteht ja schließlich zum größten Teil aus Wasser und etwa 7% Protein zzgl. einiger Nährstoffe, Hormone etc.
Gruß
Tina
 
Grundlage Hämatit

Meines Wissens nach wird der eisenhaltige Farbton als unreines Eisenoxid durch Erhitzen von Vitriol gewonnen.
Ob noch Vitriolbergwerke aktiv arbeiten weiß ich nicht zu sagen. Hier im Raum gibt es noch ein Schriesheimer Bergwerk (Grube Anna bei Heidelberg), das ist aber stillgelegt.
Ich selbst habe das noch nie gemacht, habe aber mal bei einem Kollegen zugeschaut, damals waren aber – soweit ich weiß – synthetische Farbstoffe mit im Spiel. Auch wurde damals kein Fußboden damit behandelt sondern Ständerwerk.
Das Serum ersetzen? Vielleicht sind es gerade die Hormone :))) Ohne Scherz: wenn ich das Serum weglasse und das Vitrol durch synthetische Farbstoffe ersetze => ist das halt auch kein "Ochsenblut" mehr.

Aber schauen Sie doch mal hier:

http://www.kremer-pigmente.com/ochsenblutr.htm

Gruß aus Wiesbaden,

Christoph Kornmayer
 
ochsenblut

hallo tina, kann herrn kornmayer nur recht geben: rufen sie bei kremer pigmente an und sprechen sie mit dem farbtechniker, herrn alexander fetzer. habe sichtfachwerk außen mit "ochsenblut" gestrichen auf leinölbasis, fünfmaliger anstrich in verschiedenen mischungsverhältnissen, farbgebendes pigment in diesem fall "venetianisch rot" (gibt aber mehrere möglichkeiten, auf den gewünschten farbton zu kommen, auch andere pigmente!),letzter anstrich mit standöl.die trocknungszeiten sind allerdings, wenn man auf sikkativ verzichtet, extrem lang. bin aber sehr zufrieden mit diesem anstrich, immerhin außen und nach einigen wintern. bei kremer gibt`s auch ein rezept für original-ochsenblut-anstrich, serum ist bindemittel, wie in den anderen beiträgen auch schon beschrieben, zu erhalten beim metzger - mit voranmeldung...recht exotisch heut, aber sicher auch interessant. grüße und: nur mut !
 
Hallo Zusammen,

vielen Dank nochmal für die zahlreichen Anmerkungen und Anregungen. Ich habe schonmal auf der Seite der Firma Kremer nachgeschaut und werde mich in Kürze mit dem benannten Ansprechpartner in Verbindung setzen. Es kommt langsam Licht ins Dunkel.
Ich melde mich sobald der erste Test durchgeführt wird. Bis dahin habe ich aber natürlich noch offene Ohren für weitere Ideen und Erfahrungen.

Schönen Abend allerseits
Tina
 
Im Prinzip...

...entsteht da eine dem Kasein verwandte Farbe. Aus heutiger Sicht ist das ein für Fußböden nicht sonderlich geeigneter Anstrich, der zwingend mit viel Wachs überpflegt werden sollte und zunächst nicht so glatt wird, wie's einem Fußboden anstünde - der Unterhalt ist auch nicht ohne Aufwand. Wie manche Lösung mehr dem schmalen Geldbeutel statt der Suche nach dem Optimum geschuldet.

Andere Bindemittel? Wasserlösliche scheiden aus. Öl hatten wir schon, man kann sich ein farbloses Fußbodenöl auch selbst pigmentieren, oder aber auf Pigmentmischungen zurückgreifen. Natural hat einen "Ochsenblutfarbton" im Standardprogramm. Wichtig immer für Pigmente in Öl: sie müssen sehr fein vermahlen sein.

Aber eigentlich geht die Diskussion bisher in die falsche Richtung. Die Chance steht 20:1 oder noch besser, daß Ihr da kein "Ochsenblut" aus obigen Bestandteilen auf dem Boden habt. Ab 1930 ist zunehmend eine Kunstharzfarbe (Alkydharz)zur Anwendung gekommen, und vorher? Spirituslösliche Bindemittel, wie Schellack und Kolophonium. Diese wiederrum sind nur bedingt wasserfest und sollten ebenfalls mit Wachs überpflegt werden.

Soweit der Fußboden nicht auch ein Stück weit als Hobby betrachtet wird, sind Hartöle, Öllasuren und -lacke die dauerhaftere und pflegeleichtere Variante.

DEN Ochsenblutfarbton gibt es natürlich nicht. Früher nahm man dafür her, was regional verfügbar und rotbraun war. Die Eisenpigmente verschiedener Herkünfte chargieren recht stark.

Grüße

Thomas
 
Das musste jetzt noch sein ... :))

"Der menschliche Körper enthält sechs Liter Blut: genug, um eine große Wohnung anzustreichen." - Robert Harris (englischer Journalist und Autor), Vaterland
 
Hallo Herr Böhme,

zum Hobby sollte der Boden sicher nicht werden (ich habe noch genug anderes zu tun)! Welchen Anstrich wir tatsächlich im Haus haben, werde ich aber auf Ihren Hinweis hin versuchen rauszufinden. Da das Haus so ca. im Jahr 1880 erbaut wurde könnte es sogar sein, dass es sich nicht um Alkydharz handelt. Aber man weiss ja nie, was im Laufe der Jahrzehnte verschlimmbessert wird. Allerdings hatte der Vorbesitzer ein Faible für PVC o. Linoleum oder Was-Weiss-Ich-Belege, die vom Muster auf ein Herstellungsdatum um 1930-40 schließen lassen. Die Variante eingefärbten Öllack zu verwenden ist mir allerdings auch nicht so unsympathisch.
Was sind denn Hartöle? Kann man diese auch einfärben? Muss man den Boden denn komplett abschleifen um die Öl- oder Öllack-Variante umzusetzen oder reicht (natürlich nach Entfernen einer vermeindlichen Wachsschicht) anschleifen und überlackieren?
Danke schonmal vorab
...Und Herr Kornmayer... das ist zwar ein gutes Buch, aber so weit wollte ich dann doch nicht gehen!
Gruß
Tina
 
Für den (pigmentierten) Ölauftrag...

...muß das Holz ebenfalls sauber geschliffen werden. Denkbar wäre z. B. die Verwendung eines pigmentierten Terrassenöles von Natural und das überpflegen mit einem farblosen Parkettöl.

Da dieser Auftrag lasierend ist, müssen die alten Lackschichten runter. Für einen pigmentierten Ölauftrag müssen die Boden gleichmäßig uns riefenfrei bis 120er, besser 150er Gitterschliff geschlifften werden.

Grüße

Thomas
 
Tja,

das hört sich eigentlich nicht nach dem ursprünglichen Plan an. Wir wollen nämlich keinen lasierenden sondern einen deckenden Anstrich - unglaublich aber war! Müssen wir etwa tatsächlich auf Kunstharzlack zurückgreifen?

Danke trotzdem

Das Problem ist wohl doch nicht so einfach in den Griff zu kriegen.

Jetzt müssen wir mal schauen, was wir aus den ganzen Infos machen. Deckender Lack scheint jedenfalls alles andere als Gang und Gäbe zu sein! Vielleicht sollten wir tatsächlich mal das historische "Ochsenblut"-Rezept in einer kleinen Kemenate ausprobieren. Obwohl ich inzwischen, nach den ganzen Anmerkungen skeptisch geworden bin!

Gruß
Tina
 
Hallo Tina,

ich bin kein Fachmann, habe aber ein ähnliches Problem und deshalb diese Unterhaltung interessiert verfolgt. Zum Reinigen der Fläche kann ich allerdings nur zum Abbrennen mit der Pistole raten, alles andere macht einen nur fertig und kostet zu viel Zeit.

Viele Grüße

Bärbel
 
Dielenboden restaurieren

Hallo,
habe alles mit großem Interesse gelesen. Auch ich habe ein altes Haus mit mehreren Räumen voll alter freigelegter Holzdielenböden.
Ich habe bisher die alten Farbschichten abgebrannt wie der Teufel.
Das schlimme ist nicht nur das stundenlange Knien und das einatmen, sondern die Farbe wird, wenn sie heiß wird schmierig und der Erfolg ist nicht nur da bei einmaligem Anstrich.
Bei mir sind es auch blau, grün und dann rot übereinander.
Genau wie bei den Türrahmen. Oft denke ich, ich lasse alles so wie es ist.:))

Herzlich
Gabriele aus Wiesbaden
 
Thema: Dielenboden deckend mit Ochsenblut lackieren
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