Stehen auch Balkone an Rückseiten unter Denkmalschutz?

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Frau G.

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Wir wohnen in einem Mehrfamilienhaus in Hamburg von 1908. Alles Eigentumswohnungen inzwischen.

Die vordere Fassade (Stuck etc pp) steht inklusive der Balkone klar unter Denkmalschutz. Da wurde wohl vor Jahren saniert und renoviert und es mussten viele Auflagen eingehalten werden.

Die hintere Fassade ist stuckfrei und schlicht verputzt, auch hier gibt es vier Balkone.

Im August wurde mit Wärmedammungsmassnahmen begonnen (von denen ich nicht begeistert bin, aber das ist eine andere Geschichte!) und im Zuge dessen stellte man fest, dass die Träger der Balkone so verrostet sind, dass es angeblich lebensgefährlich ist sie zu betreten.

Nun stellte uns die Verwaltung zwei Möglichkeiten zur Auswahl das Problem zu lösen:

1. Balkone abreissen, Stahlträger abflexen und (hässliche) Fertigbalkone davor setzen

2. Balkone abreissen, Stahlträger rausziehen, neue Träger einziehen und alles im alten Stil wieder herstellen.

Die meisten Eigentümer sind für diese Stahlungetüme auf Stelzen, weil es ja angeblich total schwierig ist die alten Träger zu ziehen und in den betroffenen Räumen der Holzboden hochgenommen werden müsste. Da klönnten, so die Angst, enorme Folgekosten entstehen.

Wir hingegen sind der Meinung, dass die alten Balkone doch sicher auch unter Denkmalschutz stehen und nicht einfach abgerissen werden dürfen und durch Fertigbalkone ersetzt.

Wisst Ihr vielelicht mehr? Betrifft Denkmalschutz grundsätzlich und immer ein ganzes Haus?

Morgen ist die Eigentümerversammlung und ich brauche unbedingt Urteile und links, sonst haben wir bald Dauergerüste hier herum stehen. *grusel*

Viele Grüsse,

Frau G.
 
Sehr geehrte Frau G.,
ein Baudenkmal ist durchweg als ganzes Gebäude denkmalgeschützt, Einbauschränke, Türen, Treppenanlagen etc. sind eingeschlossen. Einschränkungen sind ansonsten in der Unterschutzstellung vermerkt. Liegt Ihnen diese vor? Vielleicht schauen sie dort einmal nach.
Die Wärmedämmmaßnahmen hätten dann auch mit der Denkmalbehörde abgestimmt werden müssen (Putzoberfläche, Farbgestaltung etc.).
Wen meinen sie eigentlich mit Verwaltung? Bauamt oder Denkmalbehörde?
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Kibies
 
Hallo Herr Kibies,

mit Verwaltung meine ich die Hausverwaltung. Wir sind ja eine Eigentümergemeinschaft und unsere Verwaltung koordiniert gmeinschaftliche Renovierungen, Umbauten , soll Angebote einholen, sich informieren etc pp.

Leider informieren die sich meiner Ansicht nach eben nicht.

Wo finde ich diese Unterschutzstellung? Auf der HP des Denkmalamtes Hamburg ist unser Haus als denkmalgeschützt vermerkt inklusive Terrasse.

http://fhh.hamburg.de/stadt/Aktuell...n/denkmalschutz/da-alle-h,property=source.pdf
(Himmelstrasse 26)

Da frage ich mich generell ob auf eine denkmalgeschützte Terrasse überhaupt diese Stützpfeiler aufgestellt werden dürfen, die so ein Fertigbalkon beinhaltet.
 
Sehr geehrte Frau G.,
lt. Denkmalliste ist das Vorderhaus, dann wohl gesamt, und die Terrasse eingetragen.
Befindet sich die Terrasse auf der Rückseite? Dann wären schließlich Arbeiten, die diesen Bereich berühren, auch erlaubnispflichtig. Insbesondere dann, wenn hier aufgstelzte Balkone montiert werden sollen.
Wo steht denn das Gebäude Himmelstraße 26 a? Dort ist das Hinterhaus eingetragen.
Da ich die Örtlichkeiten nicht kenne, fällt es mir natürlich schwer, dazu Aussagen zu machen.
Wurde Ihnen mit Kauf der Wohnung nicht eine Kopie der Unterschutzstellung ausgehändigt?
Der Hausverwaltung müßte diese aber vorliegen. Auch ich kenne genug Hausverwaltungen, die völlig unwissend sind. Vielleicht suchen Sie vielleicht mal das Gespräch mit der Denkmalbehörde. Allerdings werden Sie dann u.U. „schlafende Hunde“ wecken und der Hausfrieden ist erst einmal nachhaltig gestört. Machen Sie das unbedingt bei der Eigentümerversammlung zum Thema. Haben Sie denn mal einen Fachplaner eingeschaltet?
Es ist immer sehr vage, wenn bestimmte Arbeiten aufgrund von Vermutungen nicht angegangen werden. Der Bestand sollte beurteilt werden, daraus folgt ein verträgliches Instandsetzungskonzept.
Sicherlich entstehen dadurch zusätzliche Kosten, oftmals werden diese aber durch kostengünstigere
Arbeiten aufgefangen.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Kibies
 
Die Verhältnisse sind folgendermassen:

im Vorderhaus wohnen wir, zusammen mit 11 anderen Eigentümern. Das Hinterhaus hat 8 Wohnungen und liegt im "Garten", ein sogenanntes Hinterhofhaus. Beide Häuser sind denkmalgeschützt inklusive ihrer Terrassen.

Die Fassade des Hinterhauses liegt unserer Rückseite gegenüber.

Mein Mann hat nun mit der Denkmalbehörde gesprochen und dort wurde ihm folgendes gesagt: für die Wärmesanierung der Rückseite habe die Verwaltung tatsächlich dort eine Genehmigung eingeholt. Auch die Sanierung der Balkone wurde genehmigt, heisst Sanierung im alten Stil.

Da aber nun die Träger durchrostet sind kann nicht nur saniert werden, es muss auf jeden Fall neu gebaut werden.

Die Dame vom Denkmalamt konnte uns jedoch keine Hoffnung machen, dass dieser Balkon-Neubau im alten Stil und konventionell gestaltet werden muss. Da sich das alles "hinten" befände, würde das mit Sicherheit genehmigt. Das wäre in anderen Fällen hier in Hamburg auch überall so gehandhabt worden. :(

Das letzte Wort dazu hat dann wohl ihr Kollege, der dieses Haus hier betreut, soeben aber leider in einem Termin war.

Keine guten Nachrichten.

Ich verstehe das echt nicht, das alles führt den Denkmalschutz doch ad absurdum. Wie sieht denn das aus, wenn die Fassade Hinterhauses alt erhalten bleibt inklusive der Balkone und die gegenüberliegen Balkone solche Stahlmonster sind?

traurige Grüsse

Frau G.
 
Sehr geehrte Frau G.,
ich kenne aber auch andere Denkmalbehörden.
Ein Freund von ausgeweideten Denkmalen bin ich nicht, allerdings sind historisierende Maßnahmen auch nicht erstrebenswert.
Den Denkmalwert eines Gebäudes sollte man daher immer gesondert beurteilen und hier nicht Pauschallösungen anwenden.
Es spricht ja nichts dagegen, wenn es einen Befund gibt, ein Bauteil dann detailgetreu zu erneuern.
Vielleicht können Sie ja noch etwas auf der Eigentümerversammlung bewirken.
Viel Glück dabei! Vielleicht posten Sie hier nachträglich noch das Ergebnis der Gemeinschaftsentscheidung. Würde mich jetzt interessieren.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Kibies
 
ich

sehe ich das ähnlich wie herr kibies: wenn subtanz irreperabel geschädigt ist, machen potemkinsche dörfer nur im ausnahmefall sinn, bei leitbauten z.b.
bei einem "effen" wohnhaus geht das leben weiter und das sollte auch für kommende generationen sozusagen dokumentiert werden. zwischen stahl-fertigbalkon und historisierendem nachbau existieren ja auch noch ein paar welten und hier kann ich denn auch den zuständigen denkmalschutz nicht verstehen, der eine möglichkeit verschläft, denkmale von morgen - in form gelungener, ästetisch angemessener, ja vielleicht sogar archtektonisch herausragender balkone einzufordern. kommunale planungsämter, die ja an ihrer balkonalage auch irgendwie beteiligt sein sollten, beschäftigen doch architekten, die in der lage sein sollten, in zusammenarbeit mit ddem denkmalschutz wenigstens mal paar freihandideen zu skizzieren? so wird das jedenfalls bei uns gehabt und manche ergebnisse kann man durchaus als gelungen bezeichen und von nachhaltiger schönheit.
 
Altan

Guten Tag, es gibt irgendein Verwaltungsgerichtsurteil (NRW), dass ein Balkon auf Stelzen ein "Altan" und kein Balkon sei. Deshalb sei er auch nicht privilegiert und löst Abstandsfläche usw. aus. Ich weis aber nicht was in der Hamburger Bauordnung dazu steht bzw. was die Hamburger Baubehörden und Verwaltungsgerichte dazu sagen. Wenn das so ist wie in NRW, müsse jedenfalls die Genehmigungsfähigkeit von "Stelzbalkonen" geprüft werden.
Mit freundlichen Grüßen Ulrich Arnold
 
Vielen Dank erstmal für die vielen Anregungen und Meinungen!

Leider ist es so gekommen wie ich bereits dachte, die Balkone sollen abgeschlagen werden, die Stützen in der Wand abgeflext. Darüber kommt die Wärmedämmung (aus Styropor und Putz, die ansonsten schon seit Wochen am ganzen Haus angebracht werden)und davor dann Stelzenbalkone. So hat es die Mehrheit der Eigentümer gestern beschlossen.

Für uns im Erdgeschoss bedeutet das eine Art Dauergerüst-Feeling vorm Wohnzimmerfenster und eine enorme Einschränkung was das mal draussen sitzen angeht auf unserer eh total winzigen Terrasse.

Für das gesamte Hofbild bedeutet es die Zerstörung des Ensemble-Charakters der beiden zeitgleich gebauten Häuser.

Das letzte Wort hat natürlich die Behörde für Denkmalschutz. Aber ich befürchte die werden das genehmigen, ist ja nur hinten, Hauptsache die Fassade bleibt erhalten.

Für innovative und schöne Lösungen bin ich natürlich immer offen und ich klammere mich sicher nicht an marode Bausubstanz.

Aber hier werden unter Garantie Billigteile an die Wand geklatscht, für mehr reicht das Geld nämlich garnicht. Da der Verwalter Mist gebaut hat müssen wir jetzt schon eine zweite Sonderumlage zahlen und die Rücklage ist ebenfalls komplett weg sobald die Massnahmen abgeschlossen sind.

Schön ist das alles nicht.
 
Thema: Stehen auch Balkone an Rückseiten unter Denkmalschutz?
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